Rettet unser Geld
erwartet hatte.
Bald fand ich heraus, dass durchaus die Möglichkeit bestanden hätte, den ganzen Schutzschirm zu Fall zu bringen: Ein einziges Mitgliedsland hätte sein Veto einlegen müssen. Aber keines hat es getan - die Deutschen nicht, obwohl sie die Geprellten waren, weil sie es sich nicht mit den anderen verderben wollten; und jene anderen nicht, weil sie jederzeit selbst in die Lage kommen konnten, von Europa beziehungsweise den Deutschen gerettet zu werden. Und wer lässt sich nicht gern retten, wenn dies einem Automatismus folgt, für den man sich nicht einmal bedanken muss? Schon hat das 3-Prozent-Land Griechenland anstandslos seine 110-Milliarden-Hilfe abzurufen begonnen. Wer weiß, vielleicht stellt sich als nächstes ein großes Land in die Warteschlange und spekuliert auf die 750 Milliarden, die zum Abholen bereit liegen. Welche Verlockung - und welcher Wahnsinn!
Wie konnte man in Berlin übersehen, dass durch diese Einrichtung ein Ungleichgewicht noch weiter verschlimmert wurde, das längst bestanden hatte, von den leidtragenden Deutschen aber als solches nicht wahrgenommen wurde: Wie gerecht ist es denn, dass die einen mit 60, die anderen mit 62 und wir mit 65 und bald mit 67 in Rente gehen? Ist das der Sinn einer Transfergemeinschaft? Wie gerecht ist es, wenn die Deutschen nicht nur erheblich länger arbeiten müssen, damit die anderen dies erheblich kürzer tun können, sondern vom Lohn dieser Arbeit auch noch erheblich mehr zu einer Gemeinschaft beisteuern müssen, die sich mit uns darauf geeinigt hat, erheblich weniger beizusteuern?
Seit den Brüsseler Beschlüssen gab es in Griechenland, Spanien und Frankreich Massendemonstrationen gegen die dort ebenfalls versprochenen Reformen auf den kostenintensiven Gebieten von Rente, Steuern und Sozialleistungen. Und das Beste ist, sie wirken: Demonstrationen werden in Europa belohnt.
Je massenhafter und geräuschvoller sich die Protestierenden in den Hauptstädten und Hauptnachrichtensendungen Europas vernehmlich machen, desto erfolgreicher setzen sie ihre Ziele gegen Europa durch.
Ganz anders in Deutschland: Hier wird nicht gegen die reale europäische Ausplünderung demonstriert - lieber kämpft man wie Don Quijote gegen eingebildete Riesen und Windmühlen und übersieht, dass man sich damit anderen, die in der Wirklichkeit leben, als willfähriges Opfer anbietet.
Um den europäischen Wahnsinn noch weiter zu treiben, hat Kommissionspräsident Barroso im September eigene Europasteuern gefordert. Dies entspricht exakt dem zentralistischen Denken, wie es von Paris vorgegeben wird, und widerspricht dem föderalen Modell, das sich in Deutschland bewährt hat - oder sagen wir lieber, bewährt hätte, wenn es nicht den verhängnisvollen Länderfinanzausgleich gäbe. Aber im Prinzip gilt nach wie vor, dass ein moderner Staat und auch eine Staatengemeinschaft wie die EU nicht von oben Steuern einfordern kann, die unten irgendwie zu erbringen sind - Steuern müssen dort ausgegeben werden, wo sie erarbeitet werden, denn nur so stehen die Politiker gegenüber den Steuerzahlern in der Verantwortung, können von ihnen in die Pflicht genommen werden. Brüssel dagegen ist weit, und die Funktionäre, die unser Geld nach Gutdünken ausgeben - sprich umverteilen -, sprechen eine andere Sprache, und damit meine ich nicht nur die Muttersprache.
Doch mit dem Schutzschirm war der Putsch noch nicht vollendet. Am Tag nach dem Einknicken der Deutschen begann die EZB eine Tätigkeit zu entfalten, die bis zu diesem Datum, dem 10. Mai 2010, schier unvorstellbar gewesen wäre, ganz einfach weil sie den Prinzipien der Bank diametral gegenüberstand: Sie kaufte im großen Stil die Staatsanleihen südeuropäischer
Staaten auf, vor allem natürlich griechische, die im Branchenjargon »Schrottpapiere« genannt werden. Es hatte zuvor eine »hitzige Debatte« ( FAZ ) im Zentralbankrat gegeben, bei der sich diesmal die deutschen Repräsentanten, Bundesbankpräsident Axel Weber und Direktoriumsmitglied Jürgen Stark, unterstützt vom niederländischen Zentralbankpräsidenten Nout Wellink, mit Händen und Füßen gewehrt hatten - vergebens. Überhaupt scheint in der EU alles, was ihr schaden könnte, Einstimmigkeit zu erfordern, während das, was ihrer Machterweiterung nützt, mit Mehrheit durchsetzbar ist - der Lissabon-Vertrag macht das möglich. In diesem Fall setzten sich jene, die deutsch-niederländische Steuergelder für ihre heimischen Banken reklamierten, gegen die Vertreter
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