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Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Titel: Rescue me - Ganz nah am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Koch
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aufgeschnittene Pulsadern und Schlaftablettencocktails denken ließen und förmlich dazu einluden, von einem Hochhaus zu springen.
    Im Gegenzug erzählte ich ihm von dem Unfall, von dem Horror, den ich überlebt hatte. Dem Terror, den ich gerade durchmachte, nachdem ich stundenlang von der Polizei verhört und abends vom sogenannten ‚Lover‘ meiner Mutter verprügelt worden war. Einfach nur so, weil er es konnte.
    „Und wir unterhielten uns per Skype“, sprach ich weiter. „Wir stellten fest, dass wir einiges gemeinsam hatten. Paul gehörte der Gothic Szene an und kleidete sich wirklich extrem. Mir gefiel, was er trug. Dieses ganze Schwarz. Düster, geheimnisvoll. So unnahbar. Trotzdem so edel und elegant. Anders halt. Ich recherchierte und fand einen Shop. Bestellte mir auch so ein Outfit. Dann noch eines. Ließ mir die Haare wachsen.“ Und schminkte mein Gesicht. Verbarg meine Narbe. Meine Gefühle. Mich.
    Der Prinz der Finsternis war geboren.
    Ryan hatte begonnen, die Ketten wieder abzulegen. Die Ringe. Schlüpfte aus dem Shirt. Er wackelte zweimal mit seinem kleinen Hintern und die Hose rutschte zu Boden. Ich musste kichern, denn er trug sogar eine meiner Boxershorts. Die mit den Totenköpfen. „Hast du noch Kontakt zu diesem Paul?“
    „Nein.“ Ich drückte die Kippe im Aschenbecher aus. Nein, es gab keinen Kontakt mehr zu Paul, denn er war tot. Macht’s gut, Leute , schrieb er zum Abschied im Forum, ich nehme heut’ Nacht den Zug nach nirgendwo! Es kam dann in den regionalen Nachrichten.
    „Hab’ ihn aus den Augen verloren“, sagte ich. Mich fröstelte, trotz der aufgeheizten Luft in meinem Zimmer. „Du weißt ja, wie so was ist.“
    Ich streckte die Hand nach Ryan aus. Brauchte jetzt etwas Lebendiges, etwas Warmes, Anschmiegsames in meinen Armen. Ich brauchte Ryan. „Komm zu mir.“

 
Zwanzig
    „Pass auf!“, rief Brad und schob den Mustang langsam Richtung Rampe. „Etwas nach links, ja … so … Stopp!“
    Mike, sein Mitarbeiter, korrigierte und gemeinsam brachten sie den Wagen vorsichtig die Schräge des Trailers herunter, während Brad hin und wieder Anweisungen gab. Die Abladeaktion hatte auch einige Nachbarn aus ihren Häusern gelockt. Drüben auf der anderen Seite standen Mr. Carter und Mr. McRowan und schienen zu fachsimpeln. Mr. McRowan, ein sonnengebräunter, hagerer Mann mit schlohweißem Haar und in legere Freizeitklamotten gekleidet, lächelte und nickte dann anerkennend.
    „Erinnert mich an meine Jugendzeit!“, rief er zu uns herüber.
    Ich saß auf dem Rasen vor unserem Haus. Weit genug weg, um nicht im Weg zu sein, doch so nah, um alles – aber vor allem Ryan beobachten zu können, ohne zu sehr aufzufallen.
    Der hüpfte wie ein kleiner Gummiball um den Trailer herum und riss die Segeltuchplane weg, konnte kaum abwarten, bis Brad ihm ein Zeichen gab.
    „Endlich!“, rief er immer wieder. „Sieh ihn dir an, ist der nicht super geworden?“
    Ja, er hatte recht. Der Mustang sah traumhaft aus. Der schwarze Lack glänzte in der Sonne, die beiden breiten weißen Rallyestreifen, die sich von vorne über die Motorhaube, über Dach und Kofferraumdeckel zogen, gaben dem Shelby eine noch sportlichere Note. Das I-Tüpfelchen würde die Motorhauben-Verriegelung sein. Diese beiden Edelstahlkabel, die jeweils rechts und links auf die Motorhaube geschraubt wurden, würden dem Mustang das typische ‚Muscle Car‘ Aussehen geben. Ryan wusste nichts davon, aber ich hatte so ein Set besorgt. Ich hatte mir vorgenommen, es dann am Wagen anzubringen, wenn er nicht dabei war.
    Er tauchte neben mir auf und strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
    „Tut es dir jetzt nicht leid, dass du ihn nicht behalten hast? Der Shelby wird der blanke Wahnsinn!“
    Nachsichtig lächelnd schüttelte ich den Kopf. „Bleib auf dem Teppich! Was meinst du, wer ihn fahren wird, solange du immer noch keine Fahrerlaubnis hast, hm?“
    Als Antwort darauf blies er die Backen auf und verdrehte die Augen. „Ph! Warte es ab! Ich hab’ die Lizenz, bevor die Ferien um sind, wetten?“
    Brad kam heran, nachdem er die Spanngurte auf den Trailer geworfen hatte. „Nun habt ihr euer Pferdchen wieder. Wir haben ihm übrigens noch eine Unterbodengeneralüberholung verpasst. Einige Stellen mussten geschweißt werden. Jetzt ist er wieder schick. Meine Jungs haben freiwillig einige Überstunden geschoben und wollen ihn natürlich sehen, wenn er fertig ist.“
    „Ja klar! Selbstverständlich!“, versprach Ryan sofort. Er hätte im

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