Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Titel: Rescue me - Ganz nah am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Koch
Vom Netzwerk:
einer Antwort, doch dann schien er einen Entschluss gefasst zu haben. „Komm!“ Er sprang auf und lief über die Straße, zum Haus der Carters hinüber.
    „Wo willst du hin?“ Ryan rannte ihm hinterher.
    „Warte es ab!“, entgegnete er und klopfte lautstark ans Fliegengitter der Küchentür. Es dauerte eine Weile, bis Mr. Carter öffnete. Er lächelte erfreut, als er Tyler erkannte, verschwand hinter der Tür und kam mit einem Schlüsselbund wieder zum Vorschein. „Hier. Bitte.“
    Das Lächeln, das Tyler zum Dank für Mr. Carter lächelte, machte Ryan ganz kribbelig. Jetzt, hier, im Haus eines Nachbarn, da sah er den Tyler, den er von früher kannte.
    Unkompliziert, freundlich. Normal.
    Er plauderte mit Mr. Carter. Fragte nach dessen Tochter, nach dem Enkel, der, wie er wusste, in Maryland lebte. Als er über einen Spruch von Mr. Carter lachte, machte sein Herz einen kleinen Sprung. Da stand ein Tyler, in den er sich verlie...
    Energisch verbot er sich, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Das war Tyler. Der Tyler, der mit siebzehn was mit Gina Casillias am Laufen hatte. Jedenfalls hatte Gina es überall herumerzählt. Und es hatte keinen Grund gegeben, ihr nicht zu glauben.
    „Wir sind gleich wieder weg“, sagte Tyler zu Mr. Carter und strebte mit dem Schlüssel in der Hand um die Ecke, hin zur Garage der Carters.
    „Was ist da? Was willst du in der Garage?“ Ryan bombardierte ihn förmlich mit Fragen, denn er konnte sich überhaupt keinen Grund vorstellen, weswegen Tyler hier seine Zeit verbringen sollte. „Hast du mit dem alten Carter irgendwas gebaut? Flugzeugmodelle? Sag schon!“
    Doch Tyler ließ ihn schmoren. Wortlos zog er das Tor hoch. Ryan linste an ihm vorbei. Zwei alte Fahrräder standen da, ein Rasenmäher, ein Regal mit Kisten, etwas Werkzeug. Und er sah, gut verpackt in hellbraunem Segeltuch, die flache Kontur eines Wagens. Eines großen Wagens. Größer als die Umrisse des ausländischen Winzlings, den er draußen in der Einfahrt hatte stehen sehen.
    Was zum Henker hatte Tyler hier versteckt?
    „Tata!“ machte der und schlug vorsichtig die Plane beiseite.
    Zum Vorschein kam eine schwarz und rot glänzende Motorhaube. Ein Dach. Der Rest der Karosserie. Sprachlos starrte Ryan erst den Dodge Viper, dann Tyler an. Es war ihm wirklich gelungen, ihn zu verblüffen.
    „ Das habe ich gemacht. Die letzten achtzehn Monate. Jede freie Minute. Hatte ja ausreichend davon, wie du weißt.“
    Ehrfurchtsvoll strichen Ryans Hände über den glatten Lack.
    Böse. Dieser Wagen sah böse aus. Strahlte giftige Angriffslust aus, die er so noch bei keinem Fahrzeug gesehen hatte. Das lag an der massig wirkenden Frontlippe, den Side Pipes, an den breiten Reifen und an dem mächtigen Heckdifusor. Er war begeistert! Und erleichtert. Um so ein Geschoss zustande zu bringen, konnte man sich nicht regelmäßig mit Wodka und Drogen zu dröhnen. Dazu benötigte man ruhige Hände. Ein gutes Auge. Geduld.
    „Wie viel?“ Ryan flüsterte fast.
    „611.“ Pferdestärken. Getunte, hochgezüchtete Rennpferde.
    „Wie schnell?“
    „Neun Komma drei.“ Sekunden. Die Quarter mile. Diese magische viertel Meile, an der sich alle messen wollten. Messen mussten.
    „Kostet?“
    „So wie er da jetzt steht? Fünfunddreißigtausend. In etwa. Etwas weniger. Dad hatte den Wagen noch klar gemacht, er wollte ihn aufmotzen und dann verkaufen. Es sollte sein nächstes Projekt werden, nach dem Hot Rod“, erklärte Tyler. „Aufgemotzt hab ich ihn jetzt. Mit dem Geld aus meinem Erbe. Peg war es egal, was ich damit mache. Und wie gesagt, ich hatte nichts anderes zu tun.“
    „Warum steht die Viper hier?“
    „Weil drüben momentan der Mustang steht.“
    Sie schwiegen. Durch ein Lochblech im Garagenfenster fiel etwas Licht. Ryan sah Staubpartikel im Halbdunkel schweben. Er holte tief Luft. „Tyler? Beantwortest du mir noch eine Frage?“
    Der war dabei, die Plane wieder über die Viper zu ziehen und sah ihn übers Dach hinweg an. „Kommt darauf an.“
    „Was hab ich … gestern … du weißt schon, was hab’ ich gesagt?“
    Ein Schatten huschte über Tylers ungeschminktes Gesicht. „Weißt du es nicht mehr?“
    „Doch. Schon. Aber …“ Ryan leckte an seiner Unterlippe herum.
    „Aber was?“
    „Irgendetwas war noch.“ Etwas schob sich in seine verschwommene Erinnerung.
    Warme Finger, die seine Locken zausten, über seine Wange strichen. Ein Gesicht, es beugte sich zu ihm hinunter. Weiche Lippen, ein kleiner Ring, der

Weitere Kostenlose Bücher