Rette mich
Wenn es dazu kommt, dass ein gefallener Engel in der Hölle angekettet werden muss, dann suchen die Erzengel seine Feder hervor und verbrennen sie. Es ist eine symbolische Handlung mit unausweichlichen Folgen. Der Ausdruck ›In der Hölle schmoren‹ ist nicht nur so eine Redensart.«
»Du hattest eine von Rixons Federn?«
»Bevor er mich hintergangen hat, stand er mir beinahe so nahe wie ein Bruder. Ich wusste, er hatte eine Feder, und ich wusste, wo er sie aufbewahrte. Und daher habe ich ihm keinen unpersönlichen Abschied bereitet.« Obwohl ich den Verdacht hatte, dass er gelassen bleiben wollte, spannte sich Patchs Kiefer an. »Ich habe ihn hinunter in die Hölle geschleift und die Feder vor seinen Augen verbrannt.«
Seine Erzählung sorgte dafür, dass sich mir jedes Haar auf dem Kopf sträubte. Auch wenn Vee mich so unverschämt betrogen hatte, war ich nicht sicher, dass ich sie so leiden lassen könnte, wie er es eindeutig mit Rixon getan hatte. Plötzlich verstand ich, warum Patch das Thema so persönlich genommen hatte.
Ich brach aus dem grausamen Bild, das Patch in meiner Vorstellung gemalt hatte, aus und erinnerte mich an die Feder, die ich auf dem Friedhof gefunden hatte. »Liegen diese Federn einfach so überall herum? Kann jeder über eine stolpern?«
Patch schüttelte den Kopf. »Die Erzengel behalten eine Feder in ihren Akten. Ein paar gefallene Engel schaffen es wie Rixon mit ein oder zwei unversehrten Federn bis zur Erde. Wenn das geschieht, muss der gefallene Engel verdammt sicher sein, dass seine Federn nicht in falsche Hände geraten.« Die Ahnung eines Lächelns hob seine Mundwinkel an. »Und ich dachte, du wärst nicht sentimental.«
»Was passiert mit den restlichen Federn?«
»Sie zerfallen auf dem Weg nach unten. Vom Himmel zu fallen ist keine sanfte Reise.«
»Und du? Hast du geheime Federn versteckt?«
Er zog eine Braue hoch. »Planst du meine Höllenfahrt?«
Ich lächelte zurück, dem Ernst des Themas zum Trotz.
»Man muss sich als Mädchen alle Möglichkeiten offenhalten.«
»Ich hasse es, dich zu enttäuschen, aber es sind keine Federn übrig. Ich bin völlig nackt auf die Erde gekommen.«
»Hm«, sagte ich so gelassen, wie ich konnte, aber ich spürte, wie mein Gesicht sich bei dem Bild, das ein kleines Wort in meinem Hirn hervorgerufen hatte, erwärmte.
Nackte Gedanken waren keine guten Gedanken, während ich in Patchs ultrageheimem, ultraelegantem Schlafzimmer eingeschlossen war.
»Ich habe dich gern in meinem Bett«, sagte Patch. »Ich schlage es selten auf. Ich schlafe selten. Ich könnte mich an den Anblick gewöhnen.«
»Bietest du mir eine permanente Bleibe an?«
»Ich habe den Zweitschlüssel schon in deine Tasche gesteckt.«
Ich klopfte auf meine Tasche. Und tatsächlich, etwas Kleines, Hartes steckte darin. »Wie großzügig von dir.«
»Ich komme mir jetzt nicht besonders großzügig vor«, sagte er und sah mich an, wobei seine Stimme sich vertiefte und einen rauen Ton annahm. »Ich habe dich vermisst, Engelchen. Kein Tag ist vergangen, ohne dass ich gemerkt habe, wie du in meinem Leben fehltest. Du hast mich so weit gebracht, dass ich schon anfing zu glauben, Hank hätte seinen Eid gebrochen und dich getötet. Überall hab ich deinen Geist gesehen. Ich konnte dir nicht entkommen und wollte es auch nicht. Du hast mich gequält, aber das war besser, als dich zu verlieren.«
»Warum hast du mir das alles nicht in der Nacht mit Gabe in der Gasse erzählt? Du warst so wütend.« Ich schüttelte den Kopf, erinnerte mich an jedes ätzende Wort, das er an mich gerichtet hatte. »Ich dachte, du würdest mich hassen.«
»Nachdem Hank dich freigelassen hatte, habe ich dir nachspioniert, um sicher zu sein, dass es dir gut ging, aber ich hatte mir geschworen, mich zu deiner Sicherheit von dir fernzuhalten. Ich hatte meine Entscheidung getroffen und dachte, ich könnte damit umgehen. Ich habe versucht, mich davon zu überzeugen, dass es für uns keine Zukunft mehr gab. Aber als ich dich in jener Nacht in der Gasse gesehen habe, lösten sich all meine Argumente in Luft auf. Ich wollte, dass du dich ebenso an mich erinnertest, wie ich dich nicht aus meinem Kopf bekam. Aber das konntest du nicht. Dafür hatte ich ja gesorgt.« Sein Blick fiel auf seine Hände, die er locker zwischen den Knien gefaltet hatte. »Ich muss mich bei dir entschuldigen«, sagte er ruhig. »Hank hat dein Gedächtnis ausgelöscht, um dich davon abzuhalten, dich an das zu erinnern, was er dir
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