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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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Einsteigen bereit. Wir bitten Passagiere mit Sitzplätzen in den Reihen 21 bis 38 zuerst an Bord zu gehen«, tönte es auf dem Brüsseler Flughafen auf Englisch aus den Lautsprechern.
    Die Durchsage löste unter den Reisenden im Wartebereich, bei denen es sich hauptsächlich um finnische Beamte und Geschäftsleute handelte, die auf einer Stippvisite in Brüssel gewesen waren, nicht die übliche Betriebsamkeit aus. Obwohl in den anderen Ländern Europas der finnische Unabhängigkeitstag ein normaler Werktag war und viele Finnen wenn nötig auch an diesem Feiertag Termine hatten. Jetzt aber standen die Finnen mit sorgenvollen Mienen in kleineren und größeren Gruppen zusammen und diskutierten, andere telefonierten mit ernstem Gesicht, hier und da piepste ein Handy, weil eine SMS eingegangen war, und vor dem Fernseher, der an der Decke angebracht war, verfolgten mehrere Personen die CNN-Nachrichten, in denen von einem Terroranschlag auf den Palast des finnischen Präsidenten berichtet wurde.
    Langsam begaben sich die Passagiere in die Maschine, wo sich die Atmosphäre aufgrund der Enge weiter zu verdichten schien. Keiner wusste etwas Genaues über die Lage, aber dafür kursierten umso mehr Gerüchte.
    Die Startvorbereitungen wurden routiniert abgewickelt, und die Passagiere schnallten sich an. Aber statt sich dem üblichen Zeitungsleseritual hinzugeben, unterhielt man sich. Eine Durchsage teilte mit, dass sich der Start etwas verzögere, ein Grund wurde nicht genannt. Alles Außergewöhnliche erhielt nun eine größere Bedeutung als normalerweise, und das Stimmengewirr in der Maschine wurde lauter.
    Das moderne Terminal des Brüsseler Flughafens war Timo schon immer ziemlich langgestreckt vorgekommen, aber jetzt schien es sich endlos fortzusetzen. Die Deckenlampen reflektierten auf dem glänzenden Steinboden unter seinen raschen Schritten, er eilte zu Gate 59, das Telefon am Ohr, in der anderen Hand die prall gefüllte Tasche aus Schweinsleder. Der absolut letzte Aufruf für seinen Flug lag bereits eine Minute zurück.
    »Da muss das professionellste Sonderkommando Europas hin«, sagte Timo außer Atem. Endlich war es ihm gelungen, Helste ans Telefon zu bekommen. »Das SK Bär reicht nicht, ich würde es bei der SAS in England oder bei der GSG 9 in Deutschland versuchen.«
    »Für so etwas brauchen wir einen Beschluss der Regierung ...« »Mach dich nicht lächerlich, die Regierung ist in der Residenz gefangen«, fuhr Timo schroff dazwischen.
    »Die Vertreter der Ministerien kommen in Kürze zusammen. Es wird nach den Vorschriften für Krisensituationen gehandelt, das Land geht nicht unter, bloß weil ein paar Oberbosse fehlen.« »Die vorhandene Polizeiführung hat die operativen Entscheidungen zu treffen. Sie hat jetzt die Macht, die in diesem Fall niemand sonst haben kann. Für Memoranden und die Suche nach Konsensbeschlüssen ist jetzt keine Zeit.«
    Timo näherte sich dem Gate. Vor der Tür zum Eingang war bereits das breite Sperrband zugezogen. Unwillkürlich legte Timo ein paar Laufschritte ein und hielt der Bodenstewardess Pass und Bordkarte hin. Die Frau riss einen Teil der Bordkarte ab und sagte: »Schnell!« Timo eilte in die Gangway. »Bist du noch da?«, fragte er Helste. »Wir haben bereits dem Grenzschutz und dem Oberkommando unsere Bitten um Amtshilfe vorgelegt.«
    »Was wir brauchen, ist Kompetenz und Erfahrung, Masse allein reicht nicht...«
    »Du kennst die Lage nicht, hör also auf mit der Bevormundung«, knurrte Helste.
    »Da braucht man Leute, die Erfahrung mit solchen Situationen haben«, fuhr Timo fort, ohne auf Helste zu achten. »Verzögerung und Unentschiedenheit können zum Tod der gesamten Staatsspitze führen. Es kann zig Tote geben. Oder sogar Hunderte. Die ganze Welt schaut zu, wie wir uns aus der Affäre ziehen.«
    Bei den letzten Sätzen betrat Timo die Maschine, und er senkte die Stimme.
    Die Stewardess, die am Eingang stand, machte sich sofort daran, die Tür zu schließen.
    Ein ganzes Flugzeug voller Passagiere sah Timo an und hörte zu, was er auf dem Weg zu seinem Platz in sein Handy sagte.
    »Ich bin im Flieger, ich muss aufhören«, sagte er leise. »Während des Flugs melde ich mich vom Cockpit aus.«
    Timo steckte das Handy ein und schob seine Tasche unter den Sitz vor sich. Im selben Moment setzte sich das Flugzeug mit einem Ruck in Bewegung.
    »Entschuldigung, wissen Sie etwas über die Ereignisse in Helsinki?«, fragte seine Sitznachbarin. Sie wirkte selbstsicher und

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