Rendezvous mit einem Mörder
Kopf. Hätte ihn nicht plötzlich eine beinahe schmerzliche sexuelle Frustration befallen, hätte er angesichts ihres halb argwöhnischen und halb verächtlichen Blickes vielleicht sogar laut gelacht.
»Wie?«
»Ich kenne Leute, die Sharon kannte.« Während er sprach, merkte er, wie sich die Verachtung in ihren Augen in Interesse kehrte. Doch der Argwohn blieb. »Man braucht nicht besonders helle zu sein, um zu erkennen, dass Sie sicher nach einer Verbindung zwischen Sharon und dem Mädchen, dessen Fotos Sie mit sich herumschleppen, suchen werden. Ich werde sehen, ob ich etwas herausfinde.«
»Informationen von einem Verdächtigen haben bei unseren Nachforschungen kein besonderes Gewicht. Aber«, fügte sie, ehe er etwas erwidern konnte, schnell hinzu, »Sie könnten es mich trotzdem wissen lassen.«
Endlich lächelte er doch. »Ist es ein Wunder, dass ich Sie nackt in meinem Bett haben möchte? Ich werde es Sie wissen lassen, wenn ich etwas herausfinde, Lieutenant.« Er trat entschieden hinter seinen Schreibtisch. »Bis dahin sollten Sie gucken, dass Sie ein bisschen Schlaf kriegen.«
Als sich die Tür hinter ihr schloss, schwand das Lächeln aus seinen blauen Augen, und ein paar Minuten saß er reglos in seinem Sessel und betastete den Knopf in seiner Tasche, ehe er schließlich über seine private, gesicherte Leitung eine bestimmte Nummer wählte.
Er wollte nicht, dass dieses Gespräch irgendwo registriert würde.
7
E ve trat vor die Kamera über der Tür von Charles Monroes Apartment und wollte sich gerade ausweisen, als schon geöffnet wurde. Charles trug eine schwarze Krawatte, hatte nachlässig ein Kaschmircape über die Schultern geschwungen und einen cremefarbenen Seidenschal darüber drapiert.
Sein Lächeln war ebenso perfekt und elegant wie seine Garderobe. »Lieutenant Dallas. Was für ein Glück, Sie wieder zu sehen.« Der Blick, mit dem er sie bedachte, verriet einen Beifall, von dem sie wusste, dass sie ihn nicht verdiente. »Und was für ein Unglück, dass ich gerade im Begriff bin zu gehen.«
»Ich werde Sie nicht lange aufhalten.« Sie trat einen Schritt vor und er einen zurück. »Ich habe noch ein paar Fragen, Mr. Monroe, und entweder beantworten Sie sie mir ganz ungezwungen hier oder offiziell auf der Wache, wobei ich anzumerken habe, dass Sie befugt sind, Ihren Anwalt oder Rechtsberater hinzuzuziehen.«
Seine wohl geformten Brauen schossen in die Höhe. »Ich verstehe. Ich dachte, über dieses Stadium wären wir hinaus. Aber gut, Lieutenant, schießen Sie los.« Er ließ die Tür wieder ins Schloss gleiten. »Das Ungezwungene ist mir doch lieber.«
»Wo waren Sie vorgestern Abend zwischen acht und elf?«
»Vorgestern Abend?« Er zog einen Terminkalender aus der Tasche und drückte ein paar Tasten. »Ah, ja. Um sieben Uhr dreißig habe ich eine Klientin abgeholt, um mir mit ihr zusammen die Acht-Uhr-Vorstellung im Grande Theater anzusehen. Sie spielen was von Ibsen – deprimierendes Zeug. Wir saßen in der dritten Reihe, Mitte. Die Vorstellung endete kurz vor elf, und dann haben wir gemeinsam zu Abend gegessen. Hier. Ich hatte sie bis drei Uhr morgens bei mir zu Gast.«
Lächelnd steckte er seinen Kalender wieder ein. »Bin ich damit vom Haken?«
»Wenn Ihre Klientin Ihre Aussage bestätigt.«
Sein Lächeln verwandelte sich in einen Ausdruck des Schmerzes. »Lieutenant, Sie ruinieren mein Geschäft.«
»Irgendjemand ruiniert nicht nur das Geschäft Ihrer Kolleginnen, sondern bringt sie sogar um«, erklärte sie ihm wenig freundlich. »Name und Tele-Link-Nummer, Mr. Monroe.« Sie wartete, bis er ihr mit Trauermiene die gewünschten Daten gab. »Kennen Sie Lola Starr?«
»Lola, Lola Starr… kommt mir nicht bekannt vor.« Wieder zog er seinen Kalender aus der Tasche und überflog die Adressendatei. »Anscheinend nicht. Warum?«
»Sie werden es morgen früh in den Nachrichten hören«, war alles, was Eve sagte, als sie die Tür wieder öffnete. »Bisher waren es nur Frauen, Mr. Monroe, aber ich an Ihrer Stelle wäre bei der Auswahl neuer Kunden äußerst vorsichtig.«
Mit dröhnendem Schädel ging sie in Richtung Lift. Unweigerlich blickte sie in Richtung der Tür von Sharon DeBlass’ Apartment, an der das rote Sicherheitslämpchen der Polizei blinkte.
Sie musste schlafen, sagte sie sich streng. Sie musste nach Hause und wenigstens eine Stunde lang nicht denken. Trotzdem gab sie ihre Nummer ein, um das Siegel zu öffnen, und betrat ein paar Sekunden später das Heim der toten
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