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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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geben, wenn jemand versuchte, eine Videokamera zu kaufen oder zu mieten. Er solle aber abwarten, bis der betreffende Kunde den Laden verlassen hatte.
    Der Verkäufer nannte seinen Namen und erstattete dem Mann, der sich unter der Nummer mit der Vorwahl von Pjevac gemeldet hatte, Bericht.
    »Hat sie bar bezahlt?«
    »Mit Visa«, sagte der Händler.
    »Schauen Sie auf dem Beleg nach, wie die Besitzerin der Karte heißt. Schnell.« Der Verkäufer nahm den obersten Beleg von einem niedrigen Stapel. »Epstein ... Sylvia Epstein.«
    »Wo befindet sich Ihr Geschäft?«
    »Crvenog krsta 3, Kotor.«
    »Haben Sie gesehen, wie und in welche Richtung die Kundin sich entfernt hat?« »Nein. Und sie waren zu zweit. Es war ein Mann dabei.«
    »Etwa eins fünfundachtzig groß, blond und deutsch aussehend?«
    »Genau. Wie bekomme ich meine Belohnung?«
    »Die wird Ihnen bar ausgehändigt.«
    »Und wann?«
    »Bald.«
32
    Kurt Coblentz saß auf dem Rücksitz des BMW-Geländewagens, der mit hohem Tempo in Richtung Kotor fuhr. Rockler zeigte ihm den Stadtplan und strich sich mit der Hand über die kurz geschorenen Haare.
    »Das Elektrogeschäft ist hier. Nummer zwei und Nummer vier werden in wenigen Minuten dort sein.«
    Coblentz hatte das File über die Journalistin Sylvia Epstein gelesen. Die Frau interessierte ihn. Sie widmete sich vollkommen ihrer Arbeit und galt als knallharte Kriegsberichterstatterin. Ihr Vorgesetzter hatte sie einmal vom Balkan nach Haus abberufen, nach London, weil sie »zu große, für die Ausübung ihres Berufs nicht unvermeidbare Risiken« eingegangen war. Sie hatte einen Selbstmordversuch hinter sich, und ihr Verhalten bei der Arbeit verriet absolute Gleichgültigkeit gegenüber ihrem Leben.
    Während der Wagen sich schon auf der Straße befand, die zur Bucht von Kotor hinunterführte, klingelte Coblentz' Satellitentelefon. Der Anrufer meldete sich unter seinem Codenamen, obwohl die Verbindung ohnehin maximal gesichert war. »Inspektor Beauchef von der Gendarmerie in Cannes hat sich mit uns in Verbindung gesetzt und um Aufklärung gebeten, ob in der Unglücksmaschine ein Passagier namens Jacob Weinstaub gewesen sei.«
    »Hat er die gewünschte Information erhalten?«, fragte Coblentz ruhig. »Ja. Außerdem war er an einer Reisenden namens Tina Carabella interessiert, nahm aber Abstand, als er hörte, dass die Dame tatsächlich dem Neuen Morgen angehört. Für ihn war der Fall damit erledigt.«
    »Und wie kam er auf die Idee, sich nach den betreffenden Personen zu erkundigen?« »Ein Exit Counselor aus Paris und eine Finnin hatten ihn aufgesucht. Wir sind im Besitz ihrer Personalien und klären gerade, was dahintersteckt.«
    Coblentz brach die Verbindung ab und nahm sich wieder den Stadtplan vor, um sich die Hauptzüge des Straßennetzes von Kotor einzuprägen. Ins Wageninnere strömte der Duft von reifen Pflaumen und Birnen. Die mit Fensterläden versehenen Häuser waren von kleinen Obst-und Gemüsegärten umgeben. Weiter hinten zeichnete sich massiv das Gebirge ab.
    Coblentz' Telefon klingelte erneut.
    »Hi, Daddy«, sagte eine dünne Mädchenstimme am anderen Ende.
    Coblentz kniff vor Freude die Augen zusammen Er legte den Stadtplan in den Schoß, und aller Stress verflog im Nu. »Hi, Martha ... Wie geht es dir?«
    »Ich habe einen Zahn verloren. Und kein bisschen geschrien.«
    »Toll.« Coblentz war ehrlich stolz. Rockler sah aus dem Fenster und tat so, als bekäme er von der Unterhaltung seines Chefs nichts mit.
    »Hast du den Zahn aufgehoben?«
    »Na klar. Du hast mir einen Dollar dafür versprochen. Soll ich meine Zähne für dich sammeln, damit du keine künstlichen Zähne mehr brauchst?«
    »Gute Idee. Aber weißt du was, ich muss jetzt etwas erledigen. Sag Mama, dass ich euch später anrufe.«
    »Okay. Bye.«
    Coblentz legte mit einem leisen Lächeln das Telefon zur Seite und nahm den Stadtplan zur Hand. Er hatte sich überlegt, was er Martha später, wenn sie älter war, über den Verlust seiner Zähne erzählen könnte. Würde er ihr sagen können, dass ein sandinistischer Kämpfer in Nicaragua sie ihm einzeln herausgerissen hatte, in dem Versuch, ihn dazu zu bringen, seine Gefährten zu verraten? So viel würde er vielleicht erzählen können - aber nicht mehr; nicht wie es dem Sandinisten ergangen war, als es Coblentz gelungen war, das Buschmesser in die Hände zu bekommen.
    Die Videokamera surrte noch immer beim Zurückspulen der Kassette. Sylvia und Christian gingen an den mittelalterlichen

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