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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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Besuch ...«
    Slobo riss die Tür auf und trat ein. Sein vor Wut verzerrtes Gesicht war unmittelbar vor Vasas Gesicht.
    »Du lügst, du Scheißkerl. Ich hab gesehen, wie ihr im Cafe Gromada Händchen gehalten habt...«
    Timo konnte die Wohnungstür nicht sehen, aber er hörte, wie der serbische Wortwechsel zunehmend heftiger wurde. Der Mann, der geläutet hatte, schien höchst erregt zu sein. Es klang, als machten sich die Männer gegenseitig Vorwürfe. Timo wurde unbehaglich zu Mute. Intuitiv blickte er zum Balkon und taxierte, ob er von dort notfalls auf den Nachbarbalkon gelangen würde.
    Auf einmal wurde es still im Flur. Der andere Serbe hatte etwas gesagt, was Jankovic, der gerade noch lauthals und heftig gesprochen hatte, zum Schweigen brachte. Timo hörte den Ankömmling weiterreden. Vasa entgegnete etwas mit gesenkter Stimme. Dann hörte man, wie sich im Treppenhaus schnelle Schritte entfernten, und die Tür wurde geschlossen.
    Kopfschüttelnd kam Jankovic ins Wohnzimmer.
    »Tut mir leid, aber wir Serben regen uns leicht auf, auch wegen Kleinigkeiten. Mein Freund kam, um Schulden einzutreiben, die ich ihm gestern schon zurückzahlen wollte. Ich hatte nur andere Sachen im Kopf.«
    Timo nahm zur Kenntnis, dass sich Jankovic nicht wieder an den Tisch setzte, sondern stehen blieb und sich an den Türrahmen lehnte. »Viele hier wissen das mit Radovan noch gar nicht. Er war ziemlich isoliert, verbittert wegen des Schicksals unseres Vaters und ganz Serbiens. Alles, woran er glaubte und was er für wichtig hielt, ging mit dem verlorenen Krieg unter. Er hat gar nicht erst versucht, sich hier zu integrieren.«
    »Hatte er Kontakte nach Serbien oder zu ehemaligen serbischen Soldaten hier in Schweden?«
    »Das weiß ich nicht. Wir führten ganz unterschiedliche Leben. Ich schreibe an meiner Examensarbeit und arbeite auch sonst. Ich...« »Wo arbeiten Sie?«
    »Ich schreibe als freier Mitarbeiter für Zeitungen. Meistens über Themen, die mit meiner Examensarbeit zu tun haben. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Radovan hockte dagegen tagaus, tagein zu Hause und nahm keine Arbeit an, die man ihm anbot. Das war seiner nicht würdig. Für meinen Lebensstil hatte er nichts übrig, weshalb wir irgendwann auch keinen Kontakt mehr hielten. Ich kann nicht mehr sagen, als dass er verbittert und introvertiert war und sich mit so gut wie niemandem hier getroffen hat. Weder mit Schweden noch mit Serben.« »Hatte er Verbindungen nach Finnland?«
    »Soweit ich weiß, nein.«
    »Ich muss Ihnen noch Fingerabdrücke abnehmen.« Timo nahm das Stempelkissen und die Formulare, die er von Johanna bekommen hatte, aus der Tasche.
    »Was soll der Zirkus?«
    »Das ist kein Zirkus, das ist Ernst. Sie werden sicher verstehen, dass wir auch mit Ihnen routinemäßig verfahren müssen.«
    Mit düsterer Miene setzte Jankovic seine Fingerabdrücke in die dafür vorgesehenen Felder.
    »Ich fahre morgen nach Finnland, um meinen Vater zu besuchen. Das hätte man auch dort erledigen können.«
    »Ich wusste nicht, dass Sie hinfahren. Haben Sie mit der Gefängnisleitung darüber gesprochen?«
    »Selbstverständlich.«
    Innerlich fluchend steckte Timo das Stempelkissen und die Formulare wieder in seine Tasche. Hatte Johanna auch nichts gewusst? Jankovic sah Timo forschend an. »Bevor Sie gehen, möchte ich Sie bitten, mir noch eine Frage zu beantworten.« »Ja?«
    »Warum sind Sie mir gefolgt?«
    Timo erschrak. Wo hatte Jankovic ihn bemerkt? Die wahrscheinlichste und fast einzige Stelle war auf der Straße vor dem Cafe. Nachdem die Observation sich über den ganzen Abend hingezogen hatte, war Timo unachtsam geworden und beim Warten auf Jankovic einmal zu offensichtlich über die Straße gegangen.
    »Ich war heute schon einmal hier, habe Sie aber nicht angetroffen. Da ich noch andere Dinge in der Stadt zu erledigen hatte, wollte ich Ihnen erst später hinterhertelefonieren. Man hatte mir gesagt, Södermalm sei ein schönes Viertel, darum beschloss ich, dort essen zu gehen. Auf dem Weg zu meinem Wagen sah ich Sie dann im Fenster des Cafes. Ich hatte kein Foto dabei, darum war ich mir nicht hundertprozentig sicher. Erst als Sie hierherfuhren, wusste ich, dass ich Recht hatte.«
    Timo trug seine erfundene Geschichte so arglos wie möglich vor und beobachtete dabei, wie seine Worte wirkten. Jankovic nickte ausdruckslos.
    »Dann haben Sie es ja nicht so eilig.«
    Vom Küchenfenster aus verfolgte Vasa, wie der Finne davonfuhr. Anscheinend war er ausschließlich an der

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