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Rettet unser Geld

Rettet unser Geld

Titel: Rettet unser Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Olaf Henkel
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den German Marshall Fund ergab sich, so die FAZ Mitte September 2010, dass sich »die Einstellung zur Gemeinschaftswährung von der zum EU-Binnenmarkt löst«. Und »53 Prozent der befragten Deutschen gaben an, dass der Euro für die deutsche Wirtschaft schlecht sei«.
    Wenn man sich vorstellt, dass noch Milliarden D-Mark im Umlauf sind, stellt sich doch die Frage, wo die eigentlich stecken. Bekanntlich verliert ja die D-Mark ihren Wert nicht, man kann sie immer noch umtauschen. Auch gibt es, obwohl wir längst die EZB haben, immer noch die Nachfolger der ehemaligen Landeszentralbanken, als verfügten wir noch über eine eigene Währung. Ich habe das Fortbestehen dieser regionalen Dependancen der Bundesbank mit ihren Tausenden von Mitarbeitern häufig kritisiert, doch es gibt diese teilweise überflüssigen
Beamten und Angestellten immer noch, wenn sie auch seit 2002 in »Verwaltungsuntergliederungen« der Bundesbank arbeiten. Heute denke ich übrigens anders darüber: Es ist gut, dass es sie noch gibt. Wir werden die Bundesbank und ihre fast 10.000 Fachleute vermutlich bald wieder brauchen …
    Auch ich selbst habe noch eine gewohnheitsmäßige, vielleicht sogar liebevolle Beziehung zur D-Mark. Größere Beträge rechne ich automatisch in die alte Währung um, wobei übrigens der gefühlte Eindruck, der Euro sei ein Teuro, an der Wirklichkeit vorbeiging: Die D-Mark litt sogar unter höherer Inflation als der Euro. Dennoch bin ich, rein gefühlsmäßig, bis heute der D-Mark treu geblieben. Laut Spiegel Online vom Juni 2010 geht es vielen Deutschen so: »Das Bangen um den Euro bringt ein Gefühl zurück, das schon erloschen schien: die Liebe zur D-Mark«, hieß es in dem Artikel, in dem Befragte über ihre gehorteten Restbestände plauderten - und manche spekulierten »sogar über ihre Wiedereinführung«.
    Mir persönlich hatte es besonders ein Ein-Mark-Stück angetan: Die silberglänzende Münze mit der großen, von Eichenblättern umrahmten Eins und dem Bundesadler auf der Rückseite lag immer in meinem Geldbeutel. Geprägt worden war mein Währungssouvenir im Jahr 1950, also gehörte es zur ersten Generation und hatte, wie ich selbst, das gesamte Wirtschaftswunder miterlebt.
    Praktisch war das Markstück, weil es als Pfandmünze in die Einkaufswägen von Supermärkten passte. Nebenbei bemerkt, gab es bei uns sogar einmal einen Pfandmünzen-Skandal, als FDP-Mann Jürgen Möllemann 1992, damals Finanzminister, den Handelsketten einen besonderen Pfandchip empfahl, der von der Firma eines Verwandten vertrieben wurde. Möllemann musste damals zurücktreten. Sinnvoll ist eine solche Spezialmünze deshalb, weil man das passende echte Geldstück oft
nicht parat hat. Da ich meine antike Mark nicht ausgeben konnte, lag sie also immer bereit und erinnerte mich daran, wie wir zu dem geworden waren, was wir sind. Darüber hinaus erwies sich die alte Mark als Universalpfand, da sie immer noch, so wie die Ein-Euro-Münze, in sämtliche deutsche Einkaufswägen passt.
    Leider ist sie mir vor kurzem abhanden gekommen. Wir hatten in unserer Berliner Wohnung einen Einbruch, und mit meinem Portemonnaie verschwand auch die bewährte Münze. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Dieb diese Zeilen liest, möchte ich ihn freundlich bitten, mir meine D-Mark wiederzugeben.

KAPITEL DREI
    D-Mark-Dämmerung
    Dass die D-Mark, um es deutlich auszudrücken, »abgewrackt« wurde, entsprach weder dem Wunsch der Deutschen noch dem ihrer Politiker - letztere ließen sich dazu breitschlagen, wie ich es nennen würde, erstere wurden bekanntlich gar nicht gefragt. Heute gibt es zwei Erklärungen, warum Kanzler Helmut Kohl sich zu diesem gravierenden Einschnitt, diesem epochalen Paradigmenwechsel, entschloss. Beide Erklärungen laufen übrigens auf das Gleiche hinaus: Kohl hat die D-Mark als das benutzt, was sie von Anfang an war, als Zahlungsmittel.
    Der Unterschied bestand darin, dass man seit der Währungsreform mit einzelnen Beträgen in dieser Währung bezahlt hat; Kohl dagegen nahm die Währung selbst als Zahlungsmittel: einmal, wie es heisst, für die europäische Einigung, die ihm am Herzen lag, dann auch für die deutsche Einheit, die sich als einmalige Chance anbot. Zum Glück hat man dem Kanzler die Rechnungen unter dem Tisch zugeschoben, denn wäre das auf den Tisch gekommen, was man ihm geheimdiplomatisch abgetrotzt hatte, hätten sich die Deutschen die Augen gerieben.
    Der Vorgang, der auch heute noch ziemlich abenteuerlich klingt,

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