Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
»Lüg nicht«, brüllte er und richtete das Wasser wieder auf das Gesicht des Mannes. In dessen Augen flammte Panik auf, hustend und schluckend versuchte er, den Kopf zu bewegen. Tero biss die Zähne zusammen und ließ das Wasser laufen. Der Mann zappelte immer heftiger, und Roni wandte das Gesicht ab. Tero richtete den Strahl zur Seite.
»Ich will deinen richtigen Namen wissen ...«
»Hellevig ...«, sagte der Mann wild keuchend, sodass man ihn kaum verstehen konnte. »Jonas Hellevig ...«
»Und der deines Kumpans? Der uns in Helsinki angegriffen hat?« »Claus ... Steglitz ...«
Tero führte das Telefon in Ronis Hand dichter an den Mann heran und versicherte sich, dass auf dem Display recording stand.
»Warum wollt ihr die Kassette haben? Was ist an den Tauchgängen so wichtig?«
Hellevig keuchte. »Nichts ... für Zentech ...«
Der Mann verstummte und schloss die Augen.
»Augen auf«, zischte Tero und zwang sich erneut, daran zu denken, dass dieser Mann ihn in Lausanne hatte töten wollen. Wieder richtete er den Wasserstrahl auf Hellevigs Gesicht. »Was hat Zentech damit zu tun?« Hellevig schlotterte, und sein Adamsapfel bewegte sich wild auf und ab. Das Wasser, das ihm in den Mund rann, sprudelte im Rhythmus des Schluckreflexes über die Lippen und auf den Boden. Tero ließ das Wasser weiterlaufen, bis er den Strahl wieder abrupt zur Seite richtete.
Der Mann keuchte und schluckte. »Damit die Gripen-Geschäfte zustande kamen, wurden über Zentech Schmiergelder bezahlt...«
»Ist euch Julia Leivo auf die Spur gekommen?« »Ja ... aus Versehen ...« »Wer hat sie umgebracht?«
Der Mann machte ruckartige, unregelmäßige Atemzüge. Bevor Tero etwas tun konnte, packte Roni die Dusche und richtete sie wieder auf das Gesicht des Schweden.
»Hast du sie umgebracht?«, fragte er mit Tränen in den Augen. »Antworte! Hast du Julia umgebracht?«
Tero ergriff Ronis Hand und lenkte den Strahl zur Seite. Hellevig röchelte. »Nicht ich, sondern Steglitz ...«
Roni hielt Hellevig das Telefon unmittelbar an die Lippen.
»Das Ganze noch einmal: Was ist passiert, wer hat getötet und wen.« »Das Mädchen hat unseren Wagen gesehen ...« Hellevigs Stimme war schwach und winselnd. »Wir sind ihr gefolgt ... wir sahen, dass sie sich im Wald mit jemandem traf ... sie stritten sich, wurden handgreiflich ... Das Mädchen blieb bewusstlos auf der Erde liegen ... Steglitz stellte sie ruhig ...«
»Stellte sie ruhig?«, fragte Tero.
»Würgte sie. Würgte sie immer weiter ...«
Tero richtete den Blick vom nassen Gesicht des Schweden auf das Telefondisplay. Recording ... Er ließ sich auf den durchtränkten Fußboden sinken, am ganzen Leib zitternd, und umklammerte das Handy. Die Tränen liefen ihm über das Gesicht, er war kurz davor, sich zu erbrechen.
46
Nykvist wich den wild umherrennenden Kindern auf dem Gang aus. Allmählich machte er sich ernsthaft Sorgen. Hellevig war nun schon seit über einer Stunde verschwunden. Er meldete sich auch nicht am Telefon. Sie hatten alle öffentlich zugänglichen Bereiche und sämtliche Gänge bereits mehrfach abgeklappert. Und zu allem Überfluss ging Nykvist der misstrauische Russe immer mehr auf die Nerven.
An die Besatzung des Schiffes konnten sie sich vorläufig nicht noch einmal wenden, nachdem sie Hellevig schon hatten ausrufen lassen. Sie durften keine übermäßige Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Nykvist warf einen kurzen Blick auf Makarin, der ihm nicht besonders vertraut war. Hellevig kannte den Russen besser. Gerade wegen solcher Zwischenfälle musste auf die Zusammenstellung der Teams besonders geachtet werden. Nykvist bog um die Ecke und kam an eine Stelle, wo er schon einmal gewesen war. Man kam mit den Kabinengängen leicht durcheinander, sie müssten systematischer vorgehen.
Am Ende des Ganges standen ein Mann und eine Frau. Sie schienen vor einer Kabine auf etwas zu lauschen, das drinnen vor sich ging.
Als sie die beiden fast erreicht hatten, hörte Nykvist gedämpfte Schläge. Sie kamen aus der Kabine, vor der das Paar stand.
»Da drinnen tobt und schreit einer«, sagte die Frau auf Schwedisch. Nykvist hielt das Ohr an die Tür.
Wieder hörte man einen Schrei.
Er erkannte die Stimme. Es war Hellevig.
Nykvist zwang sich zu einem Lächeln. »Wir haben unserem Kameraden einen kleinen Streich gespielt, Junggesellenabschied. Sie können beruhigt in Ihre Kabine gehen. Gleich kommt ein Freund von uns mit dem Schlüssel.« Misstrauisch ging das Paar ein Stück
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