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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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ein realistischer Gedanke. Diamanten waren eine sehr traditionelle und sehr öde Art, Eigentum zu verschieben. Aber es war auch eine ausgesprochen praktische Methode. Ein hoher Wert konnte zu wenigen Gramm oder Kilogramm verdichtet werden, die dann leicht transportiert werden konnten und sich überall auf der Welt realisieren ließen. Vor allem aber konnte man diesen Wert anonym verkaufen, ohne dass es später nachvollzogen werden konnte, denn notfalls konnte man Diamanten neu schleifen lassen.
    Vasa hatte Mareks Vorschlag mit einem Mal in ganz neuem Licht gesehen und war auf die Idee gekommen, zwei voneinander unabhängige Pläne miteinander zu verknüpfen. Er hatte diese Idee innerlich immer wieder hin- und hergewendet und war dabei auf kein einziges unlösbares Problem gestoßen. Im Gegenteil - durch die Idee hatten viele kritische Probleme gerade gelöst werden können.
    Nachdem er aus dem Kosovo nach Stockholm zurückgekehrt war, hatte Vasa die Gruppe zusammengerufen und seine Idee vorgetragen, Mareks Plan in die Operation 6/12 zu integrieren. Zuerst war er damit auf Ablehnung gestoßen, aber nach genauer Überlegung hatten alle die Genialität und den Wert der Idee erkannt. Marek hatte seinen Part von da an eigenständig erledigt, wofür er unter anderem nach Polen gefahren war.
    In den Fenstern der Jugendstilhäuser entlang der Kaisaniemi-Bucht brannten Kerzen, auf der Straße war kein Mensch zu sehen. Jasmin hatte Recht, alle waren zu Hause und verfolgten den Präsidentenempfang. Sie fuhren am Botanischen Garten vorbei und mussten vor der Unioninkatu an der Ampel anhalten. Danilo sah auf die Uhr und sagte: »Plus zwanzig Sekunden.«
    Vasa nickte. Sie waren fast genau in der Zeit. Zufriedenheit und Gewissheit erfüllten ihn. Er spürte keine Angst, sondern nur eine gesunde Anspannung.
    Er war die Route viermal mit der Uhr abgefahren, zum ersten Mal Anfang November und zuletzt vorgestern bei der Generalprobe. Lange hatte er darüber nachgedacht, ob sie falsche oder echte Nummernschilder benutzen sollten. Falls sie wegen falscher oder gestohlener Kennzeichen in einem an sich ungefährlichen Zusammenhang erwischt würden, hätte das üble Schwierigkeiten zur Folge. Somit war das Gesamtrisiko im Hinblick auf das Gelingen der Operation mit echten Kennzeichen geringer.
    Vasa bog rechts in die Unioninkatu ein. Kurz darauf sprang die Ampel an der Kreuzung Kaisaniemenkatu auf Rot. Nasser Schnee fiel auf die Straße. Vasa bremste leicht. Hinter ihnen hielt ein Ford Mondeo der Polizei.
    »Hey, hast du das gemerkt?«, fragte Danilo unruhig mit Blick in den Rückspiegel.
    »Das ist Zufall. Glotz nicht so hin!«
    Aber auch Vasas Puls beschleunigte sich.
    Fast im selben Augenblick wurde die Ampel grün. Vasa trat ruhig aufs Gas und blickte in den Spiegel. Der blau-weiße Ford folgte ihnen weiter. Plötzlich blinkte am Polizeiauto das rote Stopp-Signal, und gleichzeitig ging das Blaulicht an. Vasas Herzschlag setzte für einen Moment aus. »Scheiße«, murmelte Danilo.
    Vasa überlegte kurz, dann öffnete er die Funkverbindung zu den anderen beiden Fahrzeugen.
ZWEITER TEIL
26
    Johanna stand in der Diele ihrer Wohnung und hörte sich an, was der Dienst habende Kollege mit seinem ostfinnischen Dialekt über das gestoppte Fahrzeug zu sagen hatte. Zwei Männer ausländischer Herkunft waren in der Unioninkatu angehalten worden. Beide schwer bewaffnet: Kalaschnikow, MP5, Granaten. Der Diensthabende machte Johanna von dem Vorfall Meldung, weil ihr Name auf der Liste der »bei Antreffen zu stoppenden Fahrzeuge« neben dem betreffenden Landrover mit schwedischem Kennzeichen angegeben war.
    »Die Insassen sind zwei jüngere ausländische Männer, beide keine gebürtigen Schweden«, sagte der Kollege. »Keiner von beiden kann sich ausweisen.«
    »Wo werden sie hingebracht?«
    »Nach Pasila, auf die Hauptwache.«
    »Sag der Streife, dass man mit den beiden besonders vorsichtig sein muss«, empfahl Johanna, obwohl die großkalibrige Bewaffnung der beiden Ausländer bereits für sich sprach.
    »Sie tragen schon Handschellen.«
    »Trotzdem. Ich komme nach Pasila.«
    Johanna warf sich die Jacke über und fragte sich, warum die Männer keinen Widerstand geleistet hatten, als sie gestoppt wurden, trotz ihres armeetauglichen Arsenals. Das war überraschend. Und Besorgnis erregend.
    Sie wollte schon die Wohnungstür schließen, kehrte aber noch einmal ins Wohnzimmer zurück. Sie hatte vergessen, die Kerze zu löschen. Fluchend über ihre

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