Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
Vom Netzwerk:
Zuletzt heute. Er hat sich nicht gemeldet, aber es kam eine SMS von ihm. Angeblich ist alles in Ordnung, und er ruft später an.«
    »Wissen Sie, wo er ist?«
    Einen Moment vorsichtiges Schweigen, dann: »Als ich heute versuchte, ihn anzurufen und ihn nicht erreichte, kam vom Handy-Anbieter eine Ansage auf Finnisch und Englisch.« Nun schrillten bei Johanna sämtliche Alarmglocken. Würden sie so bald schon wieder versuchen, den Oberst zu befreien?
    »Aber ich will doch lieber nicht, dass Vasa etwas von diesem Gespräch erfährt«, sagte Mila. Sie war ganz und gar nicht mehr so trotzig wie zu Beginn des Telefonats.
    Johanna bat noch um die Nummer von Vasa, die Mila angerufen hatte, dann beschwichtigte sie die junge Frau und beendete das Gespräch. Sicherheitshalber rief sie auf der Stelle in Kakola an und teilte mit, was sie gehört hatte, damit die Bewachung des Obersts verschärft wurde. Falls jemand die Absicht hatte, einen Häftling zu befreien, konnte er keinen besseren Zeitpunkt als einen Feiertag wie den Unabhängigkeitstag wählen, weil dann der Personalaufwand wegen des Feiertagszuschlags auf ein Minimum reduziert wurde.
    Anschließend richtete Johanna wieder ihren Blick auf den Fernsehschirm, wo zuvor aufgezeichnetes Material über die Vorbereitungen zum Empfang im Präsidentenpalais gesendet wurde. Johanna kam nicht von den Hintergrundgeräuschen los, die sie während des Telefonats mit Vasa gehört hatte. Was hatte er in der Gegend des Marktes zu tun gehabt? Was gab es dort Besonderes?
    Plötzlich erstarrte sie, ihr Blick blieb am Bildschirm hängen. Doch wohl nicht...
    Was hatte Vasa zu seinem Vater auf dem Tonband gesagt, das in Kakola aufgenommen worden war: »Du wirst schon hier herauskommen. Wer weiß, vielleicht begnadigt dich der finnische Präsident.«
    Der Satz hatte nach einem bemühten Scherz geklungen, aber auf einmal erhielt die Anspielung auf den Präsidenten in Johannas Kopf eine ganz neue Bedeutung.
25
    Timo war in der Küche und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Aaro im Wohnzimmer die Kerzen anzündete und den Kerzenständer behutsam auf den Tisch vor dem Fenster stellte. Er war froh über die Einstellung des Jungen zu seinem Vaterland. Für im Ausland lebende finnische Kinder war Finnland überhaupt ein Spitzenland nach allen Maßstäben wenn sie einmal »fennifiziert« waren, gab es keine Grenzen mehr. »Oder hätten wir die Kerzen schon um sechs Uhr finnischer Zeit anzünden sollen?«, fragte Aaro besorgt.
    »Nicht das Timing ist entscheidend, sondern der Gedanke.« Timo nahm die Steaks aus der Marinade, legte sie auf einen Teller neben dem Herd und wischte sich die Hände an der Schürze ab, die er von Aaro zum Vatertag bekommen hatte. Auch den feierten sie im November, so, wie es in Finnland üblich war, und nicht nach mitteleuropäischer Art im Juni. »Ich könnte den Computer an den Fernseher anschließen, dann hätten wir ein größeres Bild«, sagte Aaro geschäftig. Das Fest im Präsidentenpalast kam live im Internet, und die Aufgabe, das Ganze sichtbar zu machen, war Aaro übertragen worden.
    Die Wohnungstür ging auf, und Soile trat mit einer Plastiktüte von Delhaize in den Flur.
    »Hast du Milch bekommen?«, fragte Timo.
    Lächelnd hielt Soile eine Literflasche aus Plastik in die Höhe. In Belgien trank man nicht viel Milch, weshalb es immer ein Lotteriespiel war, ob man im Laden in der Nähe Frischmilch bekam. Sorten, die sich auch im Warmen monatelang hielten, gab es dagegen in großer Auswahl, aber die mochten Finnen normalerweise nicht. »Prima.«
    Soiles gute Laune steckte an, auch wenn Timo nichts daran ändern konnte, dass er sie in gewisser Weise für bedenklich hielt. Es war unangenehm, wegen des wahren Grundes von Soiles Fröhlichkeit argwöhnisch zu sein - als könnte ein Mensch nicht auch ohne Affäre mit einem Arbeitskollegen guter Dinge sein. Timo merkte, wie seine gute Laune schon wieder von der Dunstabzugshaube in den dunklen Himmel über Brüssel gepustet wurde. Vorbei war vorbei, aber trotzdem ... Timo fing an, die Steaks zu braten. Er kochte selten, fast nie, aber Feiertage waren eine Ausnahme. Er wies Aaro an, den Tisch zu decken, doch der hatte noch Probleme mit dem Streaming.
    »Die werden sich hoffentlich darauf eingestellt haben, dass heute Abend viele auf den Server wollen«, brummte Aaro, während er auf der Tastatur klapperte.
    »Sie könnten genauso gut die Übertragung vom letzten Jahr noch einmal zeigen, das Einzige, was anders ist, sind die

Weitere Kostenlose Bücher