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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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sich in Rucksäcken. Keinesfalls versuchten sie bei der Bewaffnung Klasse durch Masse zu ersetzen, im Gegenteil. Ein Profi würde auf den ersten Blick sehen, dass man diese Männer ernst nehmen musste. Die Waffen waren von Wolodja in Russland besorgt und nach Finnland eingeschmuggelt worden. Wolodja war ein ehemaliger Kollege von Zlatan, sie kannten sich aus der Zeit, als Zlatan beim jugoslawischen Geheimdienst gearbeitet hatte. Nicht zum ersten Mal waren ihnen Zlatans gute Beziehungen nach Russland von Nutzen gewesen.
    Danilo kaute vehement Kaugummi und ging ebenfalls seine Ausrüstung durch. Die Gruppe hatte sich in drei Paare aufgeteilt, die sich separat bewegten: Vasa und Danilo, Torna und Slobo, Stanko und Zlatan. Vasa blickte auf die Uhr und sagte in das Mikrofon, das an seinem Kragen befestigt war: »Test.«
    »Die Zwei okay«, antwortete Tomas Stimme im Ohrhörer beinahe ohne Hintergrundrauschen. Bei ihren Raubüberfällen hatten sie es sich zur Gewohnheit gemacht, das Pyephone-Funksystem zu benutzen, mit dessen Hilfe alle sicher über Halsmikrofone und Ohrhörer miteinander kommunizieren konnten. Für die Elektronik war Danilo verantwortlich. Am liebsten hätte er die Gruppe auch noch mit iPods, portablen Playstations und tragbaren DVD-Playern samt Filmen ausgerüstet. »Die Drei okay.« Stanko klang nervöser als Torna.
    »Los jetzt, Lazar«, sagte Danilo leise.
    Mit einem sanften Lächeln im Mundwinkel löste Vasa die Handbremse und fuhr los. Fürst Lazar war der mythische Held auf dem Amselfeld gewesen, unter dessen Führung die Soldaten des mittelalterlichen Serbenreichs gegen die Osmanen gekämpft hatten. Weil Danilo mit seiner Schwäche für Entertainment aller Art eine romantische Einstellung zu Serbien hatte, fielen Vasas patriotische Reden bei dem jungen Mann auf fruchtbaren Boden. Natürlich war Danilo hauptsächlich wegen des Geldes an dem Vorhaben interessiert, aber nach und nach war auch ein gewisser ideeller Eifer an die Oberfläche gedrungen. Auch bei den anderen hatte Vasa das registriert, und das schadete überhaupt nicht.
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    »Hoffen wir trotzdem, dass es heute Abend nicht so kommen wird wie auf dem Amselfeld«, sagte Vasa, als er die scharfe Rechtskurve am Restaurant Kaisaniemi nahm.
    Im Amselfeldmythos wurden Fürst Lazar, dem Anführer der Serben, ein himmlisches oder ein irdisches Reich zur Wahl gestellt. Wählte er das irdische, trüge er den Sieg über die Türken davon. Wählte er aber das himmlische Reich, müsste er eine Kirche im Kosovo errichten, und er selbst würde mit seinem Heer vernichtet. Lazar wählte das himmlische Königreich und die moralische Läuterung - und ging mitsamt seinem Heer auf dem Amselfeld unter. Als Kind hatte Vasa nie verstanden, warum eine Niederlage im Kampf durch den Mythos in einen moralischen Sieg umfunktioniert wurde. Der Gedenktag an die Schlacht auf dem Amselfeld war für die Serben der heiligste Feiertag von allen, er symbolisierte den aufopfernden Kampf der Serben im Namen des Christentums gegen die Ausbreitung des Islam.
    »Falls dieser Job hier so viel Geld für mich abwirft, wie wir glauben, dann werde ich eine Computergame-Firma in Belgrad finanzieren«, sagte Danilo vollkommen ruhig, ganz entgegen seiner sonst so impulsiven, aufschäumenden Art. »Dann sollen sie ein richtig klasse Spiel mit dem Titel >Lazar< entwickeln. Wo man richtig schön Osmanen abschlachten kann.«
    »Und der Unterlegene ist in Wahrheit der Sieger. Aber konzentrieren wir uns statt auf die Osmanen zuerst auf die Finnen.«
    Das ständige Reden seiner Kameraden über Geld war Vasa unangenehm. Er wollte nicht unentwegt daran erinnert werden, dass sie im Geld ihr zentrales Motiv sahen. Lange hatten gerade hinter der finanziellen Seite der Aktion die meisten Fragezeichen gestanden. Nicht, weil zu wenig Geld dabei herauskommen konnte, sondern weil zu viel davon in Aussicht stand. Es gab kein Limit. Die größte Herausforderung bestand aber darin, eine Methode zu finden, die Summen nicht nur zu verlangen, sondern auch sicher in die Hände zu bekommen - und in Gebrauch nehmen zu können. Bargeld war ausgeschlossen, ebenso alles andere, dessen Transfer sich nachvollziehen ließ: Überweisungen, Wertpapiere und dergleichen.
    Bei der Beerdigung von Radovan war Vasa wieder Mareks Plan eingefallen, den sie zuvor zurückgewiesen hatten. Tatsächlich war es unmöglich, die besagte Fracht vom Flughafen Arlanda zu stehlen, aber das Erpressen von Lösegeld in Form von Diamanten war

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