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Resteklicken

Resteklicken

Titel: Resteklicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meschner Moritz
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neuer Facebook-Freund. Nur weiß er davon noch nichts.
    »Wie heißt denn du?«
    Er speit mir den Feueratem Mordors entgegen und dann wohl eine Art Namen, der aus vier »Ö«s und einem »Ü« besteht. Wird verdammt schwer, ihn bei Facebook ausfindig zu machen.
    »Kennst du den Witz mit dem türkischen Glücksrad?«, frage ich ihn kleinlaut.
    » MACHE BALL ROLLEN !«, brüllt Kirjakow von weitem.
    »Okay«, rufe ich. »Aber ohne Schrummen!«
    Scheinbar hat das niemand richtig verstanden, denn als ich den Ball zu Sascha kicke und der ihn wieder zu mir, da hat ihn »Kiki« plötzlich schon am Fuß und drischt die Pille aus mehr als zwanzig Metern in unser Tor.
    »Wow«, höre ich mich leise sagen.
    »Alter, du musst auf den Ball ZUGEHEN , Meschner!«
    »Ja, is klar, Max.«
    »So, noch mal. Anstoß!«
    Dieses Mal läuft es ein bisschen besser. Sascha spielt den Ball zu mir und ich komme ein paar Zentimeter in die gegnerische Hälfte, bevor der türkische Atem Mordors mich umnietet.
    Hallo? Was hat der bitte an dem Wort »Freundschaft« nicht verstanden?
    »Wieso rennt der denn mit dem Ball weiter?! Das war eindeutig ein Foul!«, reklamiere ich, bis ich feststelle, dass wir ja gar keinen Schiedsrichter haben.
    Nach einer halben Minute führe ich einen weiteren Anstoß aus.
    Sascha spielt ab an Heiko, und der dribbelt sich ziemlich geschickt durch zwei gegnerische Spieler, während ich nach vorne renne und mich anbiete. Dann gibt Heiko an Max und der an mich, und ich lege mir den Ball vor und denke noch, dass aus dem Hintergrund jetzt Meschner schießen müsste, und Meschner schiiiiiiiießt … und der Ball kullert in Jopie-Heesters-Tempo in Richtung Strafraum und bleibt nach ein paar Sekunden dort liegen.
    »Du spielen nicht gut!«
    »Kiki« scheint von meinen Fußballkünsten nicht be­sonders angetan, und ich kann im Geiste schon die »Meschner raus«-Sprechchöre hören, aber das ist nur Max, der das in echt ruft. Dann schnappt sich »Kiki« den Ball und sprintet los.
    »Alter, bleib dran!«, brüllt Max, und ich renne so schnell ich kann hinter einem ehemaligen Bundesliga-Profi her.
    Hilft aber nix.
    Er ist mit seinen geschätzten vierzig Jahren eindeutig zu fit für mich, und als ich die unfaire Verfolgungsjagd endlich einstelle und »Kiki« ein Tor schießt, bleibe ich einfach stehen und mein Körper beschließt plötzlich wieder, keine Luft mehr zu bekommen. Stattdessen huste ich ein paar Speichelfäden und als Abschlussüberraschung etwas, das wie eine Plombe aussieht, hervor. Wow! Ich bin vielleicht kein besonders guter Fußballer, aber schein ­bar einer der besten Huster der Welt. Ich frage mich gerade noch, ob ich mit diesem Hustenanfall nicht eventuell in einer japanischen Gameshow auftreten könnte, aber da wird mir auch schon wieder schwindlig, und ich lege mich mitten auf den Platz.
    »Geht’s dir gut, Meschner?«
    »Perfekt«, winsele ich. »Könnten wir ’ ne kurze Pause machen? Bitte?«
    Keine Ahnung, was mich nach ein paar Minuten wieder aufstehen lässt. Vielleicht das dritte Bier, das Max mir netterweise gebracht hat, vielleicht die unflätigen Bemerkungen meiner Teamkameraden, vielleicht aber auch der Gedanke an Steffi, und daran, dass ihr im Moment alles furchtbar leidtut.
    Jedenfalls finde ich mich in einem Fußballspiel wieder, das schneller an mir vorbeiläuft, als Rolf Töpperwien ein Streichholz ankriegt. Ich nehme mir vor, alles einfach ein bisschen ruhiger anzugehen, jogge nur vorsichtig über das Feld und fasse mir ab und zu an die Brust, um meinen Herzschlag zu überprüfen.
    Es tut ihr leid.
    Wenn mich Steffi jetzt nur sehen könnte! Ich bin zwar nicht in der besten körperlichen Verfassung, aber ich un ternehme alles, um das wieder in den Griff zu bekommen.
    Es tut mir leid, Moritz. So unendlich leid.
    Ach, Steffi. Mir doch auch.
    Ich liebe dich, Moritz.
    Ich dich auch, Schatz.
    »Moritz!«
    » ES TUT IHR LEID !«, rufe ich Max zu, aber der guckt mich nur komisch an, ein bisschen so, als würde jemand gerade einen Ball in meine Fresse schießen.
    Eine tausendstel Sekunde später kriege ich einen Ball in die Fresse.
    Der Ball ist hart, und eine Ohnmacht dauert dreißig Sekunden. Jedenfalls für mich.
    In dieser kurzen unfreiwilligen Auszeit träume ich von einer Farm.
    Ich befinde mich in einem Bild von Schmierfink Bob Ross. Eine zermürbend herbstbunte Landschaft mit Bäumen, einem blauen See und einem riesigen schneebedeckten Berg im Hintergrund. Kurz vor dem See steht meine Farm.

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