Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln
wortgewandt, aller Wahrscheinlichkeit nach war sie Beamtin in irgendeinem Ministerium. »Welche Ereignisse?«, fragte Timo und schnallte sich an. Dem Gesichtsausdruck nach war die Frau ernsthaft verärgert.
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Die Kante der Kontaktlinse bildete eine kleine Schwelle zwischen dem Rand der bräunlichen Iris und der Linse. Das Lid schloss sich, verdeckte das Auge, und die Fingerspitzen rieben leicht über das Lid. Die neuen Einweglinsen plagten ihn mehr als die alten, obwohl der Optiker in der Fredrikinkatu das Gegenteil behauptet hatte. Er fragte sich, ob er gegen den Kunststoff, der für die Linsen verwendet wurde, allergisch war. Techniker öffnete das feuchte, leicht gerötete Auge und richtete den Blick wieder auf den Bildschirm, wo man die Residenz des Präsidenten sah, vom Südufer her mit Teleobjektiv aufgenommen. Auf dem Bild der Wärmekamera waren auch dunkle Punkte zu erkennen: die Stellen, an denen sich finnische Polizisten versteckten.
Techniker schmunzelte. Er schätzte die finnische Polizei nicht sonderlich, überhaupt hatte er für die Finnen kaum etwas übrig.
Sein Kollege saß ihm am Tisch gegenüber, ebenfalls mit Kopfhörer. An der Wand hingen ein Plan von der Umgebung der Residenz sowie ein Grundriss des Gebäudes.
Techniker dämpfte ein wenig die Lautstärke des Kopfhörers. Das Rauschen wurde von Befehlen und Informationen der Polizisten unterbrochen, sie kamen so schnell, dass Techniker manchmal Schwierigkeiten hatte, sie zu verstehen, obwohl er gut Finnisch konnte. Er schaltete auf einen anderen Funkkanal, der Stimmen aus dem Inneren der Residenz übermittelte. Aus dem Rauschen und Brodeln war nichts Wesentliches herauszuhören, die Schießerei hatte längst aufgehört, und je mehr Leute aus dem Gebäude kamen, umso mehr ließ der chaotische Lärm nach.
Techniker gähnte und machte eine Dose Cola light auf. Das würde eine lange Nacht werden.
Im Konferenzraum des Regierungsgebäudes hatten sich hektisch, ja fast panisch wirkende Männer und einige Frauen versammelt.
Da der Staatssekretär des Ministerpräsidenten aus bekannten Gründen verhindert war, saß der Unterstaatssekretär am Kopfende des Tisches. Anwesend waren die Bereitschaftschefs der wichtigsten Ministerien oder deren Stellvertreter sowie einige Experten, darunter der Sicherheits- und Nachrichtendienstchef des Ministerrates, der Stellvertreter des Kanzleichefs aus dem Innenministerium, eine Abteilungsleiterin des Außenministeriums, der Stellvertreter des Verwalters des Präsidentenpalais, der Sicherheitsverantwortliche aus dem Verkehrsministerium, der Vizekommandant der Polizei Helsinki, ein Generalmajor des Oberkommandos der finnischen Streitkräfte und der Vizechef der KRP.
Der Versammlung ging es als Erstes darum, eine Bestandsaufnahme der aktuellen Lage vorzunehmen. Außerdem sollte entschieden werden, in welchem Umfang die Streitkräfte um Amtshilfe gebeten werden sollten. An der Seite von Minister Heinonen gelangte Johanna in der Schlange weiter nach vorn. Die Luft im Saal war immer dicker und heißer geworden, obwohl der größte Teil der Gäste schon draußen war. Johanna und ihr neuer Ehemann redeten ebenso wenig miteinander wie die anderen Ehepaare. Auf allen Gesichtern sah man mehr oder weniger erfolgreich verborgene Angst. Nur noch wenige Paare wurden herausgepickt und zu den Geiseln in den Spiegelsaal gelotst, die meisten gingen durch das Atrium direkt hinaus. Johanna fiel der psychologische Scharfblick der Geiselnehmer auf: Sie schickten die Würdenträger mit ihren Ehepartnern in den Spiegelsaal - ein eindrucksvoller, medienwirksamer Coup. Während Johanna und Heinonen immer näher an Vasa Jankovic, die Fernsehreporter und den Kameramann herankamen, betete Johanna innerlich, dass die Reporter nicht auf die Idee kamen, Heinonens Begleitung Aufmerksamkeit zu schenken.
Die Leute unmittelbar vor ihnen wurden hinausgeschickt. Johanna suchte den Blick des Reporters, aber dessen Augen sprangen zwischen der Liste und den Gesichtern der Leute hin und her - bis sie dann doch bei ihr innehielten. Johanna erwiderte den Blick ruhig und nickte leicht. Der Reporter wandte sich an seine Kollegin und sagte etwas. Auch sie schaute Johanna an, mit überraschter Miene. Johanna nickte erneut und wies mit den Augen in Richtung Spiegelsaal.
Es half nicht. Johanna trat der Schweiß auf die Stirn.
»Sag ihnen auf Finnisch, dass ich deine Frau bin«, flüsterte sie Heinonen zu.
»Was redet ihr da?«, fuhr Jankovic sie an. »Hier
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