Rendezvous mit Mr Darcy
Lichtstrahl auf sein Gesicht. Ihr Kopf lag in seinem Schoß, während er auf ein Knie niedergelassen hatte. Sie hörte das Plätschern des Wassers in der Schlucht. Ihr Haarknoten rieb an seiner Männlichkeit, wie man im neunzehnten Jahrhundert wohl gesagt hätte. Oder war das nur in Liebesromanen so? Benommen wandte sie ihren Blick auf seine nackte Brust. Seine Haut fühlte sich warm an ihrer kalten, feuchten Wange an. Seine Brustmuskeln waren makellos. Ein kiefernartiger Duft ging von ihm aus. Oder war das nur der Waldboden?
»Henry.«
Er beugte sich zu ihr, sie hob ihren Kopf an, und er küsste sie mit einer solchen Sehnsucht und einem solchen Verlangen, dass es Chloe überraschte und erzittern ließ.
Genauso plötzlich hörte er auf, ließ langsam ihre Unterlippe los und lächelte. »Und jetzt werden Sie mir erzählen, dass Sie nicht in Ohnmacht gefallen sind.«
»Ich falle nie in Ohnmacht.«
»Natürlich nicht.« Er setzte an, sie noch einmal zu küssen, doch in dem Moment bemerkte Chloe, wie ein Kameramann seitlich von der Schlucht auf sie zukam.
Mit Henrys Hilfe kam sie wieder auf die Beine, und sie drehte ihr Gesicht zur Kamera. Blut stieg ihr in den Kopf. Der Kameramann hatte nicht mitbekommen, dass ihr Kopf in Henrys Schoß gelegen hatte, oder? Was war nur in sie gefahren? Ein Zittern überkam sie, und ihre Zähne begannen unkontrolliert zu klappern. Das hier entsprach nicht dem von ihr geplanten Ende, ganz und gar nicht.
10. K apitel
»Willkommen zur vorletzten Einladungszeremonie, meine Damen«, sagte der Butler und rieb sich die Hände wie ein erfahrener Spieler.
Die Kameras schwenkten von ihm hinüber zu den fünf Frauen, die in ihren Abendkleidern vor dem Pianoforte im Salon von Bridesbridge Place saßen. Ihre Anstandsdamen saßen nervös in der Nähe des Spieltischs. Mrs Crescent senkte ihren Kopf und blickte auf das Porträt von William in ihrem Medaillon, während Fifi zu ihren Füßen herumtollte und keine Ruhe geben wollte.
Auch wenn Chloe sich umgezogen hatte und jetzt ein gelbes Kleid mit einer Straußenfeder im Haar trug, roch sie immer noch nach Pferd und Mist, und sie konnte den Gedanken an den Kuss von Henry nicht aus ihrem Kopf bekommen. Nun gut, aus irgendeinem Grund zog er sie an, aber wie hatte sie das nur tun können – was für ein Fehler! Sie glaubte nicht, dass der Kameramann den Kuss eingefangen hatte, das hätte sie bestimmt inzwischen erfahren. Vier Jahre lang hatte es in ihrem Leben keinen einzigen Mann gegeben, und jetzt gleich zwei? Das war eigentlich einer zu viel. Henry küssen? Das hätte nie passieren dürfen, und sie schwor sich, es würde nie wieder vorkommen. Glücklicherweise würde sie ihn heute Abend wegen der Einladungszeremonie nicht sehen, sondern nur Sebastian. Sebastian … Sie lächelte.
Doch es war Henry, der sie, trotz seines verletzten Beins, auf ihr Pferd gesetzt und beide Pferde zurück nach Bridesbridge geführt hatte, mit einer Kamera im Schlepptau. Er hatte sie rechtzeitig zurückgebracht, sodass sie sich waschen, umziehen und sogar noch um die letzten Einzelheiten für den Tee nach der Jagd als Gastgeberin kümmern konnte. Wäre es doch nur Sebastian gewesen!
Da war sie nun und dachte über die Männer und nicht über das Geld nach!
Sie tastete nach ihrem Pompadour aus glänzender kastanienbrauner Seide, den sie während ihrer Nähstunden genäht und mit gestickten goldenen Pferden verziert hatte. Auch wenn er gerade groß genug war für die Visitenkarten einer Frau – so konnte dennoch ein einfacher Wunsch darin aufbewahrt werden. Der Wunsch, zu bleiben.
»Es gibt fünf Damen«, fuhr der Butler fort, »und drei Einladungen.«
Ein Diener spazierte in den Raum hinein und stellte ein Silbertablett auf den Marmortisch vor dem Feuer. Drei frische Einladungen lagen fächerförmig darauf, alle mit einem roten W aus Wachs versiegelt.
»Zwei von ihnen werden uns gleich verlassen.« Der Butler sah Chloe direkt in die Augen.
Chloe blickte hinunter auf ihren Pompadour. Es war vorbei. Sie würde noch heute Abend wieder auf dem Weg nach Hause sein, und das Beste, was sie sich von diesem Martyrium erhoffen konnte, war etwas Werbung für ihr Geschäft.
»Darf ich Sie daran erinnern«, bemerkte der Butler, »dass Lady Grace die Fuchsjagd vor Miss Tripp, der Zweitplatzierten, und Miss Harrington, der Drittplatzierten, gewonnen hat.«
Chloe biss sich auf die Unterlippe, was in diesem Fall aber egal war, da sie ohnehin keinen Lippenstift trug.
»Die
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