Rettungskreuzer Ikarus Band 016 - Ansarek
seine Wissenslücken zu
schließen …
Die Fabrik stellte Nahrungsmittelkonzentrate her. Sessha arbeitete in der Verwaltung,
Taisho im Lager und Shilla im Labor. Nach welchen Kriterien man raumerfahrenen
Offizieren und Ingenieuren die Stellen zuwies, war für Jason eines der
großen galaktischen Rätsel … Ihn hatte man als Reinigungskraft
eingesetzt. Als er die erste Toilette zur Hälfte geputzt und zur Beseitigung
des schwarzgrünen, unaussprechlich Grauenhaften, das wie Alleskleber an
der Einrichtung haftete, drei Liter Reiniger verbraucht hatte, schwor er sich,
sich dafür bei Taisho zu revanchieren. Gewiss hatte der Jason das eingebrockt,
ganz gewiss!
Jason sah die anderen hin und wieder in der Kantine, während seiner Arbeit,
wenn sie sich zufällig im Flur oder auf einer Toilette begegneten, oder
nach Feierabend. Sie waren übereingekommen, nicht ständig zusammen
zu sein, nur so viel, wie es Leute taten, die sich seit einer Weile kannten.
Darüber hinaus knüpfte er Freundschaften zu einigen seiner Kollegen
von der Putzkolonne und ließ sich von ihnen das Nachtleben Imasens zeigen.
Dieses erwies sich als äußerst enttäuschend – bis er Zutritt
in die Hinterzimmer der Vergnügungsstätten erhielt.
Ab und zu versuchte Jason, Shilla gedanklich zu rufen, um zu erfahren, ob es
ihr gut ging und um ein wenig Ablenkung von der widerwärtigen Arbeit zu
haben, aber sie schloss ihn mehr aus denn je zuvor. Vielleicht war das auch
gut so, denn sie musste nicht unbedingt erfahren, was alles in besagten Hinterzimmern
passierte. Seit sein Leiden geheilt war, verspürte Jason einen enormen
Nachholbedarf, und man konnte in anderen Galaxien eine Menge Neues lernen ...
Auch abends saß Shilla lieber in ihrem Raum und erforschte die Datenbank
Imasens, zu der jeder Zugang hatte, vergeblich nach interessanten Informationen
und verstand es, Jason rasch durch ihre Einsilbigkeit zu vertreiben. Sessha
hatte es bald aufgegeben, den Kontakt zu ihr zu suchen, zumal sie ihre Scheu
vor der Edlen Bevollmächtigen ebenso wenig vollständig zu überwinden
vermochte wie Charkh und die übrige Crew. Allein Taisho buckelte nicht
vor Shilla, sabberte dafür umso mehr im Rausch ihrer Pheromone.
Sessha schloss sich hin und wieder Jason und Taisho an oder verabredete sich
mit Leuten aus ihrer Gruppe. Taisho wiederum schlich seine eigenen geheimen
Pfade entlang. Hin und wieder erbot er sich, seine Gefährten mit den Begebenheiten
auf Imasen vertraut zu machen. Mussten sie unverhofft fliehen, konnten diese
Kenntnisse von Nutzen sein. Dennoch ging Jason nur mit, wenn auch Sessha dabei
war, da er sich allein unbehaglich in der Nähe des Syridianers fühlte,
der nicht müde wurde, seinen Charme auch an ihn zu verschwenden.
Jason ging die Routine schnell auf die Nerven. Wecken um 6:00, Frühstück,
Arbeitsbeginn um 7:00. Eine halbe Stunde Pause um 10:00. Arbeiten bis 13:00,
eine Stunde Pause für das Mittagessen. Arbeiten bis 17:00, nach Hause gehen.
Abendprogramm nach Belieben. Es war überall dasselbe, selbst im Nexoversum.
Jason wusste schon, weshalb er lieber als freier Händler umherzog. Als
solcher brauchte er sich keinem strikten Reglement zu unterwerfen, und kein
Tag war wieder der andere … Herumgezogen war, korrigierte er sich sogleich,
denn er hatte sein altes Leben praktisch verloren, seit er und Shilla hier gestrandet
waren.
Aber mehr als diese Monotonie ging ihm Shillas Verhalten auf die Nerven. Es
beunruhigte ihn, dass die Vizianerin zunehmend zu einer Fremden wurde. Das war
nicht mehr die Shilla, die er seit zwei Jahren kannte. Sie wechselte kaum noch
ein Wort mit ihm, reagierte nicht auf sein gedankliches Rufen – es war,
als wäre ihr mit der goldenen Biohaut auch eine neue Persönlichkeit
verliehen worden. Konnte es … noch schlimmer werden?
Sie mussten endlich fort von hier, egal, wohin. Das Warten, die Ungewissheit,
das Gefühl, in einer Falle zu sitzen, aus der es kein Entrinnen gab, musste
unbedingt ein Ende haben. Bevor es für Shilla zu spät war …
Wie lange noch? Taisho schüttelte immer wieder bedauernd den Kopf. Natürlich
wusste er nicht, wann seine misstrauischen Kameraden mit ihm Kontakt aufnehmen
würden. Auf Jasons Vorschlag, dass sie selbst etwas unternehmen sollten,
reagierte er ablehnend. Nur ein wenig mehr Geduld … Jasons Vorrat an Geduld
näherte sich jedoch unweigerlich dem Ende.
Als der
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