Rendezvous mit Mr Darcy
Ja. Nun, warum gehen wir nicht zurück auf den Ball?«
Chloe trat von den hölzernen Türen weg, die in Kalksteinblöcke eingefasst waren, und hob die Laterne auf.
Sie holte Atem. »Ich dachte, dies wäre ein Räucherhaus.«
Henry hob seine Laterne hoch und beleuchtete damit die Türen des Eishauses, die rot lackiert waren, was Chloe bisher nicht aufgefallen war. Er zog einen Schlüsselring aus der Tasche seines Gehrocks, schloss die Türen auf, trat dagegen, und eine Welle kühler, erdiger Luft drang heraus und hüllte Chloe ein. Wieso besaß er die Schlüssel zum Eishaus?
»Kommen Sie herein und schauen Sie es sich an«, meinte Henry, und seine Stimme hallte im Inneren des Hauses wider.
Sie warf noch einen Blick zurück über die Schulter in den Wald, doch Henrys Worte lockten sie hinein.
»Sehen Sie, das Innere besteht aus fast fünfundzwanzig Zentimeter dickem Mauerwerk.« Er hielt die Laterne hinauf zur Decke, und plötzlich sah Chloe Henry vor sich, wie er in Jahren, nein, sogar in Jahrzehnten auftreten würde. Auch in dieser noch so weit entfernten Zukunft würde er seine Frau auf Dinge wie die Friese des Parthenon oder auf Baguettes in einem Schaufenster in einer Bäckerei in Paris aufmerksam machen.
Während Chloe sich in das kuppelförmige, bienenstockartige Gewölbe vorwagte, hüllte sie der Geruch schmelzenden Schnees ein.
Henry schwenkte seine Laterne in Richtung der großen, riesigen Eisblöcke, die mit Stroh bedeckt waren. Irgendwo im Innern schien Wasser durch eine Rinne nach unten zu tröpfeln. Die Kälte des Bodens drang durch Chloes Kalbslederstiefel, und sie begann an den Beinen zu frieren. Henry stieß die Holztüren fast zu. »Man würde meinen, sie hätten das Eishaus benutzt, um hier ihr Fleisch und ihren Fisch aufzubewahren, aber das taten sie nicht. Sie schnitten im Winter Eis aus den Teichen, bedeckten es mit Stroh, um im Sommer daraus Eiscreme, kalte Getränke und Weincreme zu machen. Wenn ein Haus solche Annehmlichkeiten im Sommer anbieten konnte, hob es die gesellschaftliche Stellung seines Besitzers …«
Diese kleine Geschichtsstunde wäre interessant gewesen, hätte Chloe sich nicht gefragt, wann Sebastian hier auftauchen würde. Sie schob die Holztüren wieder auf, und Henry ließ seinen Arm fallen, die Laterne schwenkte nach unten.
Er räusperte sich. »Tut mir leid, Sie zu langweilen …«
»Oh nein – nein – das tun Sie nicht. Überhaupt nicht! Es ist nur so, dass …«
»Erlauben Sie mir, Sie zurück nach Bridesbridge zu begleiten.« Er hielt ihr die Türen auf, schloss sie hinter ihr ab und steckte die Schlüssel wieder in die Tasche seines Gehrocks. Er band sein Pferd los und brachte es zu ihr. »Lassen Sie mich Ihnen auf das Pferd helfen.« Er beugte sich vor und verschränkte seine Hände, um ihr hochzuhelfen. Das Pferd neigte seinen Kopf nach unten, und seine Mähne fiel ihm in die Augen, als wollte es ebenfalls kundtun, sie sollte endlich zurückgehen.
Doch Chloe stieg nicht auf das Pferd. »Nein – nein, danke.« Sie umklammerte den Griff der Laterne.
Chloe glaubte, in der Ferne das Geräusch von Hufen zu hören. Das Feuer war fast schon völlig ausgegangen, und Henry bückte sich, um seine Laterne aufzuheben und sie in den dunklen Wald zu halten. Auch er hatte ein Pferd vernommen. Er stieg auf sein Pferd und schaute hinunter auf Chloe. »Sie treffen sich mit Sebastian hier, nicht?«
Ein Windhauch erfasste sie. Sie starrte in die glühende orange-schwarze Asche des Feuers und musste an Abigail und William denken.
»Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
Das Geräusch der Hufe war nicht mehr weit von ihnen entfernt. Eine Laterne flackerte zwischen den Bäumen auf. Henry zog an den Zügeln, machte eine Kehrtwendung mit dem Pferd, blickte zurück über die Schulter und nickte mit dem Kopf. Seine Augen schauten an Chloe vorbei auf das Eishaus. »Leben Sie wohl.«
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, um etwas zu sagen, doch sein Pferd preschte los und wedelte dabei mit seinem Schweif, als wäre Chloe eine Fliege, die vertrieben werden müsste. Dann wirbelte es Schlammbrocken auf, während es davongaloppierte. Und dann war auch Henry in der blauen, vom Mond beschienenen Dunkelheit plötzlich verschwunden.
Sie ging mit sich energisch zu Gericht: So sehr sie Henry auch wollte, sie konnte ihn nicht haben! Es war Sebastian, der für sie vorgesehen war.
Sie presste ihren Rücken gegen die kalten Holztüren des Eishauses und spürte eine Gänsehaut
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