Rendezvous mit einem Mörder
Keins der Gemüsekonzentrate, mit denen man sich seit der Abholzung der Regenwälder Ende des zwanzigsten Jahrhunderts meistens begnügen musste. Dies hier war echter Kaffee aus echten kolumbianischen Bohnen mit echtem Koffein.
Sie nippte ein zweites Mal und hätte beinahe geweint.
»Ist etwas nicht in Ordnung?« Er genoss das Flattern ihrer Lider, die leichte Röte ihrer Wangen, ihre sich verdunkelnden Augen – eine Reaktion ähnlich der, die eine Frau unter den Händen eines guten Mannes an den Tag legte.
»Wissen Sie, wie lange es her ist, seit ich zum letzten Mal echten Kaffee getrunken habe?«
Er lächelte. »Nein.«
»Ich auch nicht.« Schamlos schloss sie ihre Augen und hob die Tasse erneut an ihren Mund. »Sie müssen entschuldigen, dies ist ein bedeutender Moment. Wir unterhalten uns im Flugzeug.«
»Wie Sie wollen.«
Während der Wagen lautlos über die Straße glitt, gestattete er sich das Vergnügen, sie einfach zu beobachten.
Seltsam, dachte er, er hatte sie nicht sofort als Bullen erkannt. Normalerweise besaß er in derartigen Dingen einen untrüglichen Instinkt. Auf der Beerdigung jedoch hatte er einzig daran gedacht, was für eine schreckliche Vergeudung es doch war, dass ein so junger, so närrischer, so lebendiger Mensch wie Sharon plötzlich tot war.
Dann hatte er etwas gespürt, hatte gemerkt, wie sich seine Nackenhaare gesträubt und sich seine Muskeln angespannt hatten. Er hatte ihren Blick gespürt, körperlich, wie einen Schlag. Als er sich umgedreht und sie entdeckt hatte, war das der zweite Schlag gewesen. Ein wie in Zeitlupe ablaufender Doppelhaken, dem er einfach nicht hatte ausweichen können.
Doch das Warnlämpchen hatte versagt. Das Warnlämpchen, das ihm die Polizistin verraten hätte, hatte ganz einfach nicht geblinkt. Er hatte einzig eine große, gertenschlanke Frau mit kurzen, wirren braunen Haaren, honiggelben Augen und sinnlichen Lippen hinter sich gesehen.
Wenn sie ihn nicht aufgespürt hätte, dann hätte er sich auf die Suche gemacht.
Zu schade, dass sie ein Bulle war.
Sie sprach erst wieder, als sie den Flugplatz erreicht hatten und sich an Bord seines JetStar 6000 begaben.
Abermals war sie gegen ihren Willen tatsächlich beeindruckt. Kaffee war eine Sache, und eine kleine Schwäche war jedem Menschen gestattet, doch fand sie es wirklich übertrieben, dass ihr, als sie die luxuriöse Kabine mit den tiefen Sesseln, den bequemen Sofas, dem antiken Teppich und den mit Blumen gefüllten Kristallvasen erblickte, beinahe die Augen aus dem Gesicht kullerten.
Die Vorderwand war durchgängig verglast, und es gab eine uniformierte Flugbegleiterin, die sich nicht die geringste Überraschung darüber anmerken ließ, dass Roarke mit einer Fremden an Bord des Flugzeugs kam.
»Brandy, Sir?«
»Meine Begleiterin hätte lieber schwarzen Kaffee, Diana.« Mit hochgezogener Braue wartete er darauf, dass die Polizistin nickte. »Aber ich nehme einen Brandy, vielen Dank.«
»Ich habe bereits vom JetStar gehört.« Eve schälte sich aus ihrem Mantel, den die Stewardess zusammen mit Roarkes Mantel in einem Schrank verschwinden ließ. »Angenehme Form zu reisen.«
»Danke. Wir haben auch zwei Jahre lang an seinem Design gefeilt.«
»Roarke Industries?«, fragte sie, während sie Platz nahm.
»Genau. Wann immer es möglich ist, benutze ich unsere eigenen Produkte. Sie müssen sich vor dem Start anschnallen«, erklärte er ihr, beugte sich ein wenig vor und drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage. »Wir wären bereit.«
»Die Starterlaubnis wurde bereits erteilt«, kam die Entgegnung. »Dreißig Sekunden bis zum Abheben.«
Beinahe ehe Eve nur blinzeln konnte, waren sie schon in der Luft, und zwar derart geschmeidig, dass sie kaum etwas davon gemerkt hatte. Tatsächlich kein Vergleich zu den kommerziellen Flügen, bei denen man während der ersten fünf Minuten unangenehm in seinen Sitz gepresst wurde.
Diana brachte die Getränke und einen kleinen Teller mit Obst und Käse, dessen Anblick Eve das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Trotzdem war es an der Zeit, mit der Arbeit zu beginnen, sagte sie sich streng.
»Wie lange kannten Sie Sharon DeBlass?«
»Ich habe sie erst vor kurzem im Haus eines gemeinsamen Bekannten kennen gelernt.«
»Sie sagten, Sie wären ein Freund der Familie.«
»Ein Freund ihrer Eltern«, erwiderte er leicht. »Ich kenne Beth und Richard seit mehreren Jahren. Zunächst hatten wir geschäftlich und dann auch privat miteinander zu tun. Sharon war
Weitere Kostenlose Bücher