Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
Ich wollte an nichts denken.
    »Das Leben, Baumeister, holt uns doch immer wieder ein«, sagte die Baronin plötzlich und berührte mein Gesicht.
    Ich wollte etwas erwidern. Wirst du jetzt philosophisch? wollte ich sagen, doch ich brachte keinen Ton heraus. Mir war übel. Ich steckte in einem dunklen Loch und würde nie wieder den Ausgang finden. Der tote Pole drängte sich immer wieder in meine Gedanken.
    Die Baronin legte mir den Kopf auf die Brust. Ich roch den Duft ihres Haares und schloss die Augen. »Dein Herz schlägt zu schnell, Baumeister«, sagte sie.
    Ich schwieg noch immer. Die Baronin roch wunderbar. Einen Moment dachte ich wirklich auf einer blühenden Wiese zu stehen und sie im Arm zu halten. Als ich die Augen wieder öffnete, küsste sie mich. Nur leicht berührten ihre Lippen meinen Mund, und doch durchlief mich ein warmer Schauer. »Baronin«, sagte ich heiser. Zärtlich legte sie mir ihren Zeigefinger auf die Lippen. »Für ein paar Stunden werden wir alles vergessen, den Russen, Reimer und Strahl, die ganze Welt.«
    Ich nickte und umarmte sie. Sie war eine großartige Frau. Ohne Hast, wie zwei Liebende, die einander nichts mehr beweisen müssen, streiften wir uns unsere Kleider ab. Die Baronin lachte wie ein junges Mädchen, als ich mich über sie beugte. Ihre Hände zogen auf meinen Körper kleine, wirbelnde Kreise. Ich stöhnte, und sie lachte wieder und drückte sich an mich. Und für einen langen, wunderschönen Moment waren wir wirklich ganz allein auf der Welt.
    Irgendwann in der Nacht wurde ich wach, weil die Baronin sich an mich schmiegte. Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. »Baronin«, sagte ich laut, »wach auf. Wir haben zu arbeiten.«
    »Lass mich in Ruhe«, murmelte sie verschlafen.
    »Schließ das Tonband an das Telefon an.«
    »Du bist verrückt. Es ist mitten in der Nacht.«
    »Ich habe doch vergessen, Reimer die Grüße von diesem sonderbaren Russen zu bestellen. Wie hieß er noch?«
    »Lawruschka Ljubomudrow«, seufzte sie. Ich saß schon am Telefon und wählte die Nummer des Innenministeriums in Bonn. Kurz darauf hatte man mich wieder mit Reimer verbunden.
    »Baumeister aus der Eifel«, sagte ich nüchtern. »Hat der Pole sich gemeldet?«
    »Nein«, antwortete Reimer gelangweilt. »Soweit ich weiß, ist er hier nicht aufgetaucht.«
    »Warum haben Sie ihn erschlagen?«
    Er sagte eine Weile nichts. »Von wo rufen Sie an?«
    »Aus der Eifel natürlich.« Die Baronin hatte in Versalien den Namen LAWRUSCHKA LJUBOMUDROW auf ein Blatt Papier gemalt und hielt es hin. »Ich soll Sie übrigens von Lawruschka Ljubomudrow grüßen.«
    Seine Stimme klang verärgert. »Ich wusste ja, dass Moskau eines Tages schöne Grüße schickt, aber dass sie sich ausgerechnet einen schmierigen Journalisten aussuchen, hätte ich nicht gedacht. Wer sind Sie wirklich?« Dann lachte er. »Und wo sind Sie wirklich?«
    »Ich sitze gewissermaßen neben der Leiche des Polen.«
    »Und wie geht es Lawruschka?«
    »Prima«, sagte ich. »Also: Warum haben Sie den Polen erschlagen?«
    »Warum nicht?«, sagte er gedehnt und hängte ein.
    »Jetzt rufe ich noch Pjotr an«, sagte ich. Es dauerte eine Weile, ehe die sowjetische Botschaft bereit war, mich durchzustellen. Endlich meldete er sich verschlafen. Ich erzählte ihm, was geschehen sei.
    »Schön«, sagte er kurzangebunden. »Dann rate ich Ihnen, sich auf das große Finale vorzubereiten.« Es klickte, und die Leitung war tot.
    »Jetzt weiß ich, warum wir dem verrückten Polen die Tour vermasseln sollten«, sagte ich und sah die Baronin an, die im Bett eine Zigarette rauchte. »Pjotr will Reimer und Strahl selbst erledigen.«
     
    14. Kapitel
     
    Art Farmer spielte How High The Moon, und der achtzigjährige Lionel Hampton streichelte dazu das Vibraphon. Ich war sofort wieder wach. Wir waren die siebte Stunde unterwegs. Die Tonbänder und Fotos der Ereignisse auf Ibiza hatten wir längst in einen Briefkasten geworfen. Die Baronin lag mit dem Kopf auf meinem rechten Oberschenkel und schlief. Sie hatte sich zusammengerollt wie eine Katze. Jetzt wurde sie langsam wach. »Was ist, wenn ich schwanger bin, Baumeister?«
    »Zuerst müssen wir die Lewandowski-Sache zu Ende bringen. Dann sehen wir weiter.«
    »Du bist grauenhaft profan. Na gut, und wo würdest du jetzt ansetzen?«
    »In den Beschreibungen von Pjotr gibt es nicht den geringsten Hinweis darauf, dass die Henkergruppe sich jemals verkleidet hätte. Was ist also geschehen, dass Lewandowski versucht

Weitere Kostenlose Bücher