Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
warum aus Finnland ständig gute Rennfahrer kamen, aber aus Schweden nicht.
Teros Blick fiel nun auf den Kugelschreiber, der in dem Taschenkalender steckte und dicker war als gewöhnlich. Mehr spontan als in Folge einer Überlegung griff er nach dem Stift und schraubte ihn auf. Um die Miene herum war ein Papierstreifen gewickelt.
Tero öffnete ihn hastig. Auf dem Zettel standen Buchstaben und Zahlen: CHL6LUBCDC911963.
Vor Erleichterung knickten Teros Beine ein. »CH« stand aller Wahrscheinlichkeit nach für die Schweiz, »L« möglicherweise für Lausanne und »UBC« für die Bank, von der Toomas gesprochen hatte. Tero griff sich rasch einen anderen Stift und notierte den Code.
Plötzlich näherte sich Marcus' Stimme jenseits der Tür. »Jetzt halte ich es wirklich nicht mehr aus. Ich brauche frische Luft.«
Roni fragte Marcus etwas, und dieser hielt inne, um zu antworten. Schnell schraubte Tero den Kuli wieder zu, steckte ihn in den Kalender und ließ diesen in die Jackentasche gleiten. Dann griff er nach den Bierflaschen. »Gut, keinen Aufguss mehr«, hörte er Roni in der Sauna rufen. Das war das vereinbarte Zeichen. Tero wusste jetzt, dass sich Marcus nicht mehr in der heißen Sauna zurückhalten ließ.
Im selben Moment ging die Tür auf, und der Schwede taumelte heraus. »Jetzt ist's genug«, schnaufte er.
Tero machte eine Flasche Bier auf. Marcus griff gierig danach und ließ sich dampfend auf eine Bank fallen.
Roni tauchte mit fragendem Blick in der Saunatür auf.
Tero nickte ihm heimlich zu und griff dann nach dem dicken Briefkuvert, in dem dieselben Scheine steckten, die Marcus ihnen in Marbella geliehen hatte. »Danke, Marcus. Hiermit begleichen wir unsere Schulden.«
27
Nordöstlich von Askola steuerte Toomas leicht nervös den Alfa Romeo seines Chefs. Das Auto fuhr sich richtig gut, unter der Motorhaube schnurrte eine beeindruckende Portion Pferdestärken. Toomas setzte den Blinker und bremste ab, um vor einem ehemaligen Laden anzuhalten, wo er laut Anweisung Anatolis Geschäftspartner abholen sollte.
Vor dem kastenförmigen, mit Eternitplatten verkleideten Gebäude parkte ein alter Sportwagen, dem Roni gerade einen Koffer entnahm. Neben ihm stand Marcus Grotenfelt.
Toomas hielt bei dem Sportwagen an, stieg aus und nickte Roni zu, der überrascht war, ihn zu sehen.
Anschließend gab Toomas dem rotgesichtigen Grotenfelt die Hand, und Roni lud dessen Koffer in den Alfa Romeo.
Etwas mühsam nahm Grotenfelt auf dem Beifahrersitz Platz. »Roni, danke für die Sauna. Alles Weitere dann in Marbella.«
Toomas setzte sich ans Steuer und fuhr los. Sie mussten zunächst auf der schlecht ausgebauten Kreisstraße bis zur Fernstraße, dort ging es dann auf geradem Weg in Richtung Helsinki und Espoo weiter.
»Die spinnen, die Finnen«, seufzte Marcus. Er rief jemanden in Spanien an, und Toomas verstand nur vereinzelte Wörter hier und da.
Die Straße folgte dem Auf und Ab der hügeligen Waldlandschaft, es gab kaum Verkehr. Toomas bemerkte, dass sich von hinten Scheinwerfer näherten. Schon eine ganze Weile folgte ihnen ein Auto, und allmählich bereitete das Toomas Sorgen.
Die Straße wurde immer kurvenreicher. Toomas erhöhte stetig die Geschwindigkeit, aber die Lichter kamen trotzdem immer näher. Marcus konzentrierte sich auf sein Telefongespräch und bemerkte nichts. Sie tauchten in ein Waldstück ein und kamen gleich danach auf eine längere Steigung.
Im dem Moment beschleunigte das Fahrzeug hinter ihnen, bis es fast auffuhr, der Fahrer schaltete das Fernlicht ein und blendete Toomas dadurch über den Rückspiegel.
Instinktiv erhöhte Toomas weiter das Tempo, musste aber sogleich wegen einer scharfen Kurve abbremsen. Und plötzlich sah er vor sich mitten auf der Straße einen Traktor stehen. Im Bruchteil einer Sekunde begriff er, dass er nichts mehr tun konnte. Dennoch trat er das Bremspedal bis zum Anschlag durch und versuchte, das Lenkrad herumzureißen. Unmittelbar vor dem Aufprall konnte er noch registrieren, dass anscheinend kein Fahrer in dem Traktor saß.
Toomas' Entsetzensschrei ging in einem ohrenbetäubenden Knall und dem lauten Knirschen von Blech und Eisen unter. Gleichzeitig explodierte vor seinen Augen eine weiße Wolke, in die er stürzte. Ein schneidender Schmerz durchfuhr ihn und mit ihm das Gefühl, von einem gewaltigen Druck zermalmt zu werden.
Nach und nach sickerten Geräusche aus der Dunkelheit. Der Schmerz und der Druck auf der Brust drangen mit immer größerer Macht
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