Rettungskreuzer Ikarus Band 016 - Ansarek
Frauen an Bord des Gehirnfrachters.
Jason und Shilla waren auf jegliche Unterstützung angewiesen: Nachdem die
Sentok zunächst die havarierte Celestine geborgen und zu einer Werft gebracht
hatte, nahm man die beiden gestrandeten Raumfahrer ein zweites Mal auf, als
sie vor dem Sicherheitsdienst auf Reputus fliehen mussten, obwohl sich die Crew
des Gehirnfrachters dadurch in Gefahr brachte. Zweifellos hatten sich Charkh
und seine Leute, die dem Widerstand gegen den Nexus angehörten, von den
Gästen und ihrer weiter entwickelten Technologie eine Menge versprochen,
doch jetzt standen diese mit leeren Händen vor ihnen. Mit Wissen und Arbeitsleistung
auszuhelfen, war das Mindeste, was sie zum Dank tun konnten.
Nun befanden sie sich auf dem Weg nach Imasen, einer so genannten Sammelstelle,
wo die Ladung des Gehirnfrachters gelöscht werden sollte. Dort, so hofften
Jason und Shilla, würden sie die notwendigen Mittel finden, die ihnen die
Heimkehr in die Milchstraße ermöglichen konnten, schließlich
hatten auch die Unbekannten die enorme Distanz zu überwinden vermocht.
Es musste Sprungtore geben, die das Nexoversum mit der Milchstraße verbanden,
oder Schiffe, die in der Lage waren, die unvorstellbare Entfernung zu bewältigen.
Tatsächlich verfügte Imasen über ein solches Tor, doch wohin
es führte, darüber gab die Datenbank der Sentok keine Auskunft. Sicher
brachte es die Raumer, die es benutzten, nicht in die Galaxis, aber … seine
Existenz war ein Hoffnungsschimmer. Irgendwo ließ sich hoffentlich ein
Schiff auftreiben und eine Pforte öffnen, durch die sie nach Hause gelangen
konnten.
Ein wenig wunderte sich Jason, dass Charkh Shilla weiterhin Erhabene nannte,
obwohl inzwischen bekannt war, dass sie nicht zu den geheimnisvollen Angeli
gehörte. Die Ähnlichkeit Shillas und der Respekt, den die einfachen
Leute gegenüber den Repräsentanten des Nexus' empfanden, waren wohl
zu groß, als dass Generationen währende devote Formeln von heute
auf morgen aufgeben werden konnten. Die Angehörigen des Volks der Bevollmächtigten
besaßen wie die Vizianer eine blaue Haut und waren telepathisch begabt.
In der Hierarchie des Nexoversums rangierten sie weit oben und fungierten vermutlich
als Gedankenpolizei. Shillas Wunsch, Distanz zu wahren, passte obendrein zum
Verhaltensmuster der Angeli, die sich von den Hilfsvölkern fern hielten
und die herrlichen Lakaien als Mittler benutzten, um Befehle weiterzuleiten.
Nun, wenigstens hatte Charkh aufgehört, Jason mit herrlicher Lakai anzusprechen
…
»Bedauerlicherweise«, erwiderte Charkh. »Der Chefingenieur und
ein Techniker kamen bei der Explosion um.« Die neutrale Stimme des Kommunikators
vermochte ebenso wenig wie die befremdliche Mimik des Arachnoiden, die Emotionen
wiederzugeben, die in ihm wüten mochten: Trauer über den Verlust zweier
Crewmitglieder und Kameraden der Widerstandsbewegung, Hass auf den erbarmungslosen
Nexus', der die Völker in seinem Einflussbereich zwang, mit veralteten
Schiffen durchs All zu kreuzen, so dass derartige Katastrophen gang und gäbe
waren.
»Das tut mir sehr leid«, antwortete Jason.
»Beide waren junge Männer, die noch einige Jahre Zeit gehabt hätten,
bis sie in die Roten Hallen berufen worden wären.«
Unwillkürlich schauderte Jason bei dem Gedanken, dass sich alle Intelligenzen
des Nexoversums mit Erreichen des fünfunddreißigsten Lebensjahres
der Enthirnung unterziehen mussten. Wäre er hier geboren und aufgewachsen,
wäre er schon seit einer ganzen Weile tot …
Noch immer konnte er sich einfach nicht vorstellen, was die unbekannten Herrscher
zu solchen Grausamkeiten veranlasste und welchem Zweck die – lebenden –
Gehirne dienten, die in Behältern mit einer Nährflüssigkeit unsägliche
Qualen erleiden mussten, bis sie vielleicht irgendwann erlöst wurden. Es
verwunderte daher nicht, dass sich viele Männer und Frauen zusätzliche
Lebensjahre verdienen wollten, indem sie dem Sicherheitsdienst beitraten und
für besondere Leistungen ein wenig Zeit geschenkt bekamen, oder wie Zuchtvieh
für den Aufschub des Unvermeidlichen viele Kinder zeugten und dafür
sorgten, dass es immer genügend Gehirne geben würde. In Folge konnte
keiner seinem Nachbarn vertrauen, denn es bestand immer die Möglichkeit,
dass dieser, kurz bevor seine Frist ablief, zu einem Denunzianten wurde, der
etwaige Verbindungen zum Widerstand
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