Rendezvous mit einem Mörder
Charles? Wenn ja, und wenn Sie auch nur halb so gut sind, wie Sie glauben…«
»Ich bin sogar noch besser.« Er nagte an ihrer Unterlippe und ließ seine Hand auf ihre Brust gleiten. »Ich bin sogar viel besser.«
»Dann… müsste ich Sie wegen Unzucht anzeigen.« Sie lächelte, als er zurückfuhr, als hätte er sich an ihr verbrannt. »Und das würde uns beide sicher sehr, sehr traurig machen.« Belustigt tätschelte sie ihm die Wange. »Aber trotzdem danke, dass Sie daran gedacht haben.«
Er folgte ihr zur Tür und kratzte sich am Kinn. »Eve?«
Die Hand bereits am Türgriff, blieb sie stehen. »Ja?«
»Ungeachtet der Möglichkeit, dass ich versuchen könnte, Sie ganz einfach zu bestechen, hätte ich, falls Sie es sich anders überlegen sollten, durchaus ehrliches Interesse daran, Sie wiederzusehen.«
»Dann gebe ich Ihnen Bescheid.« Sie schloss die Tür und ging in Richtung Fahrstuhl.
Es wäre für Charles Monroe ein Kinderspiel gewesen, heimlich aus seiner Wohnung zu schleichen und zu Sharon hinüberzugehen, während seine Kundin schlief. Ein bisschen Sex mit ihr zu haben, sie einfach zu erschießen…
Nachdenklich bestieg sie den Lift.
Die Disketten zu manipulieren. Als Bewohner des Gebäudes hatte er sicher problemlos Zugang zu den Sicherheitsbereichen. Und dann hätte er einfach zu seiner Kundin in sein eigenes Bett zurückkehren können.
Zu schade, dass das Szenarium durchaus plausibel war, sagte sich Eve, als der Fahrstuhl unten ankam. Sie fand ihn wirklich nett. Aber bis sie sein Alibi überprüft hätte, stünde Charles Monroe ganz oben auf der Liste der Verdächtigen.
3
E ve hasste Beerdigungen. Sie verabscheute die Rituale, auf denen die Menschen im Angesicht des Todes so beharrlich bestanden. Die Blumen, die Musik, die endlosen Worte und das jämmerliche Schluchzen.
Vielleicht gab es einen Gott. Diese Möglichkeit hatte sie noch nicht gänzlich verworfen. Falls es ihn tatsächlich gab, dann amüsierte er sich bestimmt köstlich über die sinnlosen Sitten und Gebräuche der von ihm geschaffenen Wesen.
Trotzdem war sie Sharon DeBlass’ Beerdigung wegen extra nach Virginia geflogen. Sie wollte die Verwandten und Freunde der Toten beobachten, analysieren und beurteilen.
Der Senator stand mit grimmiger Miene und trockenen Augen, seinen Schatten Rockman im Rücken, in der ersten Reihe neben seinem Sohn und seiner Schwiegertochter.
Sharons Eltern waren junge, attraktive, erfolgreiche Anwälte mit eigener Kanzlei.
Richard DeBlass wirkte mit dem gesenkten Kopf und den gesenkten Lidern wie eine schlankere, doch zugleich irgendwie weniger dynamische Ausgabe seines Vaters. War es Zufall oder Absicht, fragte sich Eve, dass er in gleichem Abstand zwischen seinem Vater und seiner Gattin stand?
Elizabeth Barrister war eine schlanke Frau mit dichtem, schimmerndem mahagonibraunem Haar in einem eleganten, dunklen Kostüm. Sie wirkte wie erstarrt, und aus ihren rot geränderten Augen rann ein beständiger Strom lautloser Tränen.
Was empfand eine Mutter, fragte sich Eve, wenn sie ein Kind verlor?
Senator DeBlass hatte auch eine Tochter, und die stand zu seiner Rechten. Kongressabgeordnete Catherine DeBlass war in die politischen Fußstapfen ihres Vaters getreten. Sie war geradezu schmerzlich dünn, hatte eine militärisch straffe Haltung, und ihre Arme wirkten in dem schwarzen Kleid wie dürre Zweige. Neben ihr stand ihr Ehemann John Summit und starrte auf den vorne in der Kirche aufgebahrten, mit Rosen geschmückten, schimmernden Sarg, während ihr gemeinsamer Sohn Franklin, gefangen im schlaksigen Körper eines Heranwachsenden, unbehaglich von einem Fuß auf den anderen trat.
Am Ende der Bank, irgendwie getrennt vom Rest der Familie, stand DeBlass’ Gattin Anna.
Sie stand vollkommen reglos und mit trockenen Augen etwas abseits und blickte nicht einmal in Richtung der blumenübersäten Kiste, die die Überreste ihrer einzigen Enkelin enthielt.
Natürlich waren noch mehr Menschen in der Kirche. Elizabeths Eltern standen nebeneinander und hielten sich hemmungslos weinend bei den Händen. Vettern und Cousinen, Bekannte und Freunde betupften sich die Augen oder sahen sich fasziniert oder entgeistert um. In der Kirche drängten sich mehr Politiker als in der Kantine des Senats. Selbst der Präsident hatte einen Vertreter nach Virginia geschickt.
Trotz der über hundert Gesichter hatte Eve kein Problem, Roarke in der Menge zu entdecken. Er war allein. Natürlich saßen auch andere in seiner Reihe,
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