Rettung der Highlanderin (Herkunft der MacLeod) (German Edition)
Freude.
Er amüsierte sich.
Sie ging um die versammelte Schar herum und beobachtete Taygs Gesicht, bis sie sich hinter ihm befand. Jetzt konzentrierte sie sich auf die Gesichter, jung und alt, die ihn umringten. Lächelnde, freundliche, offene Gesichter. Wie machte er das? Wie schaffte er es, dass alle so entspannt waren, wo er doch nichts weiter tat, als einen knappen Scherz zu reißen, stockend eine schlichte Melodie auf der Trommel zu schlagen oder jemandem auf die Schulter zu klopfen und jedermann so zuzulächeln, dass man gar nicht anders konnte, als dieses Lächeln zu erwidern?
Er hielt im Trommeln inne, schaute über die Schulter zu ihr herüber und fing ihren Blick auf. Sie sah rasch weg, zu tief in ihre Überlegungen verstrickt, als dass sie sich der Herausforderung, die sie in seinen Augen las, stellen wollte.
Auf das ausgelassene Lied folgten Geschichten, andere als die, die sie schon kannte, und deshalb umso unterhaltsamer. An dieser Stelle hatte sie ihn zu dem Lied für Dolag angestachelt, aber daswürde sie heute Abend nicht wiederholen. Nay, er sollte tun, was ihm gefiel, und sie wollte dasitzen und zuhören – und warten. Sie war nicht sicher, worauf, aber sie spürte, dass es da gab etwas, das auf sich warten ließ.
Lautes Lachen erklang am Ende der zweiten Geschichte. Tayg schlug wieder die Trommel und fing an, eine vertraute Melodie zu pfeifen, die aus dem Beaton-Clan allerdings niemand kannte. Es konnte sie niemand kennen, denn es handelte sich um die Melodie, die er sich für Dolag ausgedacht hatte. Catrionas finsterer Blick ruhte auf seinem Hinterkopf, da wechselte er zur Melodie einer bekannten Liebesballade.
Isobel strahlte Tayg an, der zurücklächelte und das so breit, wie er konnte, ohne mit dem Singen aufhören zu müssen. Er warf Catriona einen Blick zu, aber sie erwiderte ihn nicht. Sie ging langsam weiter um das Publikum herum und beobachtete die Gesichter, aber in erster Linie beobachtete sie Isobel und in zweiter Tayg und dann wieder Isobel. Sie richteten ihre Aufmerksamkeit ganz aufeinander. Was bildete er sich da ein? Isobel war kein Mädchen, das seine Tugend an einen wie ihn verschwenden durfte. Wenn er es wagte, ihre Freundin auch nur zu küssen, würde Catriona ihm die Augen ausreißen … oder vielleicht auch nur die Zunge.
Dieser Gedanke erwies sich jedoch als Fehler, denn jeder Gedanke an seine Zunge erinnerte sie an die Küsse, die sie geteilt hatten, und vor allem an den einen, den sie nahe des verschneiten Bachufers am Grund der Rinne fast geteilt hätten. Sie dachte an die Schneeballschlacht und daran, wie er sie angegrinst und mit ihr gelacht hatte. In ihrem Bauch verkrampfte sich etwas. Er war ein launischer Kerl. Aber das hatte er wiederum mit allen anderen Männern in ihrem Leben gemein.
So ganz war er allerdings doch nicht wie all die anderen Männer in ihrem Leben. Er benutzte sie nicht für seine Zwecke. Im Gegenteil, sie benutzte ihn für ihre Zwecke. Sie ließ sich von ihm zum König bringen, damit er sie vor den Zukunftsplänen ihrer Familie bewahrte. Sie hatte das ihr zugedachte Schicksal nicht verdient. Und deshalb musste sie ihr eigenes schmieden.
Direkt gegenüber dem Barden beendete sie ihren Rundgang und setzte sich ans Ende einer Bank. Der Mann neben ihr lächelte und lenkte ihr Augenmerk auf sich. Irgendetwas an seiner langen, krummen Nase und seinen tief liegenden Augen kam ihr bekannt vor. Sie wusste nicht, woher, aber die Clans heirateten ja oft untereinander; vielleicht war er der Cousin von jemandem, den sie kannte, und sah diesem entfernt ähnlich, sodass sie irrtümlich glaubte, sich an ihren Nebenmann zu erinnern. Catriona erwiderte sein Lächeln nicht und richtete ihre Aufmerksamkeit lieber wieder auf Tayg. Er hatte mit einer weiteren Geschichte begonnen, und die Menschen lauschten ihm wie gebannt.
»Der weiß, wie man ein gutes Garn spinnt.«
Aus ihren Gedanken gerissen sah Catriona auf und in das Gesicht des Mannes, der neben ihr saß. Strähniges, fettiges Haar hing ihm ins Gesicht und verbarg zum Teil seine bleiche, pockennarbige Haut. Die dünnen Lippen hatte er aufeinandergedrückt, sodass sie nur einen Strich bildeten, der sein Gesicht zu spalten schien, während er darauf wartete, dass sie etwas sagte. Sie nickte nur, weil sie nicht in eine Unterhaltung verstrickt werden wollte, in der sie auf ihre Worte und ihre Manieren achten musste. Doch war dieser Mann nicht so einfühlsam, wie es Tayg gewesen wäre. Anstatt zu
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