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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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Heinonen. Johanna beobachtete Jasmin, die sich neben Vasa setzte und anfing, mit ihm zu reden. Ein zweiter Geiselnehmer gesellte sich zu ihnen. Alle drei blickten immer wieder in Johannas Richtung.
    Plötzlich war es gefährlich geworden. Äußerst gefährlich. Sie war aufgeflogen.
    Johanna beugte sich nach vorne, schob die Hand unter den Vordersitz und riss das Klebeband um den Stoffbeutel herum ab. Sie öffnete den Beutel, und als sie sich wieder aufrichtete, hielt sie eine Beretta Kaliber 22 in der Hand.
    Heinonen riss die Augen auf, als er die Waffe sah. Im selben Moment sprang Johanna auf und rannte den Gang entlang. Die Waffe hielt sie mit ausgestrecktem Arm hinter dem Oberschenkel versteckt.
    Vasa erhob sich. Der andere Geiselnehmer im vorderen Teil der Maschine richtete die Waffe auf Johanna und rief etwas.
    Johanna sah, wie sich Oberst Jankovic auf seinem Sitz umdrehte, um zu sehen, was hinter ihm passierte. Rasch setzte sich Johanna auf den freien Platz hinter dem Oberst und hob die Waffe. Sie schob die Hand durch den Spalt zwischen den Sitzen und drückte dem Oberst den Lauf der Pistole in den Nacken.
    Mit einem Mal war es in der Passagierkabine vollkommen still. Keiner rührte sich, nicht einmal die Serben - sie am allerwenigsten. »Was willst du damit erreichen?«, fragte Vasa schließlich mit unverkennbarer Erschütterung.
    »Du befiehlst jetzt dem Piloten, nach Helsinki umzukehren.« Johanna gab sich Mühe, die Angst nicht bis in ihre Stimme vordringen zu lassen. Sie hatte gesehen, was für ein Verhältnis Vasa zu seinem Vater hatte, sie wusste, der alte Mann war Vasas empfindlichste, schmerzhafteste Stelle. »Und was soll dann in Helsinki passieren?« Vasa war außer sich und kreidebleich. »Du glaubst doch nicht im Ernst...«
    »Ich glaube gar nichts, sondern ich weiß, dass ich in Helsinki mit dem Präsidenten, der Premierministerin und der Hälfte der Geiseln aussteigen werde. Danach könnt ihr mit den anderen eure Reise fortsetzen, wohin ihr wollt.«
    Einer der Serben lachte zwei Reihen weiter nervös auf. »Du bist übergeschnappt...«
    »Halt's Maul!«, fuhr Vasa ihn an.
    Johanna stieß dem Oberst so stark mit der Waffe in den Nacken, dass er vor Schmerz aufstöhnte.
    Vasa zuckte zusammen. »Hör auf!«, brüllte er rasend.
    Johanna stieß den Oberst noch einmal, fester als zuvor. »Glaubst du, ich hätte etwas zu verlieren? Ruf dem Cockpit zu, sie sollen den Kurs ändern, sonst hast du den Tod deines Vaters auf dem Gewissen!«
    Johanna sah, dass Vasa die Lage ernsthaft überdachte. Offenbar merkten das auch seine Komplizen, denn einer von ihnen sagte sehr kühl etwas auf Serbisch, das Vasa völlig die Beherrschung verlieren ließ. Ein heftiger Streit entbrannte zwischen den beiden, serbische Sätze flogen hin und her, immer wilder schrien sich die Männer an. Im selben Moment spürte Johanna, dass sich hinter ihr etwas bewegte. »Achtung«, rief eine der Geiseln auf Finnisch.
    Johanna blickte sich um und sah den Kolben einer Maschinenpistole auf sich niedersausen. Zugleich packte der Oberst den Lauf der Pistole, die auf ihn gerichtet war. Durch die abrupte Bewegung drückte Johannas Zeigefinger den Abzug. Der Schuss löste sich genau in dem Moment, in dem Johanna einen energischen Schlag auf den Hinterkopf spürte. Sofort wurde ihr schwarz vor Augen.
    In ihren Ohren hallte das panische Chaos wider, das in der Kabine ausgebrochen war. Zuerst kamen die Geräusche wie durch eine Wand, aber nach und nach löste sich die Wand auf. Das Kreischen einiger weiblicher Geiseln schnitt eine Öffnung in Johannas Bewusstsein, durch die allmählich Bilder von verzerrten Gesichtern und blutigen Händen drangen ... Sie hörte entsetzte Schreie von Finnen und serbisches Gebrüll, spürte, wie sie jemand an den Haaren packte und ihren Kopf zur Seite riss. Sie sah eine lange, glänzende Klinge unter der Leselampe aufblitzen und spürte kurz darauf den kalten Stahl derselben Klinge an ihrem Hals.
    Johanna begriff, dass ihr Leben nun zu Ende war.
56
    »Ruhe!«, hörte Johanna inmitten des gewaltigen Lärms jemanden auf Englisch schreien.
    »In der Maschine darf nicht geschossen werden«, tönte die strenge Stimme des Kapitäns aus den Lautsprechern. »Legen Sie die Waffen weg, sonst befinden wir uns alle in unmittelbarer
    Lebensgefahr...«
    Das Chaos in der Kabine war wie abgeschnitten und wich lähmender Stille. Die Blicke der in der Nähe Sitzenden richteten sich auf das Einschussloch in der Deckenverkleidung der

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