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Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Titel: Renner & Kersting 01 - Mordsliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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sich gesetzt, wurde das Ende der Garphase angezeigt. Der entweichende, würzige Duft erinnerte sie an ihren knurrenden Magen. Ali holte Brot und Besteck aus dem Schrank und erklärte kategorisch: „Iss die Suppe und hör zu. Du wirst Augen machen.” Sie nahm einen tiefen Zug aus ihrer Zigarette, blickte auf Helgas gefüllten Teller und drückte diese dann demonstrativ aus.
    „Ich war bei Maître Jean-Jacques, ich hatte mal gehört, dass einige von Lemberts Damen regelmäßig dort hingehen.”
    „Und du hast dich für eine von denen ausgegeben?”, fragte Helga prustend, dass die Suppe vom Löffel schwappte.
    „Also wirklich! Kannst du nicht mal ernst bleiben? Ich weiß schließlich genau, was ich mir zumuten kann und was nicht.”
    Die Partnerin war sich da nicht sicher, aß jetzt aber schweigend weiter.
    „Nein, ich hab mich erst mal ganz allgemein erkundigt und dann so getan, als ob ich arme Hausfrau dringend einen Nebenverdienst bräuchte. Ich hatte Glück, die Friseurin wusste nicht nur bestens Bescheid, sie sprang auch sofort auf meine Andeutungen an.”
    So wie Helga Ali kannte, waren die ›Andeutungen‹ mit Sicherheit ziemlich eindeutig gewesen.
    „Pass auf, du wirst staunen. Lembert gehören ein paar spezielle Wohnungen, in denen ausschließlich Huren der gehobenen Klasse arbeiten. Einige von denen sind sogar verheiratet und tun es aus Langeweile, wenn sie Zeit und Lust haben oder Geld brauchen. Und angeblich sind die Frauen zufrieden, sowohl mit ihrem Job als auch mit Eddi. Kannst du dir das vorstellen?”
    „Warum nicht? Wenn er ihnen nicht zuviel abknöpft und dafür sorgt, dass die Kunden zahlen und nicht gewalttätig werden.”
    „Ich verstehe das zwar nicht, aber nun gut … Ich glau be, nein, ich bin sicher, dass auch Sandras Mutter für ihn gearbeitet hat oder noch arbeitet. Und ich bin auch sicher, dass er Sandra umgebracht hat, weil ihm das Kind im Wege war. Eine Nutte, die nebenbei für ihr Kind sorgen muss, wo gibt’s denn so was?” Der spöttische Tonfall zeigte Helga wieder einmal, dass Ali in einer behüteten Welt aufgewachsen war und offensichtlich immer noch lebte. Sie war glücklich verheiratet – so erschien es der Lehrerin jedenfalls – besaß ein großes Haus, zwei gut erzogene Kinder und nutzte ihre freie Zeit, um in der Kirchengemeinde und der Schule ehrenamtlich mitzuarbeiten. Trotz ihres sozialen Engagements und der daraus resultierenden Erfahrungen entstammte der Großteil ihrer Ansichten jedoch der heilen Welt der Kindheit. Und wie schon zu Beginn ihrer Partnerschaft fragte sich Helga, wie Ali es geschafft hatte, so naiv zu bleiben. Sie kannte Ali inzwischen gut genug, um sicher zu sein, dass diese keine Rolle spielte, sondern genau so war, wie sie sich nach außen gab, sprühend vor Energie und Hilfsbereitschaft, dabei leichtgläubig, wenn die Aussagen in ihr Weltbild passten und misstrauisch, wenn das nicht der Fall war.
    „Das muss ihn mächtig gestört haben! Stell dir vor, er hat einen spendablen Freier, und sie lehnt ab, weil ihr Kind die Masern hat oder sie keinen Babysitter findet oder so. Und sie hat sich ja um ihre Tochter bemüht, wenigstens zeitweise. Also sorgte Lembert dafür, dass das Kind … äh verschwand. Und Benjamin hat was mitgekriegt, entweder weil er sich häufig in fremden Häusern rumtrieb oder weil sein Stiefvater in spe beteiligt war. Und deshalb musste er auch dran glauben! Na, was sagst du zu meiner Theorie? Nur so kann es gewesen sein!”
    Sie holte tief Luft, verschränkte die Arme und blickte Zustimmung heischend Helga an. Die schob den geleerten Teller beiseite. Zu Ali hochblickend bemerkte sie die im Licht der Frühlingssonne tanzenden Staubkörnchen. Ihr fiel ihre nicht erledigte Hausarbeit ein. Doch die Zeiten, in denen sie deswegen ein schlechtes Gewissen quälte, waren vorbei. Auch das hatte sich relativiert.
    „Die Theorie klingt nicht schlecht, aber es ist nur eine Theorie und eine längst überholte dazu”, erklärte Helga müde. „Sag bloß, du hast noch nicht mitgekriegt, dass heute Morgen wieder ein Kind gefunden wurde? Marcel Wohman aus der ersten Klasse.”
    „Was? Um Himmels willen! Nein, ich habe nichts gehört. Ich saß doch den ganzen Morgen beim Frisör, und … und da wussten sie nichts davon. Es war wenig Betrieb, ich war die einzige Kundin, nur deshalb konnten wir überhaupt so ausgiebig quatschen.” Pause. „So eine Scheiße! So eine verdammte Scheiße. Warum die Kinder? Der Kerl muss verrückt sein, total

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