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Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele

Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele

Titel: Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Vincent
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Pflegekräfte nicht gleich stutzig wurden.
    Todd dagegen hatte sich direkt vom Auto ins Gebäude hineingezaubert, um Libby beim Arbeiten zuzusehen. Und um sie so lange festzuhalten, bis wir da waren. Er schien der festen Überzeugung zu sein, dass Libby mich mochte – zumindest hatte sie meine Anwesenheit beim Konzert bemerkt – und auf meine Fragen am ehesten antworten würde.
    Ich hatte da meine Zweifel, aber einen Versuch war es wert. Kaum hatten wir uns mit einem netten Lächeln am Schwesternzimmer vorbeigeschlichen, tauchte Todd neben uns auf. Die Schwester blinzelte nicht einmal – offensichtlich konnte sie ihn nicht sehen.
    „Henry White.“ Todd winkte uns den Flur entlang. „Zimmer 124. Schnell, es ist fast so weit!“
    Auch ohne Klageschrei konnte ich mir Schöneres vorstellen, als einem alten Mann beim Sterben zuzusehen. In meinemkurzen Leben hatte ich schon mehr Tote gesehen, als mir lieb war. Doch alles Trödeln half nichts: Wir kamen gerade noch rechtzeitig, um die Show live mitzuerleben.
    Libby stand in einer dunklen Ecke des Zimmers. Sie trug ein schwarzes Lederoutfit und hatte eine gewagte Kombination aus dunkelblauem und goldenem Lidschatten aufgetragen, was ihr einen ziemlich irren Blick verlieh. Die Schweißtropfen auf ihrer Stirn verrieten, wie anstrengend es sein musste, die dunkle Substanz aufzusaugen, die träge aus dem runzeligen Mann im Bett sickerte.
    Henry White war ganz alleine im Zimmer. Der Monitor neben seinem Bett piepste in einem gleichbleibend hohen Ton, fast genauso schrill wie mein Schrei. Es stimmte mich traurig, dass wir die Einzigen an seinem Sterbebett waren: zwei Banshees und zwei Reaper, von denen einer gekommen war, um ihn zu töten. Hatte er keine Kinder oder Enkelkinder? Oder zumindest geldgierige Anwälte und Buchhalter? Es musste doch jemanden geben, dem der alte Mann etwas bedeutete, jemanden, der ihm am Sterbebett die Hand hielt.
    Draußen auf dem Gang ertönten Schritte, und eine korpulente Krankenschwester in lila Krankenhauskluft kam herein. Sie lächelte mich mitfühlend an und drückte ein paar Knöpfe am Monitor. „Gehören Sie zur Familie?“ Der nervtötende Piepton erstarb, und es wurde angenehm still.
    „Nein.“ Ich blickte von Henry Whites regloser Gestalt zu Libby hinüber, die gerade den letzten Rest Dämonenatem aus der Luft schlürfte wie eine faule, überirdische Brühe.
    „Wir … besuchen jemanden“, antwortete Nash und griff beruhigend nach meiner Hand.
    Libby wischte sich mit einer behandschuhten Hand über den Mund, und Todd beobachtete sie fasziniert. Ich hingegen fanddas einfach nur ekelhaft.
    Wenn sie jetzt auch noch schwarzen Rauch ausrülpste, wäre ich weg, und zwar sofort. Egal, was sie uns zu sagen hatte.
    Nashs Hand umklammernd, wich ich Schritt für Schritt zurück. Ich hoffte immer noch, dass das Entsetzen irgendwann kleiner werden würde. Dass ich den Tod als Routinesache betrachten könnte. Doch das war nicht der Fall, und vielleicht war es ja auch ganz gut so. Sollte mir der Tod irgendwann nichts mehr ausmachen, dann hatte ich vermutlich zu viel erlebt.
    Die Krankenschwester fühlte Henry Whites Puls, obwohl er offensichtlich tot war. „Dann müssen Sie jetzt gehen“, sagte sie, ohne aufzublicken.
    Dieser Bitte kam ich nur allzu gerne nach. „Warum hat sie ihn nicht wiederbelebt?“, fragte ich beim Hinausgehen. Mir war klar, dass es sinnlos gewesen wäre, doch sie hatte es gar nicht erst versucht.
    „Er hat schon vor Jahren eine Patientenverfügung unterschrieben“, antwortete die Krankenschwester mitfühlend und gleichgültig zugleich. Sie hätte einen guten Reaper abgegeben.
    Ich drehte mich um und sah sie fragend an. „Eine Patientenverfügung?“
    „Ja. Darin steht, dass er nicht reanimiert werden will, wenn sein Herz versagt. Er war bereit zu sterben.“
    Bei ihren Worten überlief mich ein kalter Schauer. Es bestand kein Zweifel daran, dass Henry White gewusst hatte, was ihn im Jenseits erwartete. Sonst hätte er die Verfügung nie unterzeichnet, genauso wenig wie den Dämonenvertrag.
    Nash und ich folgten den beiden unsichtbaren Reapern in die Eingangshalle.
    „Verfolgst du mich?“, fragte Libby.
    „Äh … Ja, irgendwie schon.“ Todd grinste. „Ich hätte echtLust, das auch zu machen. Dämonenatem statt Seelen zu sammeln. Als ich gehört habe, dass du hier bist, wollte ich dir unbedingt noch ein paar Fragen stellen.“
    „Dieser Job ist nichts für Grünschnäbel.“ Libbys Augen funkelten wild, und

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