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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Mauern der Stadt vorbei zum Wagen. Christians Herz pochte, seine feuchten Hände hielten die Kamera mit übertrieben festem Griff umklammert. Sylvia ging direkt neben ihm und sah sich aufmerksam nach allen Seiten um. Die Wahrheit war zu nahe, Überraschungen konnten sie jetzt keine mehr gebrauchen. Sie beschleunigten ihre Schritte, als sie am südlichen Rand der Stadt die Baustelle und den daneben geparkten Peugeot sahen. Der Wind, der von der Bucht her blies, schien zugenommen zu haben. Sie versuchten so schnell wie möglich zu gehen, ohne wie zwei Fliehende in Todesangst zu wirken.
    Christian zwängte sich hinters Steuer und zog sofort ungeduldig die Tür zu. Sylvia setzte sich mit grimmiger Miene auf den Beifahrersitz und wandte sich Christian zu. Dabei rutschte sie immer näher an ihn heran, bis sie ihm fast auf dem Schoß saß. Christian unterbrach den hoffnungslos langsamen Spulvorgang, klappte den Monitor der Kamera heraus und ließ das Band laufen.
    Ein ungefähr ein Jahr altes Kind schaute direkt in die Kamera. Es hatte Essensreste im Mundwinkel und lächelte. Man hatte ihm ein Lätzchen umgebunden, und auf dem Klapptisch vor ihm lagen neben dem Glas mit Kindernahrung ein Puzzle und Buntstifte von der Fluggesellschaft. Dann hatte die Person, die gefilmt hatte, die Kamera geschwenkt. Die Rückenlehne des Sitzes vor ihr glitt vorüber, man sah den Gang und die Sitze auf der anderen Seite davon. Die Kamera war von ungeschickten Händen gehalten worden, trotzdem konnte man etwas erkennen, obwohl die automatische Schärfeeinstellung unablässig hin und her zoomte. Ein vorüber huschender Anblick von einer Sekunde versetzte Christian plötzlich einen solchen Schlag, dass er fast das Bewusstsein verlor. Er tastete nach den winzigen Knöpfen und spulte das Band ein Stück zurück.
    Sylvia sah ihn fragend an, richtete den Blick aber gleich wieder ungeduldig auf den Monitor.
    Christian beugte sich nach vorne, um besser sehen zu können. Er erkannte Tina. Sie saß auf der anderen Seite des Ganges - und küsste den Mann auf dem Sitz neben ihr. Gleich darauf wurde das Bild unscharf, weil der Ausschnitt wieder größer gezoomt worden war.
    Wie in Trance spulte Christian das Band erneut zurück und drückte die Play-Taste. Das Paar, das sich so innig küsste, war immer noch da.
    »Deine zukünftige Ehefrau?«, fragte Sylvia leise.
    Christian starrte auf den Monitor, nahm nun aber nichts mehr wahr. Ein würgender Schmerz kroch ihm in die Kehle. Tina war schwanger gewesen - aber wer war der Vater?
    »Starte den Wagen«, sagte Sylvia plötzlich.
    Christian fuhr zusammen und schaute Sylvia an, die unverwandt nach vorne blickte. »Starte den Wagen, verdammt noch mal!«
    Christian griff zum Zündschlüssel und ließ den Motor an.
    »Wir werden umzingelt. Fahr ganz ruhig rückwärts aus der Parklücke.« Christian befolgte ihre Anweisung und bemerkte etwas weiter weg ein Auto, das quer auf der Parkplatzausfahrt stand. Auf der anderen Seite schimmerte hinter einer lichten Reihe von Pinien die Bucht von Kotor. Dort war ein großer dunkler Wagen geparkt. In keinem der beiden Fahrzeuge waren Insassen zu erkennen.
    »Fahr mit Vollgas über die Baustelle zur nächsten Querstraße«, sagte Sylvia. Auf den Baugerüsten waren keine Arbeiter mehr zu sehen. Christian registrierte die Umgebung und das aktuelle Geschehen, aber in seinem Inneren brannte noch immer das Bild aus der Videokamera.
    »Gib Gas!«, zischte Sylvia.
    Die zwischen Meer und Straße eingezwängte Baustelle sah mit ihren Gerüsten wie ein chaotischer Dschungel aus, aber nur auf diesem Weg konnten sie auf die Hauptstraße gelangen.
    »Da liegen zu viele Hindernisse herum ...« »FAHR ZU!«
    Christian trat heftig aufs Gaspedal, und der Wagen schoss auf die Baustelle zu. Der wackelige Bretterzaun sprang entzwei, zerschmetterte beim Aufprall aber die Scheinwerfer des Wagens. Christian hielt das Lenkrad fest umklammert und riss es nach links, um einem tiefen Loch auszuweichen. Der entsetzte Gesichtsausdruck eines Bauarbeiters mit Helm blitzte kurz auf, als der Mann sich in letzter Sekunde zur Seite warf. Die Eisenstange, die er auf der Schulter getragen hatte, riss den Seitenspiegel des Autos ab.
    »Zwischen den Pinien hindurch«, rief Sylvia. »Du kannst nicht außen 'rum, da ist eine Grube!«
    Vor ihnen waren Backsteine aufgestapelt. Christian sah, dass die Stapel recht dicht beieinanderlagen; er visierte einen Zwischenraum an und gab Gas. Die Reifen ließen den Sand

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