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RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

Titel: RENAS VERSPRECHEN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rena Kornreich Gelissen , Heather Dune Macadam
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Tylicz hören, als ich durch die Stra ss en zum Postamt laufe, wo gerade der erste Anruf für mich ange kom men is t, den weiten Weg von Krynica. „ Rena ist verliebt !“, singen sie. „ Rena ist verliebt! “ „ Gefällt dir die Uhr, die ich dir geschenkt habe? “, will mein derzeitiger Verehrer am anderen Ende der kna ckenden Leitung wissen. „ Ich liebe sie“, flirtete ich, „ich werde sie nie abnehmen.“ „ Nun, das solltest du aber, wenn du badest oder zum Schwimmen gehst “ , gab er kokett zurück.
    Ich breche mein dummes Gelübde und rei ss e mir das Band vom Handgelenk. Ihr bekommt keine meiner Erinnerungen! Ihr bekommt nichts von mir! Als ich die Uhr mit meinem Ab satz in den Schmutz bohre und dabei meine kostbaren wei ss en Filzschuhe schmutzig mache, zerbreche ich sie in tausend Stücke.
    Die Tür zu Block Eins rückt bedrohlich näher. Drinnen geschieht das Unbekannte. Wir können Schreie hören. Wir sehen die jungen Frauen herauskommen, aber wir reden uns ein, da ss wir uns nicht verändert haben werden, wenn wir diesen Ort verlassen. Ich grabe mir meine Fingernägel in die Handfläche und bete, da ss ich das eine Mädchen bin, das seine Haare behält. Dann bin ich im Gebäude .
    Benommen gehe ich auf den ersten Tisch zu, wie ich es ge rade eben das M ädchen vor mir habe tun sehen. „ Was bist du? “, fragt mich eine Deutsche.
    „Polin“, antworte ich. S ie brummt und schreibt meine In formation auf. Sie fragt mich nicht, welcher Rasse ich ange hö re, und ich dränge ihr nicht auf, da ss ich auch Jüdin bin. Ihre Kleidung ist mir ein Rätsel. Sie gehört nicht zur SS, sie ist zweifelsohne eine Reichsdeutsche, doch sie trägt ein Dreieck mit einer Nummer darauf. Ich denke mir, da ss sie womöglich eine Gefangene ist . [3]
    „Zwei Goldkronen“ , verkündet sie.
    Meine Gedanken jagen. Warum machen sie eine Notiz über meine Zähne? O mein Gott, sie werden mir meine Kronen nehmen, und dann werde ich hä ss lich aussehen. Ich gehe zum zweiten Tisch, ziehe dabei meine Oberlippe über die Zähne und halte meinen Kopf leicht schräg, so da ss keiner das Gold in meinem Mund bemerkt.
    „ Nimm die Ohrringe ab “ , herrscht die nächste Deut sche mich an. Ich sehe mich um und frage mich, zu wem man in einem solchen Ton spricht. „ Du da! Nimm diese Ohrringe raus, oder ich rei ss e sie dir ab!“
    „ Ich? “ Ich bin fassung s los. Doch als ich vorsichtig meine Ohrläppchen anfasse, wird mir mein Fehler bewu ss t. Die Ohr ringe, die Gro ss papa Zayde mir schenkte, als ich sechs Jahre alt war, glänzen unter meinen Locken durch. Ich habe sie schon so lange an, da ss sie kein Schmuck mehr sind, sondern ein Teil von mir.
    „ Ich habe sie vergessen “ , sage ich rasch und lege das letzte Überbleibsel meines Lebens auf einen kalten Tisch, damit man sie in eine Schachtel mit der Vergangenheit von allen anderen wirft.
    „ Zieh deine Kleider aus und la ss sie hier.“ Sie nehmen mir die Kleider weg, ehe ich eine Chance habe, sie ordentlich zu falten oder sicher zu verstauen, damit man sie später wieder hervorholen kann.
    „ Raus! Raus! “ Wir hasten vorwärts. Noch nie haben wir uns vor Fremden nackt ausgezogen. Wir versuchen, uns mit unseren Händen zu bedecken, und schauen zu Boden, in der Hoffnung, damit unser Schamgefühl zu bewahren. Fühllos gegenüber unserer Nacktheit treiben sie uns in eine Wanne voller Desinfektionsmittel.
    „ Sie sind verdreckt. Fa ss t sie nicht an. “ Ihre Stimmen sind so stechend wie die Lösung auf unserer nackten Haut. Wir verbringen einige Minuten darin, und weil es uns peinlich ist, einander anzusehen, starren wir in die grüne Flüssigkeit, die sich anfühlt, als wolle sie uns das Fleisch vom Körper fressen.
    „Kommt raus! Kommt raus!“ Befehle, noch mehr Befehle. Die Worte der Wärterinnen springen uns ins Ge hirn, verdrän gen den freien Gedankenflu ss und lassen ihn in den niederen Regionen des gesunden Menschenverstand s Exil nehmen. Es gibt keine Hand tücher, um unsere zitternden Körper zu trocknen. Unsere Kleider warten ni cht auf uns, aber die Reihe war tet. Unsere Leben sind zu einer langen Reihe geworden , die sich langsam von einem Entsetzen zum nächsten fortbe wegt.
    Ich werde am Kopf festgehalten und schroff auf einen Stuhl gesto ss en. Als eine kräftige Hand meinen Kopf nach vo rne drückt, nähert sich die verfluchte Elektroschere meinem Oh r. „ Nicht bewe gen!“, befiehlt man mir barsch, und man geht mit mir um, als wäre meine Haut

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