Rettungskreuzer Ikarus Band 003 - Der Gott der Danari
geschrubbten Holztisch stand eine Schale mit weißen Blüten.
»Dieses Haus ist lediglich ein Treffpunkt. Wer auch immer in die Stadt kam oder ein Versteck brauchte, begab sich hierher und versuchte, alles ganz natürlich aussehen zu lassen. Wir werden es nun wohl aufgeben. Bereits mein Hiersein macht es unsicher für spätere Benutzer.«
»Sind die anderen jetzt da?« Weenderveen deutete auf das Backwerk auf der Fensterbank. »Es ist so still.«
Marekal lächelte. »Wer in der Stadt der Sonne ein Verbrechen planen will, zieht sich aus ihrem Licht zurück.« Er bückte sich und löste mit der Geschicklichkeit langer Übung einige Bodenbretter. Darunter kam eine Treppe zum Vorschein, die so schmal war, dass Weenderveen allein bei ihrem Anblick der kalte Schweiß ausbrach. Gedämpfte Stimmen klangen von unten herauf.
»Da unten gibt es weitere Räume?«
»Einen einzigen. Aber er ist groß genug und ... besonders.«
Der Techniker trat auf das Loch zu und zögerte.
»Ist es tief?«, fragte er scheinbar beiläufig, während Marekal ihn musterte.
»Nein. Nur ein paar Stufen. Was ist los?«
»Die Treppe ist sehr eng.« Weenderveen lachte nervös. Er wusste, dass er sich verdächtig machte. »Ich bin nicht besonders schlank. Nicht, dass ich stecken bleibe.«
Dann biss er die Zähne zusammen und setzte ohne weiteres Zögern den Fuß auf die erste Stufe. Unbewusst hielt er den Atem an und kletterte wacklig hinunter. Durch das Hämmern seines Herzens hörte er Marekal hinter sich auf den Stufen, dann ein Scharren, als der Fremde die Panelen an ihren Platz zurückzog.
Es waren zum Glück wirklich nur zehn oder elf Stufen, dann öffnete sich unter ihnen ein Raum. Er war nicht so groß, wie Weenderveen gehofft hatte. Zudem blickten ihn aus dem schwachen Dämmerlicht einiger Kerzen mindestens zwei Dutzend Leute an, Männer und Frauen, die überrascht zu sein schienen, ihn zu sehen. Ein paar von ihnen erhoben sich sogar, und ihre Gesichter waren nicht sehr freundlich. Aber als Marekal erschien, war Weenderveen im gleichen Augenblick vergessen.
Zwei Dutzend geflüsterte Fragen bildeten eine sehr seltsame Form von Lärm. Weenderveen vermied es, sich zwischen die anderen zu mischen und suchte sich einen Platz in einer Ecke, während die Mitglieder des Königsmord-Komplotts auf Marekal einredeten.
»Der Kajabar ist tot«, hörte er Marekal halblaut verkünden, und eine Mischung aus Seufzern und erstickten Rufen war die Antwort. Eine Frau sagte sogar »Andaschi sei Dank!«, was Weenderveen unter den gegebenen Umständen befremdlich fand, obwohl Marekal ihm erklärt hatte, dass ihre Tat sich nicht gegen die Religion selbst richtete.
Nun berichtete Marekal schnell, aber ausführlich von den Feierlichkeiten, was Weenderveen die Zeit gab, sich in dem Raum umzusehen.
Er war fast kuppelförmig und maß nicht mehr als fünf Meter im Durchmesser. Die Verschwörer saßen auf Kissen am Boden oder auf niedrigen Hockern. Drei kleine Leuchter hielten die halb heruntergebrannten Kerzen. Das schwache Licht lenkte Weenderveens Aufmerksamkeit auf die Wände des Kellers. Etwas schimmerte in der braunen, festgeklopften Lehmerde. Als er eine der Stellen genauer untersuchte, entdeckte er dünne Streifen aus einem grauen Metall. Die Fäden waren in den Lehm der Wände, der Decke und sogar des Bodens eingearbeitet. Sie verliefen in einem unregelmäßigen weitmaschigen Netz, und es schien keine Stelle zu geben, die größer als eine Handfläche war und nicht von ihnen bedeckt wurde. War das das ›Besondere‹ an dem Raum, von dem Marekal gesprochen hatte? Der Attentäter erzählte gerade, wie er die Brandbombe auf das Podest geworfen hatte, während ihm seine Kameraden gebannt lauschten. Weenderveen empfand Abscheu, als er hörte, wie Marekal in jeder Einzelheit den Tod der Höflinge und vor allem des Kajabar beschrieb, so deutlich, dass kein Zweifel an seinem Ende bleiben konnte.
Weenderveen betrachtete die Gesichter der Verschwörer, gleichzeitig überrascht und verwundert, dass er keine Begeisterung und keine fanatische Freude in ihren Zügen feststellte. Sie hörten sich die Einzelheiten nicht an, weil ihnen der Tod eines Menschen Vergnügen und Genugtuung bereitete. Sie taten es, damit sie allen Leuten berichten konnten, wie es wirklich gewesen war und keine Frage offen bleiben musste. Eine junge Frau nahe Weenderveen lauschte mit der gleichen ungeteilten Aufmerksamkeit wie alle anderen, aber ihr liefen dabei Tränen über das Gesicht.
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