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Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt

Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt

Titel: Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: mainbook
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Willen“, protestierte Leni.
    Das war das Letzte, das sie wollte. Sie sah sich nicht als Leitfigur dieses Protests. Welchen Sieg sie heute errungen hatte, wusste nur sie selbst.
    Die Erzieherin schloss hinter ihnen ab, und die kleine Gruppe machte sich auf den Heimweg.
    „Du bist ja nass geschwitzt“, stellte Arthur fest, als er Leni kurz in den Arm nahm. Fürsorglich zog er sein Jackett aus und hängte es ihr um. Verlegen bedankte sie sich und hängte sich bei ihm ein. Er war in ungewöhnlich redseliger Stimmung.
    „Das hast du einfach toll gemacht“, erklärte er ihr nun schon zum dritten Mal. Sie lachte.
    „Komm, lass gut sein. Hast du meine Hände gesehen? Ich konnte kaum das Papier halten, so sehr hab ich gezittert.“
    „Leni!“
    Sie drehte sich um. Da stand Thomas.
    „Was machst du denn hier?“, fragte sie erstaunt.
    „Kann ich dich kurz sprechen?“
    Sie machte sich aus Arthurs Arm los und nickte ihm zu.
    „Ist schon okay. Geht nur vor, ich komme gleich nach.“
    Sie stellte sich unter eine Laterne und zog Arthurs Jackett enger um sich. Thomas war bestimmt nicht gekommen, um ihr zu dem Abend zu gratulieren. Sie machte sich auf eine unfreundliche Szene gefasst. Aber er lächelte.
    „Glückwunsch, das war eine grandiose Vorstellung. Ich wusste gar nicht, was für ein Redetalent in dir steckt.“
    Sie suchte nach Zeichen von Ironie in seinem Gesicht. Die Laterne spendete wenig Licht, aber er schien es tatsächlich ehrlich zu meinen.
    „Ich war ganz schön zittrig“, bekannte sie.
    „Das hat man nicht gemerkt. Du warst einfach super.“
    Sie sollte sich freuen, aber stattdessen wurde sie unsicher.
    „Was willst du?“, fragte sie leise.
    Er senkte den Kopf.
    „Ich hab einen Fehler gemacht, einen gewaltigen Fehler. Dieses Projekt könnte mir das Genick brechen.“
    „Was habe ich damit zu tun?“, fragte sie kühl.
    „Das Center muss gebaut werden, um jeden Preis. Sonst kann ich einpacken. Hör auf mit diesem ganzen Unsinn, bevor es sich nicht mehr stoppen lässt.“
    „Das ist jetzt nicht dein Ernst!“
    Sie war blass vor Zorn.
    „
Du
hast einen Fehler gemacht. Und damit du nicht in die Bredouille kommst, soll ein ganzes Viertel niedergewalzt werden? Für wen hältst du dich eigentlich?“
    Er sank in sich zusammen. Nur kein Mitleid, sie musste sich vor Augen halten, was er ihr angetan hatte.
    „Ich dachte, vielleicht um der guten Zeiten willen. Die hatten wir doch auch, oder?“
    Sie spürte keinen Triumph, nur Mitleid und eine große Traurigkeit. So sah also das Ende aus.
    „Das werde ich nicht tun. Thomas, es tut mir leid. Und selbst wenn ich es wollte, die Sache ist schon längst viel größer geworden, als wir gedacht haben. Da gibt’s nichts mehr zu stoppen.“
    „Ich verstehe.“
    Plötzlich spürte sie den Drang, ihn in den Arm zu nehmen. Aber es gab keinen Trost, für keinen von ihnen.
    „Pass auf dich auf, hörst du? Mit Köhler ist nicht zu spaßen. Ich weiß nicht, wie weit er gehen würde, um dieses Projekt durchzuziehen.“
    Thomas klang ehrlich besorgt.
    „Mach dir um mich keine Sorgen. Ich kann gut auf mich aufpassen.“
    Sie war selbst erstaunt, wie zuversichtlich sie klang.
    Er drehte sich um und ging. Sie schaute ihm nach, wie er aus dem Lichtkegel der Laterne hinaustrat und im Dunklen verschwand.
    Arthur hatte an der Ecke auf sie gewartet.
    „Was war denn?“, fragte er forsch.
    Erst dann sah er die Tränen in Lenis Augen.
    „Nicht der Rede wert.“
    Sie biss sich auf die Lippen. Gab es etwas Schlimmeres, das man über eine Ehe sagen konnte?
    Ungewöhnlich spät erschien Leni am nächsten Morgen zum Frühstück. Sie schenkte sich Kaffee ein und schmierte ein Brot, aber nach dem ersten Bissen legte sie es auf den Teller zurück. Es schmeckte wie Pappe.
    Sie fühlte sich total gerädert. Von den Mitbewohnern war nichts zu sehen. Heute war Leni dankbar für die Ruhe. Sie wollte mit niemand reden, keine Fragen beantworten, am liebsten nicht mehr denken, wenn das möglich gewesen wäre.
    Mit der Kaffeetasse in der Hand schlenderte sie zum Couchtisch, auf dem die Zeitung lag. Die Schlagzeile sprang ihr ins Auge: ‚Bürgerinitiative macht Ernst. Leni Brandner als Leitfigur’. Darunter prangte ein Foto von ihr. Das wird Thomas gar nicht gefallen, dachte sie und genoss das kleine Triumphgefühl. Aber sofort fingen die Magenschmerzen wieder an, mit denen sie sich schon die halbe Nacht herumgeschlagen hatte. Das Bauprojekt würde auch sie nicht verhindern können, niemand

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