Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition)
kümmerte mich nicht mehr, denn ein wirbelnder Strom aus Energie umfloss mich und erhellte die Nacht mit farbigen Blitzen. Ich wuchs auf über drei Meter Größe an und entfaltete mit einem Rascheln, das aus den Tiefen der Hölle zu stammen schien, die Schwingen auf meinem Rücken. Meine Finger wurden zu Klauen, und meine blasse Haut verwandelte sich in einen glänzenden, schwarzen Pelz, über dessen glatte Oberfläche schillernde Farben tanzten. Während meine Gesichtszüge ihre ursprüngliche Form behielten, glichen meine Augen nun goldenen Bällen. Es waren tierische, keine menschlichen Augen, und doch unterschieden sie sich deutlich von den tiefschwarzen Augen einer Fledermaus, der ich nur äußerlich ähnlich sah. Nachdem ich das Monster in mir befreit hatte, offenbarte sich auch meine dunkle Seite. Euphorie erfüllte mich. Ich war wunderschön. Ich war stark. Ich war furchterregend.
Und ich war furchtbar wütend. Ich erhob mich in die Luft und machte mich auf die Suche nach den Männern, die meinen Hund gestohlen hatten. Den Bäumen ausweichend gewann ich schnell an Höhe und entdeckte sie schon bald etwa einen Block entfernt. Die Männer luden Jade gerade auf den Rücksitz eines grünen Vans. Als ich auf sie zuflog, sprangen sie ins Auto und fuhren los. Aber sie kamen nicht weit. Ich stürzte mich auf sie hinab und landete mit lautem Aufprall auf dem Dach des Fahrzeugs.
»Was zum …«, schrie einer der Männer und machte eine Vollbremsung, wahrscheinlich in der Hoffnung, mich damit abzuschütteln.
Doch ohne Erfolg. Ich krallte meine Klauen in die Fahrertür und riss sie aus den Angeln. Die Beifahrertür flog auf, beide Männer sprangen fluchtartig aus dem Auto und verschwanden in der Nacht. Der Van rollte langsam gegen den Bordstein und kam zum Stehen. Ich schwang mich erneut in die Luft, und die Hundediebe rannten, als sei der Teufel hinter ihnen her. Mit einem hohen Pfeifen raste ich in den Fahrer und riss ihn von den Füßen, dann baute ich mich vor ihm auf. Er wollte sich wieder hochrappeln, doch als er mich sah, fiel er auf die Knie. Sein Körper zitterte wie ein Blatt im Wind, und seine Augen waren vor Angst weit aufgerissen.
»Wer hat euch den Auftrag dazu gegeben? Soll mein Hund als Geisel gehalten werden, damit ich aus dem Fall aussteige?«, fragte ich ihn zischend, doch er schien vor lauter Angst taub und stumm geworden zu sein. Als ich meine Klauen in sein Hemd schlug und ihn wie eine Stoffpuppe hochhob, fiel er in Ohnmacht. Ganz schön tough, der Kerl. Ich ließ ihn zu Boden fallen. Er stank. Offenbar hatte er sich auch in die Hosen geschissen.
Ich flog zurück zum Van und öffnete die hintere Tür. Jade lag in das Netz verwickelt und atmete unregelmäßig, regte sich aber. Ich nahm die Enden des Netzes in meine Krallen und stieg erneut in die Lüfte, während Jade wie in einer Art Schlinge unter mir hing. Innerhalb weniger Sekunden kehrte ich zurück in den Hundepark und legte meine Last vorsichtig auf dem kalten Grund ab. Mit einem aufheulenden Wirbel aus mich umkreisenden Winden und einer Energiewelle, die stroboskopische Lichtblitze von den Bäumen abprallen ließ, verwandelte ich mich wieder zurück in einen Menschen. Ich stand nackt in der winterlichen Nacht, und jetzt war mir mit einem Mal furchtbar kalt.
Während ich mich rasch wieder ankleidete, versuchte Jade aufzustehen. Ich befreite sie rasch aus dem Netz. Dann stützte ich sie und sprach ihr beruhigend und aufmunternd zu. Ich hätte es zwar irgendwie geschafft, meinen sechzig Kilo schweren Hund zurück zu meiner Wohnung zu tragen, wollte es aber wenn möglich vermeiden. Sobald sie einigermaßen sicher stand, suchte ich ihr Halsband im Schlamm und streifte es ihr über. Auf zittrigen Beinen setzte sie vorsichtig eine Pfote vor die andere. Wir kamen zwar nur langsam voran, schafften es aber nach Hause, und mit jedem Schritt loderte die helle, heiße Flamme der Wut stärker in mir. Ich würde denjenigen finden, der versucht hatte, sie mir zu stehlen. Und ich würde ihn fertig machen.
Nachdem Jade ein wenig frisches Wasser getrunken hatte, verkroch sie sich in ihr Hundebett in der Küche und schloss die Augen. Ich wusste nicht, ob sie auf die gleiche Weise hassen konnte wie ich, aber sie war ein ernstzunehmender Gegner. Sie würde sich nie wieder derart von Fremden überrumpeln lassen. Sie hatte sich den Geruch ihrer Feinde eingeprägt, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis ich auch ihre Namen herausfand.
Was mich zu der
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