retten die Pferde
eigentlich nicht erzählen. Ich wollte für unsere Zeitung ein Interview mit Ihnen machen. Ich finde es großartig, dass Sie als Schulleiterin Ihre Mädchen zu so großem politischem Engagement erzogen haben.“ Er sprach so schnell wie manche Showmaster im Fernsehen, vielleicht noch ein bisschen schneller.
„Aber .“ sagte Frau Theobald.
„Sie haben erkannt, dass man junge Menschen früh in die Probleme der Politik einfuhren muss, damit sie lernen eine eigene Meinung zu haben, damit sie mündige Staatsbürger werden. Gerade unsere Kleinstadtpolitik, unsere Bürgermeisterwahl, ist dafür besonders geeignet. Sozusagen Politik zum Anfassen.“
„Aber ...“, sagte Frau Theobald wieder.
„Mein Kompliment, Frau Direktor!“
Ein paar Leute klatschten. Die Mädchen hatten ihren ersten Schrecken überwunden. Jetzt mussten sie sich das Kichern verbeißen. Es war zu komisch, wie dieser kleine Reporter die Situation beherrschte und die in Lindenhof allmächtige Direktorin nicht zu Wort kommen ließ. Nanni hustete hysterisch. Das war immer noch besser als mit einem Lacher herauszuplatzen. Petra bekam vor Nervosität einen Schluckauf.
„Darf ich um ein Gruppenbild bitten?“, fragte der Reporter.
„Nein“, wehrte die Direktorin ab. „Das möchte ich nicht.“
„Warum nicht?“
Der Bildreporter stellte das Objektiv ein.
„Grundsätzlich nicht“, antwortete Frau Theobald. Sie schaute die Mädchen streng an. Und dann plötzlich verschwanden Donner und Blitz aus ihrem Blick. Sie lachte. Frau Theobald lachte sehr, sehr selten, im Allgemeinen lächelte sie. „Wissen Sie, junger Mann“, wandte sie sich an den Reporter, „ich bin ganz Ihrer Meinung, dass man junge Menschen zu politischem Verständnis und persönlichem Engagement anleiten soll, und ich bemühe mich sehr darum.
Aber diese Aktion hier - davon wusste ich nichts. Da haben meine lieben Schülerinnen eigenmächtig und unerlaubt gehandelt. Andererseits gebe ich zu, sie haben sich mit Herz und Köpfchen für eine vernünftige Sache eingesetzt, anstatt wie früher einen dummen Streich nach dem anderen auszubrüten.“
„Und deshalb verzeihen Sie ihnen, nicht wahr?“
Viele Augenpaare richteten sich auf Frau Theobald.
„Ja“, sagte sie und nickte.
„Wunderbar, danke im Namen Ihrer Schülerinnen.“
„Der Mann hat ein Mundwerk wie eine Rakete“, sagte Carlotta voll Bewunderung, die selbst keineswegs unter Schüchternheit litt.
Zuletzt stimmte Frau Theobald dem Foto doch noch zu. Sie stellte sich neben Anjas Rollstuhl. Elli drängelte sich nach vorne neben sie.
„Mittagessen wie besprochen um halb zwei“, sagte die Direktorin zum Abschied. Dann drehte sie sich noch einmal um. „Du wolltest mir vorhin einen Frosch anstecken, Han- ni? Hast du noch einen greifbar?“
Hanni wurde rot vor Freude. Sie steckte das Plastikfröschl besonders sorgfältig an der dunkelblauen Jacke fest. „Danke“, murmelte sie dabei. „Vielen Dank. Sie sind große Klas-
I ((
se!“
Frau Martin, Mamsell und Frau Christensen, die mit Frau Theobald ins Städtchen gekommen waren, bummelten am anderen Ende des Marktes herum. Sie ahnten nicht, was für eine Szene sie versäumt hatten.
Frau Fröschl saß etwas versteckt hinter dem Rednerpodium. Sie gönnte sich eine kurze Pause, zog den rechten Schuh aus, weil er drückte, und trank ein Bier. Komisch, dachte sie.
Ich hatte mir gegen den Bär eigentlich keine große Chance ausgerechnet, er ist schließlich hier der Lokalmatador. Und nun habe ich in diesen Mädchen die besten Wahlhelfer bekommen, die man sich wünschen kann. Vielleicht gewinne ich tatsächlich. Aber egal, wie es ausgeht, für diese zwei alten Pferde werde ich etwas tun. Das bin ich ihnen und den Mädchen schuldig.
Das Wahlergebnis
Die Theobaldine ist Spitze, darüber waren sich die Mädchen einig.
Jetzt herrschte allgemeine Spannung, wer die Wahl gewinnen würde. Am Sonntag gingen die Lehrerinnen in den Ort und machten ihre Kreuzchen. Die Schülerinnen der Vierten waren es nicht mehr gewöhnt, einen ganzen Nachmittag lang nichts, absolut nichts Wichtiges zu tun zu haben. Es gab keine Geheimnistuerei, keine Aktion musste geplant und vorbereitet werden. Es gab nur den Kummer darüber, dass es ihnen trotz all ihrer Bemühungen nicht gelungen war, einen Platz für Max und Sternchen zu finden.
„Noch eine Woche“, sagte Marion. „Auch wenn unser Fröschl Bürgermeisterin wird und die Stadträte davon überzeugt, dass unser Ort ein Tierasyl braucht -
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