Rendezvous mit einem Mörder
arbeitet, verliert man schließlich nach einer Weile auch den Appetit auf Schokolade. Sie war eine Freundin, Lieutenant. Ich hatte sie wirklich gern.«
»Können Sie mir sagen, was Sie in der Nacht ihres Todes zwischen Mitternacht und Morgen gemacht haben?«
Seine Brauen schossen hoch. Falls ihm nicht tatsächlich gerade erst der Gedanke gekommen war, er könnte als Verdächtiger betrachtet werden, war er ein exzellenter Schauspieler. Aber, dachte Eve, das musste man in seiner Berufssparte wohl auch ganz sicher sein.
»Ich war mit einer Klientin zusammen, hier in meiner Wohnung. Sie blieb die ganze Nacht.«
»Ist das normal?«
»Diese Klientin möchte es so haben. Lieutenant, wenn es unbedingt sein muss, gebe ich Ihnen natürlich ihren Namen, aber es wäre mir lieber, wenn es nicht sein müsste. Zumindest nicht, so lange ich ihr die Sache nicht erklärt habe.«
»Es geht hier um Mord, Mr. Monroe, also muss es unbedingt sein. Um wie viel Uhr haben Sie diese Klientin mit hierher gebracht?«
»Gegen zehn. Vorher haben wir im Miranda’s, dem Schwebecafe über der Sechsten Straße zu Abend gegessen.«
»Gegen zehn.« Eve nickte und bemerkte den Moment, in dem er sich erinnerte.
»Die Sicherheitskamera im Fahrstuhl.« Wieder war sein Lächeln durch und durch charmant. »Es ist ein vollkommen antiquiertes Gesetz. Ich nehme an, Sie könnten mich dafür drankriegen, aber ich denke, der Aufwand würde sich für Sie nicht lohnen.«
»Jede sexuelle Handlung in einem überwachten Bereich ist ein Vergehen, Mr. Monroe.«
»Bitte nennen Sie mich doch einfach Charles.«
»Es ist eine Kleinigkeit, Charles, aber trotzdem könnte man Ihnen deshalb Ihre Lizenz für sechs Monate entziehen. Geben Sir mir also einfach ihren Namen, und wir klären die Sache so schnell es geht.«
»Dadurch verliere ich eine meiner besten Kundinnen«, murmelte er beinahe gekränkt. »Darleen Lowe. Ich hole Ihnen die Adresse.« Er erhob sich, holte seinen elektronischen Kalender und las die Anschrift ab.
»Danke. Hat Sharon mit Ihnen über ihre Klienten gesprochen?«
»Wir waren Freunde«, sagte er mit müder Stimme. »Ja, natürlich haben wir uns auch über unsere Arbeit unterhalten, auch wenn das unter dem ethischen Gesichtspunkt sicher nicht vollkommen richtig war. Sie hatte stets ein paar lustige Geschichten auf Lager. Ich bin eher der konventionelle Typ. Sharon hingegen war… offen für das Ungewöhnliche. Manchmal waren wir zusammen einen trinken, und dann hat sie erzählt. Natürlich ohne Namen. Sie hatte ihre eigenen kleinen Spitznamen für die Leute. Der Kaiser, der Wiesel, das Milchmädchen, so in der Art.«
»Hat sie je von irgend)emandem gesprochen, vor dem sie Angst hatte, bei dem ihr unbehaglich, der vielleicht gewalttätig war?«
»Von Gewalt war nie die Rede, und nein, sie hatte vor niemandem Angst. Sharon hatte das Gefühl, ständig alles unter Kontrolle zu haben. So wollte sie es haben, denn sie meinte, die meiste Zeit ihres Lebens wäre sie von jemand anderem kontrolliert worden. Sie empfand eine ziemliche Bitterkeit gegenüber ihrer Familie. Einmal hat sie mir erzählt, sie hätte nie die Absicht gehabt, ihren Lebensunterhalt durch professionellen Sex zu bestreiten. Sie hätte es nur getan, um ihre Familie wahnsinnig zu machen. Aber nachdem sie damit angefangen hatte, kam sie zu dem Schluss, dass es ihr sogar Spaß machte.«
Wieder zuckte er mit seinen Schultern und nippte nachdenklich an seinem Glas. »Also ist sie dabei geblieben und hat, wie sie selbst es so schön ausdrückte, zwei Fliegen mit einem Fick geschlagen.«
Er sah Eve in die Augen. »Und jetzt sieht es so aus, als hätte einer dieser Ficks zurückgeschlagen.«
»Ja.« Eve erhob sich und steckte den Rekorder ein. »Verlassen Sie bitte nicht die Stadt, Charles. Ich melde mich wieder bei Ihnen.«
»Das war alles?«
»Im Moment ja.«
Er erhob sich ebenfalls und blickte sie lächelnd an. »Für einen Bullen sind Sie eine erstaunlich angenehme Gesprächspartnerin… Eve.« Forschend strich er mit einer Fingerspitze über ihren Arm, und als sie ihre Brauen hochzog, umfasste er zärtlich ihr Gesicht. »Haben Sie es eilig?«
»Warum?«
»Tja, ich hätte ein paar Stunden Zeit, und Sie sind äußerst attraktiv. Große goldene Augen«, murmelte er sanft. »Und dann noch dieses kleine Grübchen im Kinn. Warum nehmen wir uns nicht einfach beide ein paar Stunden frei?«
Sie wartete, bis er den Kopf neigte, um sie zu küssen. »Wollen Sie mich etwa bestechen,
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