Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
Vom Netzwerk:
auf einen der vom Leben gezeichneten Stühle sinken.
    Während Steven und Dillon im Flur verschwanden, lehnte ich den Kopf nach hinten gegen die Wand und schloss die Augen. Ich war so gut wie eingeschlafen, da hörte ich, wie sich jemand räusperte. Ich öffnete ein Auge. Hinter dem Tresen stand Dillon.
    »Na, genug Jagdgeschichten ausgetauscht?«, fragte ich.
    Dillon strahlte mich an. »Ihr Freund hat mir erzählt, dass er selbst nicht jagt – wirklich schade, ich glaube, er hätte Freude daran. Er wäscht sich eben noch die Hände und hat mich gebeten, nach Ihnen zu sehen und Sie zu beschwichtigen, falls sie ungehalten wären, weil wir so lange gebraucht haben.«
    Ich setzte mich gerade hin und gähnte. »Nein, ich bin nicht sauer.«
    Nervös an seinem Jackett zupfend, suchte Dillon wohl krampfhaft nach einem Thema, das nicht mit Waffen, wilden Tieren oder deren postmortaler Behandlung zu tun hatte. Ich stand auf, streckte mich und hoffte, dass Steven nicht mehr lange brauchte. »Kannten Sie und Andrew sich gut?«, fragte ich, um die unbehagliche Stille zu füllen.
    »Nein, nicht sonderlich. Wir waren beide Mitglied im Jagdverband von Uphamshire, aber er hielt sich an Enten und Wachteln, während mich etwas größere Herausforderungen reizen. Außer bei den Versammlungen haben wir uns nicht regelmäßig gesehen.«
    »All.« Ich nickte. Der gute Mann war sterbenslangweilig. »Worauf sind Sie eigentlich beruflich spezialisiert?«
    »Ich mache ein bisschen von allem. Steuerrecht, Baurecht, Familienrecht und ab und zu ein bisschen Schuldrecht zur Abwechslung. Wenn man der einzige Anwalt am Platze ist, sollte man Ahnung von den verschiedensten Gebieten haben.«
    »Verstehe. Vielleicht können Sie mir ja helfen, Mr Dillon. Ich muss sagen, ich finde diese Gegend einfach traumhaft, und ich überlege, mich hier nach einem Ferienhaus umzuschauen. Gibt es hier einen Immobilienmakler, den Sie mir empfehlen könnten?« Ich dachte an Mirabelles Bemerkung, wonach sie Ärger mit einem Makler hatte, der ihr Grundstück an ein auswärtiges Paar verkaufen wollte. Das kam mir faul vor, und ich wollte gern mehr darüber wissen.
    »Es gibt hier nur einen Makler, Curt Bancroft. Er ist an der Ecke Main Street/Second Street. Wir sagen einander gelegentlich Bescheid, wenn wir von einem möglichen Auftrag für den anderen hören.«
    »Vielen Dank, Mr. Dillon.« Da kam auch schon Steven zurück, rieb sich den Magen und machte ein leicht verlegenes Gesicht. »Entschuldige. Das Chili heute Mittag hat sich nicht so gut mit meinem Magen vertragen. Bist du fertig, M. J.?«
    »Klar. War schön, Sie kennenzulernen, Mr Dillon.«
    »Ganz meinerseits«, verabschiedete er sich und sah uns nach, als wir das Büro verließen.
    Ein Stück entfernt sagte ich: »Chili, hm? Ich dachte, ich hätte dich einen Burger essen sehen.«
    Steven ging nicht darauf ein. »Wie viel Uhr ist es?«
    »Halb fünf. Warum?«
    »Folge mir.« Und er ging über die Straße und in eine Eisenwarenhandlung.
    »Was wollen wir hier?«, fragte ich, kaum über der Schwelle.
    »Wie sagt man hier, wenn man Zeit vorbeigehen lassen will, während man wartet?«
    »Sich die Zeit vertreiben.«
    »Okay, wir vertreiben also die Zeit.« Er zog mich in einen Gang mit Gartenschläuchen und Rasenpflegegeräten. Ich sah ihn fragend an. Er sagte nur: »In einer halben Stunde erkläre ich es. Jetzt folge einfach meinem Beispiel.«
    Wir trieben uns so lange in dem Laden herum, dass der Besitzer aufmerksam wurde, ein hagerer Mann mit grauenhaft überkämmter Halbglatze. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Nein, wir besorgen nur.«
    »Er meint, wir schauen nur«, sagte ich hastig. »Wir schauen uns nur um.«
    »Mhm«, sagte der hagere Mann. Ihm war anzusehen, dass er mir kein Wort glaubte. »Wenn Sie Hilfe brauchen, sagen Sie Bescheid.« Er schlängelte sich wieder zu seinem Sitz hinter dem Ladentisch durch und ließ uns nicht mehr aus den Augen.
    »Wie viel Uhr ist jetzt?«, fragte Steven.
    »Fünf nach fünf. Du darfst mich jetzt gern aufklären, wenn du willst.«
    »Wir warten noch zehn Minuten. Dann gehen wir. Hilf mir, etwas zu suchen, was wir kaufen können. Der Mann da hinten sieht wütend aus.«
    Wir kauften ein paar Schrauben mit Unterlegscheiben und einen Schraubenzieher für einen Wucherpreis von fünf fünfundneunzig und verließen den Laden. Ich folgte Steven zurück über die Straße. Ich war extrem neugierig, was er vorhatte, aber ein nagendes Gefühl sagte mir, dass es mir nicht gefallen

Weitere Kostenlose Bücher