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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Geschwindigkeit entgegenkam. Christians Blick heftete sich darauf, denn das Auto betätigte aufgeregt die Lichthupe. Der Einsatzleiter sagte etwas zum Fahrer, worauf dieser das Tempo drosselte. Als der Wagen näher kam, erkannte Christian, dass es ein dunkelgrüner Mercedes-SUV der Luxusklasse war. Sein Gehirn arbeitete unter Hochdruck. Gefesselt wie er war, konnte er nicht fliehen, denn es bestand keine Aussicht, die Handschellen loszuwerden.
    »Spricht jemand von Ihnen Deutsch?«, fragte Christian. »Oder Englisch?« Keiner der Männer antwortete. Die beiden Autos hielten mit einigen Metern Abstand voneinander an. Dem Mercedes entstieg ein ordentlich gekleideter, selbstsicher wirkender Mann.
    Christian räusperte sich. »Haben Sie mich verstanden? Ich verfüge über Informationen, hinter denen diese Leute her sind...«
    Der Einsatzleiter tat so, als hörte er nichts, sondern stieg aus und warf die Tür zu, sodass Christians flehende Worte im Wagen eingeschlossen blieben. Christian verstummte und beobachtete das Verhalten des Montenegriners. Der Mann aus dem Mercedes kam ihm mit ausgestreckter Hand entgegen. Lächelte er? Die Männer tauschten einen Händedruck und begannen sich zu unterhalten.
    Christian versuchte aus den Gesten auf den Charakter des Gesprächs zu schließen, aber durch die beschlagenen Scheiben konnte er nicht allzu viel erkennen. Aus dem Mercedes stiegen nun zwei weitere Männer aus - sauber angezogene Westler mit ausdruckslosen Gesichtern.
    Allmählich wurden die Gebärden des ersten Ausländers nervöser und aggressiver, während dem einheimischen Polizisten keinerlei Aufregung anzumerken war. Er strahlte bürokratische Unbeugsamkeit und die Rigorosität seines Amtes aus, lebendige Überreste des Sozialismus, die umso mehr zum Vorschein kamen, je mehr das Gegenüber sich provozieren ließ und die Geduld verlor. Christians Muskeln spannten sich an, und seine Sinne waren geschärft, während er die intensive Diskussion der beiden Männer beobachtete.
    Plötzlich wandte sich der Polizist ab und marschierte zum Wagen zurück. Der Mann aus dem Mercedes sprach aufgeregt in sein Funkgerät. Als der Einsatzleiter wieder vor Christian im Fiat Platz genommen hatte, sagte er etwas zum Fahrer, der daraufhin den Motor anließ und sogleich losfuhr.
    Christian war den Ausländern nicht übergeben worden.
    Eine riesige Erleichterung überkam ihn. Die Feinde hatten sich in Retter verwandelt. Aber die Erleichterung wich sogleich der Irritation, denn er wusste überhaupt nicht mehr, wem er glauben und vertrauen konnte.
    Er drehte sich um und sah, dass ihnen der Zastava folgte. Der Mercedes wendete gerade. Das brachte Christian wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Natürlich würden die Killer nicht einfach aufgeben. Er hatte lediglich etwas Zeit gewonnen. Würden sie unter Umständen sogar Angehörige der Polizei Montenegros angreifen, um an die Kassette zu kommen ? Natürlich würden sie das tun.
    »Wissen Sie, was das für Leute sind?«, wandte sich Christian an den Einsatzleiter. Dieser verstand ihn nicht oder tat jedenfalls so.
    »Verstehen Sie, was ich sage?«, fragte Christian auf Englisch. »Antworten Sie mir! « Der Mann drehte sich zu ihm um und zischte etwas auf Serbokroatisch. Christian begriff, dass er unter den hiesigen Polizisten jemanden finden musste, der Fremdsprachen konnte. Wahrscheinlich würden sie ihn zumindest auf Deutsch oder Englisch verhören. An einer scharfen Abzweigung konnte er erkennen, dass der Mercedes ihnen nicht folgte. Das hatte noch nichts zu bedeuten, aber es ließ doch ein wenig Hoffnung in der finsteren Lage aufkeimen. Sie erreichten eine Siedlung, ein Dorf, das in Stufen am Berghang errichtet worden war. Die schmalen Häuser lehnten dicht aneinander, wie um sich gegenseitig Halt zu geben. Der dunkle Nadelwald oberhalb der Häuser steigerte die beklemmende Atmosphäre noch. Die meisten Häuser waren irgendwann einmal gekalkt worden, aber ihre Fassaden schienen seit Jahrzehnten schon nicht mehr weiß zu sein. Einige hatten Stroh-oder Torfdächer. Die Landschaft wäre als Vorlage für die Illustration von Grimms blutrünstigen Märchen geeignet gewesen.
    Das Auto mühte sich eine steile Straße hinauf und hielt schließlich vor einem hohen Backsteingebäude an, das sich von den übrigen Häusern unterschied. Vier weitere Autos parkten davor, zwei davon waren mit der Aufschrift POLICIJA versehen. Christian wurde unsanft aus dem Wagen gezerrt und zum Eingang geführt. Im

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