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Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Titel: Renner & Kersting 01 - Mordsliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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halte ich den Mund.”
    „Gut!”
    „Erzähl mal, was du über Verrückte weißt. Und bei dem Thema fällt mir Wohman ein. Hast du noch etwas über ihn rausgefunden? Er steht mit Abstand an der Spitze unserer Liste: die Opfer kannten ihn, er läuft im Park rum, streichelt kleine Mädchen, er trägt zwar keinen Wollmantel aber einen grauen Wollschal und schwarze Handschuhe besitzt er auch.”
    „Marcel war sein Sohn. Ein Vater wird doch nicht sein eigenes Kind ermorden!”
    „Wenn er geistig nicht normal ist? Vielleicht wusste er in dem Moment nicht, dass er seinen Sohn vor sich hat.”
    „Das wäre möglich. – Eine Psychose entwickelt sich ja nicht von heute auf morgen, das kann viele Jahre dauern. Ursache sind meist Erlebnisse in der Kindheit; furchtbare, grausame Geschehnisse, die kein Kind verarbeiten kann. Und so werden sie gleichsam eingekapselt wie Krankheitserreger, bis ein Schlüsselerlebnis sie freisetzt. Dann führen sie zu Wahrnehmungsverzerrungen und zwingen zum Töten. Das heißt, immer dann, wenn der Täter ein Kind sieht, das ihn an eine bestimmte Situation erinnert, wird er zum Mörder.”
    „Ach du Scheiße, dann müssen wir ja Wohmans gesamte Kindheit überprüfen.” Ali hob lauschend den Kopf. „Einen Moment bitte, ich will nur schnell nach den Kindern sehen, sie sind verdächtig leise.”
    Helga bemerkte jetzt erst, wie ruhig es geworden war. Das Kindergeschrei, das vorhin noch vom Garten hereingedrungen war, war verstummt. Heute Nachmittag spürte sie wieder einmal, wie schwierig es ist, Kinder zu erziehen. Merklins besaßen immerhin ein Haus mit Garten, aber was sollten die Eltern tun, die sich auf eine kleine Mietwohnung beschränken mussten?
    „Na, was ist los?”
    „Sie amüsieren sich mit meiner Schminke. Mir soll’s egal sein, solange sie nicht Schränke oder Wände bemalen.”
    „Nachdem du ihnen mit schlechtem Beispiel vorangegangen bist, kannst du nicht erwarten, dass die Mädchen Zurückhaltung üben.” Die Lehrerin grinste.
    „Du hast gut reden! Schließlich …” Nach einem Blick auf Helga schluckte Ali den Rest ihrer Ansprache hinunter. Es gab Dinge, die sie trotz der sich entwickelnden Freundschaft besser nicht aussprach. „Sag mal”, fuhr sie nach einer kurzen Pause fort, „hast du nicht am Telefon ein Gespräch mit eurem Hausmeister erwähnt? War das rein dienstlich oder hatte es mit unseren Nachforschungen zu tun?”
    „Letzteres. Ich wollte etwas überprüfen.”
    Nach dem Ende der sechsten Schulstunde erschien das große Gebäude regelmäßig wie verwaist. Ein paar Kinder trödelten noch auf dem Schulhof herum, die meisten begaben sich jedoch schnell auf den Heimweg oder zu einem der Kioske, die erst dann schlossen, wenn auch der letzte Schüler seinen Kaugummi erhalten hatte. Helgas Schritte erklangen in den leeren Fluren hohl und unwirklich. Sie suchte den Hausmeister. Ellis Behauptungen zufolge, sollte er wissen, was sich nachmittags in der Umgebung abspielte. Angestrengt überlegte sie, wie sie ihn unauffällig in ein Gespräch verwickeln könnte. Da er jeder Arbeit aus dem Weg ging, mied er die Lehrer, wann immer es möglich war. Seiner Meinung nach, bedrängten diese ihn viel zu oft mit Sonderwünschen. Schließlich fand Helga ihn im Heizungsraum, wo er den Kessel kontrollierte. Mit der Bitte, einen Nagel in die Wand zu schlagen, um ein Handtuch aufhängen zu können, hatte sie ihn schnell in eine Unterhaltung hineingezogen .
    „Aber deshalb muss ich doch keinen Nagel einschlagen, Frau Renner, es gibt Aufhänger, die man nur auf die Fliesen zu kleben braucht”, sagte er sehr von oben herab, als ob sie nicht fähig sei, mit den einfachsten Gegebenheiten des Alltags zurechtzukommen. „Kaufen Sie so einen.” Diesen Tonfall konnte Helga auf den Tod nicht ausstehen. Sie begann innerlich zu kochen und musste sich zur Ruhe zwingen. Leise zählte sie bis fünf, während sie tief einatmete.
    „In meiner Klasse sind keine Fliesen, und auf dem rauen Verputz hält kein geklebter Aufhänger. Aber ich verstehe natürlich, wenn Sie zuviel zu tun haben, um mir in der Sache behilflich zu sein”, fügte sie hinzu, bemüht die Ironie nicht durchklingen zu lassen.
    „Sie haben ja keine Ahnung, was hier los ist. Dauernd geht was kaputt und muss repariert werden. Und dann die vielen Sonderwünsche der Lehrer. Ich weiß gar nicht, wo mir der Kopf steht”, lamentierte er, während er sich mit beiden Händen durch die nicht vorhandenen Haare fuhr. „Und dann diese

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