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Renner & Kersting 02 - Mordswut

Renner & Kersting 02 - Mordswut

Titel: Renner & Kersting 02 - Mordswut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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lange Zeit, wenn er bedachte, dass er sie sonst wenigstens einmal, meistens sogar zweimal am Tag angerufen hatte. Das verdiente sie nun wirklich nicht. Nicht, dass er die Nacht auf dem Sofa bereute, die Kleine war einfach süß gewesen. Und so zutraulich. Genau der Typ, den er sich als Tochter wünschen würde. Auch Anja war ihm sympathisch. Mit ihren langen blonden Haaren, die sie zu einem Zopf zusammengefasst hatte, und der Stupsnase wirkte sie jünger als sie eigentlich war. Sie hatte die falsche Entscheidung getroffen, als sie Maylinns Vater heiratete, das gab sie offen zu. Doch sobald sie ihren Fehler erkannt hatte, tat sie alles, ihn zu bereinigen. Nicht nur, dass sie die Scheidung vorantrieb, sie sorgte auch dafür, dass sie das alleinige Sorgerecht erhielt. Ein Mann, der den Unterhalt nach Lust und Laune zahlte, seiner Tochter nur Enttäuschungen bereitete, weil er kein Versprechen hielt – so ein Mann sollte nicht über ihre Tochter mitbestimmen dürfen.
    Sie hatte ihm das alles ruhig und sachlich erzählt, weder gejammert noch gestöhnt, obwohl es sicher nicht einfach für sie gewesen war. Kersting fuhr auf die Autobahn, um schneller in die Innenstadt zu kommen. Die Wolken rissen langsam auf, immer mehr Sonnenstrahlen fanden ihren Weg hindurch und versprachen einen schönen Tag. Da dachte er an seine nachmittägliche Verpflichtung, und der Traum von einem erholsamen Wochenende war ausgeträumt.
    In seiner Wohnung ließ er erst einmal ein Bad ein und rasierte sich anschließend. Im Gegensatz zu vielen anderen Männern mochte er sich mit Zweitagebart nicht leiden.
     

20
    An diesem Samstag wachte Helga mit Kopfschmerzen auf. Gestern Abend hatte sie entschieden zu viel getrunken. Doch irgendwie musste sie ihren Frust und ihre Enttäuschung hinunterspülen. Wie hatte sie nur glauben können, Klaus sei anders als die Männer, die sie bisher kennen gelernt hatte. Nun, dachte sie mit einem Anflug von Galgenhumor, brauchte sie wenigstens nicht mehr auf einen Anruf zu warten. Nach ein paar Tassen Kaffee ging es ihr wenig besser, und sie beschloss dem samstäglichen Trubel zum Trotz in die Innenstadt zu fahren, um Andreas Eltern zu besuchen. Sie kannte das Hotel Lex, das ganz in der Nähe des Theaters lag, klein und gemütlich war und schon viel Prominenz beherbergt hatte.
    Die junge Dame an der Rezeption war von Abreisenden umgeben, sodass Helga nicht warten mochte und gleich weiterging zum Frühstücksraum, der mit seinen Holzpaneelen und fein gedeckten Tischen äußerst einladend wirkte. An der linken Seite befand sich ein reichhaltiges Büffet. Helga blieb überrascht stehen. So viele Gäste hatte sie nicht erwartet. Wie sollte sie die Michalsens herausfinden? Da kam auch schon die Inhaberin auf sie zu, fragte nach ihren Wünschen und führte sie zu einem Tisch am Fenster.
    Den alten Leuten war der Kummer kaum anzusehen. Sehr gerade und beherrscht saßen sie dort, als Helga sich vorstellte. Beide freuten sich, mit einer Bekannten ihrer Tochter reden zu können. Die Kollegen aus Oldenburg und die eingeladenen Jugendfreunde waren gar nicht erst angereist, sodass Herr und Frau Michalsen sich fremd und allein gelassen fühlten. Sie nötigten Helga zum Sitzen und baten die Kellnerin um mehr Kaffee. Als alle versorgt waren, berichteten sie von ihrem Besuch im Krankenhaus, wobei sie sich gegenseitig immer wieder unterbrachen. Sie erzählten von Andrea, die apathisch und nicht ansprechbar im Bett lag, dem Polizisten, der in ihrem Zimmer saß und ihnen gesagt hatte, dass Andrea verhaftet werden würde, sobald es ihr besser ging, und von Anja Better, der Schwester des Toten, die keine Zeit für sie gehabt hatte. Helga hörte sich alles geduldig an, trank mehr Kaffee als sie mochte und hoffte auf Neuigkeiten. Die kamen auch, leider anders als erwartet.
    „Ich habe ihr immer wieder gesagt, sie soll die Finger von dem Mann lassen. Einen Geschiedenen zu heiraten ist Sünde. Die Ehe ist ein Sakrament und daher unauflöslich.« Nervös knetete Frau Michalsen ihre Serviette. „Was Gott zusammenfügt, darf der Mensch nicht trennen. Wie konnte sie sich nur seinem Willen widersetzen, wo sie seine Gebote ganz genau kennt! – Wir sehen doch jeden Tag, welches Chaos entsteht, wenn wir uns nicht an sie halten. Und wahrhaft glücklich werden kann nur, wer sich an Gottes Gesetze hält.«
    Herr Michalsen nickte zustimmend. „Wir haben Andrea ganz in diesem Sinne erzogen. Doch leider hat sie sich in der letzten Zeit von uns entfernt.

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