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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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wird nur Englisch gesprochen!«
    Der Reporter übersetzte den Wortwechsel und machte ein Kreuzchen auf seiner Liste. Johanna hielt den Atem an. Jankovic schien dem Ganzen aber keine sonderliche Aufmerksamkeit zu schenken, sondern winkte sie in den Spiegelsaal. Die Reporter widmeten sich dem nächsten Paar in der Schlange.
    Johanna ging nach Heinonen an Jankovic vorbei in den Spiegelsaal. Jankovics Gesicht war rot, aber ansonsten wirkte der Mann ruhig, wesentlich ruhiger als zuvor auf dem Fernsehbildschirm.
    Intelligentes Gesicht. Mehr als bloß ein Revolverheld.
    Das passte zu dem Bild, das Johanna von ihm hatte, und diese Beobachtung machte sie optimistisch. Wenn nötig, würde man mit Jankovic vielleicht verhandeln können.
    Andererseits verhieß es nichts Gutes, dass er sein Gesicht zeigte. Es war ihm egal, ob er identifiziert wurde oder nicht.
    Heinonen blieb mitten im Spiegelsaal stehen. Johannas Optimismus bröckelte, als sie auf einen Blick die ausgesonderten Geiseln vor sich sah: der Präsident, die gesamte Regierung, die namhaftesten Abgeordneten, die höchsten Beamten des Staates, einflussreiche Männer aus der Wirtschaft mit ihren Frauen, dazu die Botschafter der EULänder, der USA, Russlands und Chinas, insgesamt ungefähr hundert Personen.
    Hundert Menschen, deren Leben die Polizei keinesfalls aufs Spiel setzen durfte. Und das wusste Jankovic nur zu genau.
    Johanna hielt nach der Polizeiführung Ausschau und fand als Ersten den Polizeidirektor aus dem Innenministerium und den KRP-Chef. Sie bemerkten sie nicht.
    »Lass uns dorthin gehen.« Heinonen nickte in Richtung eines Grüppchens.
    Seite an Seite gingen sie zu den Leuten, die an einer Wand standen. Alle schienen Heinonen zu kennen, und alle richteten erstaunte Blicke auf Johanna.
    »Aha, einige von euch kennen anscheinend meine Frau noch nicht«, sagte Heinonen gelassen. »Das ist Johanna.«
    Die anderen nickten höflich, als hätte die Situation überhaupt nichts Außergewöhnliches an sich, aber Johanna hörte förmlich die Flut der unausgesprochenen Fragen. In diesem Fall war das Pokerface eines Politikers endlich einmal nützlich.
    Nur ein Mann trug offen seine Skepsis zur Schau.
    »Wann hast du denn Zeit gehabt zu heiraten, Kari?«, tönte er lauthals; er war eindeutig betrunken und sah aus wie ein Schwein auf zwei Beinen. Johanna konnte sich dunkel an das Gesicht von diesem Ala-Turpeinen erinnern, so wie man sich eben an einen nichtssagenden Hinterbänkler erinnert.
    Heinonen lachte kurz trocken auf, kam aber nicht dazu, zu antworten, denn ein anderer stieß Ala-Turpeinen schon in die Rippen und sagte: »Erkki, halt's Maul!«
    Danilo stand vor dem aufrechten Mann mit dem grauen Bart und sah sich dessen Orden am Frack an. »Toll«, sagte Danilo.
    Er nahm einen der Orden zwischen die Finger. »Der da ist besonders schön. Wofür hast du den gekriegt?« Der Mann blickte auf seine Brust. »Ich habe dich etwas gefragt«, ermahnte ihn Danilo gereizt. »Der ist mir für meine Verdienste um die finnische Nation verliehen worden«, antwortete der Mann in fließendem Englisch. Man konnte einen gewissen Stolz und Trotz in seiner Stimme hören.
    »Verdienste um die finnische Nation«, nickte Danilo. »Wie heißt der?« Der Mann sah Danilo an. »Verzeihung?«
    »Wie er heißt. Hat nicht jeder Orden einen Namen?«
    Der Finne richtete den Blick an Danilo vorbei aufs andere Ende des Saales.
    »Verdienstkreuz der Ritterschaft der Weißen Rose«, sagte er. »Wow«, tönte Danilo. »Dann haben wir ja einen echten Ritter unter uns.« Er trat zwei Schritte zurück und musterte die Schar der wichtigsten Geiseln. Der Kolben der Maschinenpistole ruhte in seiner Armbeuge, der Lauf zeigte zur Decke. Der Finger lag am Abzug.
    »Gibt es hier noch mehr Ritter?«, fragte er laut.
    Niemand meldete sich.
    »Alle Ritter vortreten!«, befahl Danilo.
    Niemand rührte sich vom Fleck.
    Danilo ließ den Blick über die Reihen schweifen.
    »Hier gibt es tatsächlich keine Ritter«, sagte er verächtlich. »Nur finnische Feiglinge. Ihr verdient eure Orden nicht! Die sind nichts als Klimbim!«
    Er riss dem Bärtigen die Orden von der Brust und warf sie auf den Fußboden.
    »Ihr Memmen!«, schnaubte er und sah dem Bärtigen in die Augen. Dann trat er zum Nächsten und riss auch diesem die Orden von der Brust. »Feiglinge seid ihr alle. Ihr zittert wie Espenlaub. Solche wie euch müsste man über den Haufen schießen ...«
    »Fahk juh«, rief es da plötzlich aus der Menge. Die ungelenk

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