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Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Titel: Renner & Kersting 01 - Mordsliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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andere Themen als Diät oder Mode reden konnte. Beim Abschied versprachen sie einander, in Verbindung zu bleiben. Sie, Helga, freute sich auf das Wiedersehen und plante insgeheim schon einen gemütlichen Abend zu viert vor dem Kamin. Auf der Rückfahrt erklärte Hans-Werner jedoch, er dächte gar nicht
daran, diese Leute einzuladen. „Der Mann besitzt nicht einmal ein eigenes Revier. Der kann froh sein, wenn er ab und zu mal bei einer Jagd mitmachen darf. Was soll ich mit so einem Typ anfangen? Und im Übrigen ist er als kleiner Angestellter im Kulturamt sowieso uninteressant. Also vergiss die beiden!” Viel zu schockiert und wahrhaft sprachlos, gelang es ihr nicht, auf seine Kaltschnäuzigkeit zu reagieren. Erst viele Erfahrungen später vermochte sie, aus dieser Äußerung Rückschlüsse auf seinen Charakter zu ziehen.
    Auf der anderen Seite erwartete er von ihr Freundlichkeit gegenüber einem schleimigen Busengrabscher, weil der Kerl das erlegte Wild kostenlos auf Trichinen untersuchte und außerdem preisgünstigen Futtermais für die Winterfütterung besorgen konnte. Ihre Weigerung, sowie ihr Ärger über seine Ignoranz und Arroganz führten zum ersten großen Streit. Zusätzlich litt sie darunter, nur als Anhängsel toleriert zu werden und kein Ansehen aus sich selbst mehr zu besitzen. „Ach, Sie sind die neue Freundin von Hans-Werner!”, hörte sie damals als ständige Begleitmusik. Das hatte sie geärgert. So sehr sie sich auch bemühte, schaffte sie es doch nicht, in seinen Kreisen als eigenständige Person akzeptiert zu werden. Allmählich lockerte sie deshalb die Beziehung. Sie glaubte, es sei in beiderseitigem Einverständnis geschehen. Erst beim letzten Treffen wurde ihr deutlich, wie mies er eigentlich war. Eine kleine graue Maus, hatte er sie genannt, die froh sein sollte, dass sich überhaupt ein Mann um sie kümmerte. Je lauter er brüllte, umso kälter wurde sie. Die Auseinandersetzung erleichterte ihr vieles. Zum Glück hatte sie ihn durchschaut, bevor eine Trennung zu schmerzhaft geworden wäre. Trotzdem sah sie manchmal noch sein jungenhaftes Grinsen oder seine vor Erregung glitzernden Augen vor sich.
    Sie dachte an Kersting. Der verkörperte einen ganz anderen Typ. Trotz der vielen negativen Erfahrungen seines Berufes war er kein abgebrühter Zyniker, sondern besaß Mitgefühl. Sonderbar gerührt dachte sie daran, wie er auf dem Parkplatz vor der Schule einem Schnorrer ein Geldstück zugesteckt hatte. „Sind Sie immer so großzügig?”, hatte sie gefragt, und er hatte etwas über „dann und wann eine gute Tat tun” gemurmelt. Ein merkwürdiger Polizist! Und er interessierte sie immer mehr.
    Was sollte sie heute Abend anziehen? Erwartungsvoll öffnete sie den Kleiderschrank. In der Schule bevorzugte sie den eleganten Stil. Auch wenn sie es anderen gegenüber nie zugeben würde, wusste sie doch genau, dass er Distanz schaffen sollte, hauptsächlich gegenüber nörgelnden Eltern, aber auch unliebsame Kollegen hielt sie dadurch von sich fern. Sie verbarg sich gerne hinter der Eleganz, obwohl sie wusste, dass sie dadurch im Kollegium unangenehm auffiel.
    Für das heutige Treffen wählte sie einen Hosenanzug, der genau zur Farbe ihrer Augen passte. Die Jacke war lang genug, um einerseits die kleinen Polster an den Hüften zu verbergen und andererseits so geschnitten, dass sie ihre schlanke Figur betonte. Dazu trug sie eine weiße Seidenbluse und ein buntbemaltes Seidentuch.
    Sie freute sich auf den Besuch beim Griechen. Mit Hans-Werner hatte sie nie dort essen können, da er nicht nur Angst vor unbekannten Gewürzen hatte, sondern auch seine Vorurteile gegenüber ausländischen Restaurants pflegte. Sie selbst liebte es, Neues auszuprobieren. Wie konnte dieser Mann sie eine graue Maus und Langweilerin nennen, wenn sie diejenige war, die sich allem Unbekannten öffnete, während er immer am Althergebrachten festhielt. Zutiefst befriedigt registrierte sie, dass sie endlich lachen konnte über dessen Machoallüren. Jetzt würde sie ihn hoffentlich bald vergessen, ihn und den Spaß, den sie trotz allem miteinander gehabt hatten.
     
    Gereizt und verärgert hockte Helga hinter dem Lenkrad. Ein Linienbus, für den es keine Haltebuchten gab, sowie eine Baustelle ließen sie nur im Schneckentempo vorankommen. Erst als sie in die Körnerstraße einbog und nach dem Restaurant ausschaute, dachte sie darüber nach, was sie dem Polizisten erzählen wollte, beziehungsweise ob sie ihm überhaupt etwas

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