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Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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ein paar Sekunden sind meine Handflächen ganz verschwitzt. Ich kann Freds Ungeduld hinter seinem Lächeln spüren, den auf mir lastenden Blick seiner Vertrauten und der Mitglieder der Stadtverwaltung, die mir alle von einem kleinen abgetrennten Bereich neben der Journalistengruppe aus zusehen.
    Schnipp . Endlich kriege ich das Band durch, es flattert zu Boden und alle jubeln vor der hohen glatten Betonmauer. Der Stacheldraht darauf glitzert in der Sonne wie Zähne aus Metall.
    Anschließend begeben wir uns zu einem kleinen Empfang ins Untergeschoss einer nahe gelegenen Kirche. Die Leute essen Brownies und Käsewürfel von Papierservietten, sitzen auf Klappstühlen und balancieren Limobecher auf dem Schoß.
    Das alles – die Zwanglosigkeit, das Nachbarschaftsgefühl, der Keller der Kirche mit seinen sauberen weißen Wänden und dem schwachen Geruch nach Terpentin – ist ebenfalls sorgfältig geplant.
    Fred nimmt Glückwünsche entgegen und beantwortet Fragen zu seiner Politik und den geplanten Veränderungen. Meine Mutter strahlt; so glücklich habe ich sie noch nie gesehen. Und als sie vom anderen Ende des Raumes meinem Blick begegnet, zwinkert sie mir zu. Mir kommt der Gedanke, dass es das ist, was sie sich mein ganzes Leben lang für mich – für uns – gewünscht hat.
    Ich treibe durch die Menge, lächele, führe höfliche Gespräche, wenn ich gebraucht werde. Aber unter dem Gelächter und Geplauder werde ich von einem zischenden Geräusch verfolgt, einem Namen, der mich überallhin begleitet.
    Hübscher als Cassie …
    Nicht so schlank wie Cassie …
    Cassie, Cassie, Cassie …
    Fred ist auf der Heimfahrt bester Laune. Er lockert seine Krawatte und knöpft den Hemdkragen auf, krempelt die Ärmel hoch und macht das Fenster auf, so dass der Wind ins Auto weht und ihm die Haare ins Gesicht bläst.
    Er sieht seinem Vater immer ähnlicher. Sein Gesicht ist rot – es war warm in der Kirche – und ich muss unwillkürlich daran denken, wie es sein wird, wenn wir verheiratet sind, und wie bald er wohl Kinder haben will. Ich schließe die Augen und denke an die Bucht, lasse das Bild von einem Fred, der auf mir liegt, auf ihren Wellen auseinanderbrechen.
    »Sie haben es verdammt noch mal geschluckt«, sagt Fred aufgeregt. »Ich habe hier und da Andeutungen über Finch und das Energiedezernat gemacht und alle waren total begeistert.«
    Ganz plötzlich kann ich mir die Frage nicht länger verkneifen: »Was ist mit Cassandra passiert?«
    Sein Lächeln schwindet. »Hast du mir überhaupt zugehört?«
    »Hab ich. Sie haben es verdammt noch mal geschluckt. Alle waren total begeistert.« Er zuckt leicht zusammen, als ich verdammt noch mal sage, obwohl ich nur seine Worte wiederhole. »Aber du hast mich gerade daran erinnert – das wollte ich dich immer schon mal fragen. Du hast mir gar nicht erzählt, was mit ihr passiert ist.«
    Sein Lächeln ist jetzt völlig verschwunden. Er dreht sich zum Fenster. Die Nachmittagssonne überzieht sein Gesicht mit Streifen aus Licht und Schatten. »Wie kommst du darauf, dass etwas passiert ist?«
    Ich sage leichthin: »Ich meine ja nur – ich will bloß wissen, warum ihr euch habt scheiden lassen.«
    Er dreht sich mit zusammengekniffenen Augen schnell wieder zu mir um, als hoffte er, die Lüge in meiner Miene zu entdecken. Ich sehe ihn mit unbewegtem Gesichtsausdruck an. Er entspannt sich ein wenig.
    »Unüberbrückbare Differenzen.« Das Lächeln kehrt zurück. »Bei ihrer Evaluierung muss ein Fehler unterlaufen sein. Sie passte überhaupt nicht zu mir.«
    Wir sehen uns an, lächeln beide, tun unsere Pflicht, hüten unsere jeweiligen Geheimnisse.
    »Weißt du, was mir am besten an dir gefällt?«, fragt er und fasst mich am Arm.
    »Was denn?«
    Plötzlich zerrt er mich zu sich. Ich schreie erschrocken auf.
    Er kneift mich in die zarte Haut in meiner Armbeuge und Tränen treten mir in die Augen. Ich atme tief ein, um sie zurückzudrängen.
    »Dass du nicht so viele Fragen stellst«, sagt er und stößt mich unsanft weg. »Cassie hat zu viele Fragen gestellt.«
    Dann lehnt er sich zurück und wir schweigen den Rest des Weges.
    Der späte Nachmittag war früher meine Lieblingstageszeit – meine und Lenas. Ob das immer noch so ist?
    Ich weiß es nicht. Meine Gefühle, meine alten Vorlieben, sind knapp außer Reichweite – nicht völlig ausgelöscht, wie es sein sollte. Eher wie Schatten, die verschwinden, sobald ich versuche, mich darauf zu konzentrieren.
    Ich stelle keine

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