Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
über alles schüttete.
Jill!
Carlos rappelte sich auf und machte sich humpelnd auf den Weg zurück zum Uhrenturm.
Nicholai merkte, dass er die Impfstoffprobe verloren hatte, als er vom Krankenhaus fortrannte – als nur noch eine Minute blieb, bevor alles in die Luft fliegen würde. Als es bereits zu spät war.
Er hatte keine andere Wahl, als weiterzurennen, und das tat er, und als das Krankenhaus explodierte, stapfte Nicholai drei Blocks entfernt auf der Straße auf und ab – außer sich vor Zorn. Dermaßen außer sich, dass er nicht merkte, dass das gemarterte Stöhnen, das er hörte, von ihm selbst kam, und auch nicht, dass er die Kiefer fest genug zusammenpresste, um sich zwei Zähne abzubrechen.
Nach einer Weile erinnerte er sich, dass er noch zwei Menschen umzubringen hatte, und er begann sich zu beruhigen. Im Stande zu sein, seiner Wut Ausdruck zu verleihen, würde sich als positiv erweisen. Es war nicht gesund, seine Gefühle zu unterdrücken.
Noch immer galt sein Hauptaugenmerk der Spürhund-Operation. Der Impfstoff war ein Bonus gewesen, ein Geschenk – also hatte er, in gewisser Weise, gar nichts verloren.
Das redete sich Nicholai unaufhörlich ein, während er unterwegs war, um sich Davis Chan zu schnappen. Es ließ ihn sich besser fühlen, wenn auch nicht so gut wie die Erinnerung daran, dass er sein Jagdmesser hatte schärfen lassen, unmittelbar bevor er nach Raccoon gekommen war. Er war sicher, dass Chan dies zu schätzen wissen würde.
DREIUNDZWANZIG
Als Jill aufwachte, regnete es draußen noch immer, aber sie fühlte sich wieder wie sie selbst – schwach, durstig und hungrig zwar und von Schmerzen geplagt, die von ihrer verletzten Schulter herrührten, aber sie war wieder sie selbst. Die Krankheit war überwunden.
Orientierungslos und verwirrt setzte sie sich langsam auf, schaute sich um und versuchte zusammenzupuzzeln, was geschehen war. Sie war immer noch in der Kapelle des Uhrenturms, und Carlos schlief auf einer der vorderen Bankreihen. Sie erinnerte sich, ihm erzählt zu haben, dass sie das Virus in sich trug, und dass er gesagt hatte, er würde gehen, um etwas zu holen …
Aber ich war krank, ich hatte die Seuche … und ich fühle mich jetzt nicht einfach nur besser, nein, ich kann es unmöglich noch in mir haben! Wie kann … ?
„O mein Gott“, flüsterte sie beim Anblick der Spritze und der leeren Phiole auf der Orgelbank neben dem Altar. Plötzlich verstand sie, was passiert war – wenn auch nicht, wie. Carlos musste ein Gegenmittel organisiert haben!
Einen Moment lang saß Jill nur da, überwältigt von dem Gemisch aus Gefühlen, das sie überkam – Schock, Dankbarkeit, Widerstreben zu glauben, dass sie tatsächlich in Ordnung war. Ihre Freude darüber, am Leben und einigermaßen gesund zu sein, wurde von dem Schuldgefühl gedämpft, dass gerade sie geheilt worden war und so viele andere hatten sterben müssen. Sie fragte sich, ob es noch mehr von dem Gegenmittel gab, verwarf den Gedanken jedoch. Die Vorstellung, dass das Zeug irgendwo literweise herumstehen könnte, während Zehntausende starben, war einfach zu obszön.
Schließlich erhob sie sich vorsichtig von ihrem Krankenlager, stand da, streckte sich ausgiebig und checkte sich durch. In Anbetracht aller Geschehnisse war sie überrascht, wie gut es ihr ging. Bis auf ihre rechte Schulter war sie nicht ernsthaft verletzt, und nachdem sie ein wenig Wasser getrunken hatte, fühlte sie sich wach und im Stande, sich ohne Probleme zu bewegen.
Während der nächsten Stunden aß Jill drei Dosen Fruchtcocktail, trank zwei Liter Wasser und reinigte und lud alle Waffen nach. Außerdem wusch sie sich selbst, so gut sie konnte, mit Wasser aus Flaschen und einem zum Lappen entfremdeten Sweatshirt. Carlos rührte sich währenddessen kein einziges Mal, er schlief tief und fest – und so, wie er sich zusammengerollt hatte und seine linke Seite hielt, nahm Jill an, dass sein Ausflug zum Krankenhaus hart gewesen war.
Sie dachte auch lange darüber nach, was sie als Nächstes tun sollten. Sie konnten nicht hier bleiben. Sie besaßen weder genug Vorräte noch Munition, um sich für endlose Zeit am Leben zu halten, und sie wussten nicht, wann – oder ob überhaupt; sie wollte es nicht länger als selbstverständlich annehmen – Rettung kam. So schwer es auch zu glauben war, es schien, dass Umbrella es geschafft hatte, das Geschehene zu verheimlichen, und wenn sie das für so lange Zeit vermocht hatten, konnte es noch weitere Tage
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