Rettung der Highlanderin (Herkunft der MacLeod) (German Edition)
sie über seine Schulter hinweg wissen.
Ihr Magen knurrte, sie merkte, dass sie hungrig und durstig war. Sie hatten nichts gegessen, nicht Halt gemacht und kaum ein Wort miteinander gewechselt, seit sie aus dem Dorf geflohen waren. Er hatte ihre Fragen abgewehrt, sie aus dem Dorf gedrängt und ihr gesagt, sie könne später Fragen stellen. Jetzt war es später, und sie wollte ein paar Antworten hören. Sie würde herausfinden, was er im Schilde führte, denn
dass
er etwas im Schilde führte, war klar.
Finster blickte sie auf den breiten Rücken vor sich. Sein braunes Haar schimmerte im Sonnenlicht, das durch die Bäume gefiltert herabfiel. Sein Plaid schlug im Rhythmus seiner Schritte um seine wohlgeformten, in Wollhosen steckenden Beine.
Das Pferd befand sich zwischen ihnen. Catriona lief schneller und schützte ihr Gesicht vor tief hängenden Zweigen, als sie sich an dem Tier vorbeischob und zu Tayg aufschloss, bis sie neben ihm ging.
»Warum habt Ihr mir geholfen?«, wollte sie wissen. »Ihr wolltet mich doch von Anfang an zu meinen Brüdern zurückbringen. Warum habt Ihr mich jetzt nicht einfach bei ihnen gelassen?«
Er sagte nichts, starrte nur stur geradeaus.
»Barde!« Sie hieb ihm mit der Faust auf den Arm, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. »Warum habt Ihr etwas derart Dummes getan?«
Er warf ihr einen Blick zu, doch sie konnte seiner Miene nichts entnehmen. Er hob nur die Schultern und schritt weiter aus. Catriona musste in Trab verfallen, um an seiner Seite zu bleiben und nicht Gefahr zu laufen, von dem Pferd überrannt zu werden. Der Pfad führte auf einmal steiler in die Tiefe, und sie trat rasch beiseite und ließ das Pferd wieder zwischen sich und den Mann treten, der sie zunehmend wütender machte. Sie folgte ihm nun langsamer und setzte ihre Schritte auf der vereisten Schräge ganz vorsichtig. Sie würde eine Antwort bekommen. Sie hatte zu viel Erfahrung mit Brüdern und deren Intrigen, um die Hinweise zu übersehen. Sie hatte außerdem reichlich Erfahrung damit, ihnen Antworten zu entlocken. Und das würde sie auch bei Tayg schaffen. Sie musste nur ausdauernd und hartnäckig bleiben.
Ein Bach kam in Sicht. Tayg sprang die letzten paar Fuß zu seinem Ufer hinunter und ließ dabei die Zügel los. Er kniete am Rand des Bachlaufs nieder und tauchte sein Gesicht ins Wasser. Als er sich wieder aufrichtete, drehte er sich um und blickte sie mit dunklen, ernsten Augen an.
»Kommt her und trinkt.«
Doch Catriona konnte sich nicht rühren. Ihr Blick hing förmlich an den glitzernden Tropfen auf seinen Lippen, und Wut und Frustration fielen von ihr ab. Jedes Gefühl, das sie, als er sie gestern Abend küsste, befallen hatte, durchraste sie nun von Neuem und raubte ihr den Atem. Trotz der kalten Dezemberluft war ihr unangenehm warm.
»Cat? Habt Ihr keinen Durst?«
Sie zwang ihre Füße, sich in Bewegung zu setzen, und nickte nur, denn ihrer Stimme traute sie nicht. Der Drang zur Flucht am heutigen Morgen hatte die Erinnerung aus ihren Gedanken und aus ihrem Leib vertrieben, aber jetzt entsann sie sich lebhaft! Noch nie zuvor hatte sie diese flüssige Hitze verspürt, die sie erfüllt hatte. Noch nie zuvor hatte sie so verstörende, aber keineswegs leidvolle Träume gehabt wie in der vergangenen Nacht.
Einerseits wollte sie dieses herrliche, verwirrende Gefühl erneut erleben, doch andererseits wusste sie – als würde sie von einerstrengen Stimme ermahnt –, dass das gefährlich wäre. Zu gefährlich, um dieses Gefühl zuzulassen. Noch nie zuvor war sie so sehr willens gewesen, ihre Selbstbeherrschung aufzugeben und einfach nur sie selbst zu
sein
. Es war unvernünftig, sich noch einmal diesem Gefühl auszuliefern. Es war reine Torheit, aber es glich keiner Torheit, die sie je begangen hatte.
Sie ging neben ihm am Bachufer in die Knie und stillte ihren Durst. Ihn anzusehen, gestattete sie sich jedoch nicht.
Stunden später blickte Tayg zum dunkler werdenden Himmel empor. Sie mussten sich einen Platz suchen, wo sie die Nacht verbringen konnten. Die Höhlen hatten sie hinter sich gelassen, und der Wald bot wenig echten Schutz vor dem Wetter. Wenigstens war der Himmel größtenteils klar. Wenn es nicht schneite, mussten sie nicht unbedingt ein Dach über dem Kopf haben. Und falls es doch schneite, nun, damit würden sie auch fertigwerden, wenn es nicht anders ging.
Ein wenig Deckung brauchten sie aber doch, nur für den Fall, dass sie Cats Brüder nicht so weit abgehängt hatten,
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