Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
dann«, sagte er sehr ruhig. »Wiederhole mir jeden einzelnen Satz, den du beim Verhör gesagt hast.«
Und Roni tat es, so genau er konnte, denn sie mussten ein einheitliches Bild von dem gemeinsam zu Hause verbrachten Abend geben. Und man konnte sich nicht allzu oft darauf berufen, sich an etwas nicht erinnern zu können. Tero schaute den Beamten an, der ihn verhörte. Kriminalhauptmeister Rahnasto saß am Computer und schrieb trotz des laufenden Diktiergeräts offenbar die Antworten mit.
»Warum haben Sie eigentlich an Ronis Auto die Reifen gewechselt?«, fragte Rahnasto so beiläufig, als redete er über das Wetter. Der Mann ist gefährlich, stellte Tero bei sich fest.
Er senkte absichtlich den Blick und gab sich den Anschein einer kleinen Irritation. Er dachte etwas länger nach und räusperte sich dann: »Muss ich darauf antworten?«
»Haben Sie die Reifen gewechselt, weil Sie ihren Stiefsohn Valtteri decken wollten?«
Tero antwortete nicht.
»Wussten Sie, dass Valtteri sich Ronis Auto geborgt hatte?«
»Das ist jetzt nicht so leicht für mich«, sagte Tero leise.
»Das verstehe ich. Aber wir müssen den Sachverhalt klären. Auch wenn Sie dabei gezwungen sein sollten, Dinge zu sagen, die nicht zu Valtteris Vorteil sind. Auf lange Sicht ist es für alle das Beste, wenn der Fall gelöst wird.« Tero hörte ernst und unruhig zu.
»Wir wissen von Valtteris Drogenproblemen. Sie können ihn nicht bis in alle Ewigkeit schützen. Es wird ohnehin alles herauskommen.«
Tero räusperte sich erneut. »Sie können nicht erwarten, dass ich gegen meinen Stiefsohn aussage.«
»Es geht nicht darum, gegen ihn auszusagen. Beantworten Sie einfach meine Fragen. Wir ziehen dann die Schlussfolgerungen. Warum haben Sie die Reifen gewechselt?«
Tero schwieg lange, bis er schließlich widerwillig murmelte: »Valtteri war anders als sonst, als er Ronis Wagen zurückbrachte. Irgendwie seltsam. Ich versuchte herauszufinden, was geschehen war. Ich bekam eine vage Vorstellung davon und ...«
»Welche Vorstellung?«
»Darüber kann ich nicht so einfach sprechen. Aber Valtteri verschwand in verwirrtem Zustand, er stand unter Schock. Ich beschloss, die Reifen zu wechseln, weil mir klar war, dass sie ein seltenes Profil hatten und deswegen ... ein Risiko für Valtteri darstellten.«
Das Ende des Satzes sprach er fast unhörbar leise aus. »Ihr Stiefsohn gestand ihnen also seine Schuld an der Tat, als er nach Hause kam?«
Tero starrte vor sich hin. »Ja.«
Das Wort kam ihm nicht so leicht von den Lippen, wie er es erwartet hatte. Aber es kam, weil es kommen musste und es so für alle am besten war. »Machen Sie sich keine Sorgen. Wir werden Ihre Aussagen gar nicht brauchen. Wir haben noch weitere Beweise.«
Tero versuchte seine Überraschung zu verbergen. »Welche Beweise?«, fragte er dennoch, schließlich war es natürlicher, die Frage sofort zu stellen. Später wäre es wesentlich schwieriger.
»Unter anderem eine SMS an das Opfer. Aus ermittlungstechnischen Gründen kann ich nicht ins Detail gehen.«
Teros Überraschung wuchs schlagartig weiter. Er befürchtete sogar, dass man ihm das ansah.
Was für eine SMS?
20
Toomas saß in seinem Büro bei Targa Trading in Espoo, einem von drei Geschäftsräumen, die in der unteren Etage eines großen Einfamilienhauses im Stadtteil Westend untergebracht waren.
Er war unruhig und konnte sich nicht konzentrieren, sondern horchte immer wieder aufmerksam nach oben. Die Tür hatte er bewusst offen gelassen, damit er die Schritte aus dem Obergeschoss nicht nur durch die Decke, sondern auch über das Treppenhaus hören konnte. Anatoli ging mit seinem Gast durchs Haus und kam eventuell auch ins Untergeschoss.
Als Toomas gesehen hatte, wer da vor der Firma aus dem Taxi stieg, war seine Neugier geweckt gewesen. Normalerweise lud Anatoli keine Kunden zu sich ein, sondern traf sie überall sonst auf der Welt. Nun aber war ein außergewöhnlich interessanter Gast aus Spanien eingetroffen: der Schwede Marcus Grotenfelt.
Da von oben nichts Besonderes zu hören war, zwang sich Toomas weiterzuarbeiten. Er schaute auf die eingescannte Bescheinigung, die als angehängte Datei mit einer E-Mail gekommen war. Auf dem mit Stempel und Unterschrift versehenen Dokument versicherte ein Vertreter der Regierung Ghanas, dass die zwölf Tonnen schwere Partie Kalaschnikow-Sturmgewehre, AGS-17-Granatwerfer und RPG-7-Panzerfäuste nur für den Gebrauch des eigenen Landes bestimmt waren. In der E-Mail wurde
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