retten die Pferde
Karton geschichtet. Die Mädchen arbeiteten so schnell, als würden sie im Akkord bezahlt, Anja zeichnete weitere Plakate. Jedes wurde ein bisschen anders als das vorhergehende. Und jedesmal wurde der Frosch noch etwas hübscher und der Bär noch etwas hässlicher und dümmer.
„Du bist wirklich begabt“, lobte Marianne Anja.
Aus ihrem Mund bedeutete das so etwas wie einen Ritterschlag. Marianne interessierte sich nur für Sport. Wer im Sport nichts leistete, der zählte nicht für sie. Anja existierte im Lindenhofer Sport nicht, deshalb hatte Marianne bisher auch nicht zu ihren besonderen Freundinnen gehört. Jetzt klang aus ihrer Stimme Achtung, ja sogar Bewunderung. Anja strahlte. Mariannes Anerkennung tat ihr gut. Sie fühlte sich glücklich in Lindenhof. Zumindest beinahe. Wenn nur ihr lahmes Bein nicht wäre, wenn sie sich bewegen könnte wie all die anderen!
Als die letzten Frösche ausgeschnitten und die Abfälle aufgeräumt waren, bot Anne aus ihrem unerschöpflichen Vorrat Bonbons an. Lutschend standen sie in der Tür und warteten auf den Gong, der die Schlafenszeit ankündigte.
„Sagt mal, habt ihr eigentlich alle was Grünes zum Anziehen?“, fragte Marion plötzlich.
„Wieso?“
„Ist doch klar wie Bärentatzen mit Froschmaulsalat“, sagte Carlotta lachend. „Marion hat Recht. Wenn wir die Fröschls verteilen, sollten wir etwas Grünes anhaben.“
Manche hatten viele grüne Kleidungsstücke, andere gar keine. Sie beschlossen daher sich gegenseitig Grünes auszuleihen.
Als Frau Christensen, die Musiklehrerin, etwas später die
Abendrunde durch die Zimmer machte, fand sie alle Mädchen tief schlafend vor. Die meisten schliefen wirklich, denn der Abend war anstrengend gewesen. Die anderen kniffen die Augen zu und bemühten sich regelmäßig zu atmen. Frau Christensen war zufrieden. Schlafende Mädchen sind für eine Erzieherin immer die größte Freude.
Eine gestresste Vierte
Die Nacht hatte es in sich. Das Barometer fiel, feuchtwarmer Wind tobte ums Haus. Anja hatte Schmerzen und konnte nicht schlafen. Wer nicht schlafen kann, macht sich Sorgen um tausend Dinge. Anja fürchtete, dass Frau Fröschl über die unerbetene Wahlhilfe verärgert sein könnte. Dann war alles verpatzt.
Mamsell hatte ebenfalls Schmerzen. Das Rheuma plagte sie wieder. Sie bestrich ihr Bein mit einer Tinktur aus der Apotheke, die aber leider nicht half. So entschloss sie sich aufzustehen. Um halb fünf fiel ihr ein, dass die Vierte eine Ex dringend nötig hatte. Die Mädchen schlampten mit der französischen Sprache ganz schön herum, fand sie. Um fünf Uhr fing sie an einen Prüfungstext auszuarbeiten. Um halb sechs kochte sie sich einen starken Kaffee und korrigierte ein paar Arbeiten. Die Schülerinnen waren es gewohnt, dass ihre Hefte außer Mamsells Rotstift auch Kaffeeflecken aufwiesen.
„Mes chères“, sagte Mamsell, als sie um neun Uhr der Vierten gegenüberstand, „ich habe den Eindruck, dass es an der Zeit ist, eure Kenntnisse wieder einmal zu überprüfen. Besonders, was den Subjonctif betrifft.“ Sie schrieb einige Sätze an die Tafel. Durch das Schulzimmer ging ein Seufzen.
„Der Abdecker soll den Subjonctif holen“, murmelte Hanni.
Natürlich holte der Abdecker ihn nicht, vielleicht hatte er heute Ruhetag. Die Mädchen quälten sich mit den Formen des Subjonctif herum, der auch den meisten Franzosen ein Rätsel ist.
Nachher waren sie sich zumindest über drei Dinge einig. Erstens, dass der liebe Gott offensichtlich geschlafen hatte, als der Teufel die französische Grammatik erfand. Zweitens, dass der liebe Gott oder, falls er dazu keine Zeit hatte, gegebenenfalls auch der Teufel Mamsell bitte schleunigst von ihrem Rheuma heilen möge, damit sie nicht mehr zu nachtschlafender Zeit aufwachte und sich so bösartige Klassenarbeiten einfallen ließ. Drittens, dass derselbe liebe Gott bzw. wieder im Notfall der Teufel den anderen Lehrerinnen eine gute Nacht beschert hatte, damit keine weiteren Schrecknisse drohten.
Offensichtlich hatten der liebe Gott und der Teufel an diesem Tag ihre Augen von Lindenhof abgewandt um sie anderen, wichtigeren Dingen zuzuwenden. Frau Martin, ebenfalls von Schlaflosigkeit geplagt, verlangte einen Aufsatz. Sie trug das neue Paillettenhemd und glitzerte. Das Thema war zumindest anständig: „Was ich liebe“. Na schön, darüber konnte man schreiben.
Hanni und Nanni schwärmten fünf Seiten lang von Max und Sternchen. Marion schrieb über Catalina. Sie wunderte sich
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