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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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scheißen, wenn er hier im Wagen säße«, rief Stanko, als das Auto mit einem Ruck vor dem Haupteingang der Residenz zum Stehen kam.
    Stanko hatte bereits während der Fahrt die Tür geöffnet und sprang jetzt mit vorgehaltener Maschinenpistole aus dem Wagen. Die Schutzweste, die übrige Ausrüstung und der zwanzig Kilo schwere Rucksack schienen ihn dabei kein bisschen zu beeinträchtigen. Zlatans Rucksack war etwas leichter, dafür wog der Gürtelbehälter mit den Granatenpatronen umso mehr.
    Im selben Moment hielt Torna vor dem mit Säulen verzierten Seiteneingang der Residenz in der Mariankatu.
    Slobo stieß die Beifahrertür so heftig auf, dass die Scharniere beinahe nachgegeben hätten. Gleichzeitig sprang Torna auf seiner Seite aus dem Wagen und stürmte mit der Kalaschnikow in der Hand die wenigen Stufen zur Eingangstür hinauf, wobei er sich bemühte, nicht auf den pochenden Schmerz in seinem rechten Fuß zu achten. Der Polizist, der neben dem Eingang Wache stand, hatte die Pistole gezogen und richtete sie auf die beiden Serben. Slobo schoss ihm ins Bein. Torna erschrak, begriff aber sogleich, dass es keine andere Möglichkeit gegeben hatte. Sie duldeten keine Gegenwehr, das musste von Anfang an unmissverständlich deutlich gemacht werden. In der Eingangshalle stürzte ein Sicherheitsmann in Zivil mit einer Pistole in der Hand auf sie zu.
    »Die Waffe weg!«, rief Torna auf Englisch. Dabei riss er einen Mann im Frack, der in der Nähe stand, an sich.
    »Die Waffe weg, oder dieser Mann hier stirbt!«
    Langsam legte der Sicherheitsbeamte seine Waffe auf dem Fußboden ab, und Torna schob den Mann im Frack vor sich her durch die Halle. Bei der Garderobe, die vor Mänteln überquoll, trafen ihn die ungläubigen Blicke der Portiers und Aufseher. Mit einigen schnellen Schritten begab er sich zu der Treppe auf der linken Seite, stieß das menschliche Schutzschild von sich und ging ins Atrium hinauf, wo ihn die festlich gekleideten Gäste verdutzt anstarrten. Für einen kurzen Augenblick ließ Tomas Wachsamkeit eine Spur nach, weshalb er um ein Haar gegen eine weiße Marmorskulptur, die eine Frau und zwei kleine Jungen darstellte, gestoßen wäre.
    »Okay, der Spiegelsaal ist unter Kontrolle«, meldete Stankos keuchende Stimme im Ohrhörer.
    »Bin im Atrium, komme in wenigen Sekunden in den Staatssaal«, antwortete Torna und eilte weiter. Kreischend wichen Frauen in Abendkleidern vor ihm zur Seite. Die schwarzen Büsten der ehemaligen Präsidenten Finnlands starrten düster ins Leere. Torna blickte kurz hinter sich und sah Slobo, der zurückgeblieben war, um den Eingang zur Mariankatu mit Semtex-Sprengstoff zu verriegeln. Dann ließ Torna den Blick nach oben schweifen, wo er aus dem Augenwinkel Bewegung registriert hatte: Von der Galerie des Zwischengeschosses aus spähten Leute herab. Torna richtete seine Waffe auf einen der riesigen Kronleuchter und gab eine kurze Salve ab. Das Dröhnen der Schüsse vermengte sich mit dem Splittern von Glas und immer hysterischerem Geschrei.
    Vom Atrium setzte Torna seinen Weg in den wesentlich größeren Staatssaal fort, wo die Menschenmenge, die gerade noch im Takt der Orchestermusik getanzt hatte, nun wegen der Schüsse innehielt. Der Donauwalzer von Strauß hinkte jedoch noch einige zögernde Takte weiter, bevor er in dem immer lauter werdenden Stimmengewirr versickerte. Im Nu herrschte durch Tomas Schüsse das blanke Chaos in dem hell erleuchteten Saal. In panischer Angst wichen die Gäste Torna aus, dabei stießen sie gegeneinander, und einige stolperten und fielen hin.
    Torna sah ein Gewühl aus bunten Abendkleidern, Gold und Kristall vor sich, die Gäste versuchten, sich zu den Ausgängen zu stürzen, kamen aber im Gedränge nicht weit. Manche erstarrten auf der Stelle. Gäste, die auf der Galerie der obersten Etage standen, blickten ungläubig nach unten. In der warmen, stickigen Luft mischte sich der Geruch der Angst unter den Parfumduft. Irgendwo flammten Blitzlichter auf, weil einige Pressefotografen mit besonders guten Nerven ihre Arbeit fortsetzten. Torna feuerte eine weitere Salve auf den siebenhundert Kilo schweren Kronleuchter, worauf weitere Glasstücke auf das gebohnerte Parkett und die kreischenden Menschen hagelten. Dann zwang Torna fünf in Panik geratene Gäste, sich neben dem an einen griechischen Tempel erinnernden Kachelofen zwischen zwei korinthische Säulen zu stellen, und drückte einem der Männer den Lauf der Kalaschnikow auf die Brust. Gleichzeitig

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