Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott
oft Doktor Anande bei
unseren Einsätzen unseren Leuten – und auch mir! – den Hals gerettet
hat, von all den Verletzten und Kranken, die wir irgendwo rausgeholt haben,
ganz zu schweigen. Es ist einfach zu viel, um das jetzt alles zu berichten,
sehen Sie?
Also dachte ich, ich fasse es in zwei Worten zusammen. Er ist eben der Beste.
Der beste Arzt, den wir uns an Bord der Ikarus wünschen könnten,
fähig und furchtlos und enorm engagiert. Der beste Kollege, freundlich
und kompetent und manchmal der Fels in der Brandung. Der beste Freund.«
Weenderveen zuckte mit den Schultern und lächelte. »Fragen Sie, was
Sie wollen, ich kann Ihnen zu jedem dieser Punkte ein Beispiel geben. Wie er
den Hegemon von Proth mit seinem Leben verteidigt hat. Doktor Schumann auf Vortex
Outpost als Verräter entlarvt, der die Sicherheitssysteme der Station lahm
gelegt hatte. Die Medroboter der Paracelsus dazu gebracht, für uns
zu kämpfen – wohlgemerkt, indem sie alle Gegner betäuben sollten.
Und wissen Sie, in welchem Zustand manchmal die Leute sind, die wir aus
den Wracks ihrer Schiffe ziehen? Sieht aus wie ein biologisches Puzzlespiel!
Und wenn wir in Vortex wieder angekommen sind, spazieren einige von ihnen von
Bord, als wäre das ein Ausflug auf einem Luxuscruiser gewesen ...«
»Vielen Dank, Herr Weenderveen.« Mittlerweile konnte Hwang Thang ein
leichtes Lächeln nicht unterdrücken. »Danke für diese Beschreibung
von Doktor Anandes Fähigkeiten und seiner Persönlichkeit. Möchten
Sie noch etwas hinzufügen?«
»Ja, wenn ich darf ..., aber es hat nicht direkt etwas mit Doktor Anande
zu tun.«
Der Anwalt sah zu Richterin Botha hinüber. »Euer Ehren, ich beantrage,
dass Herr Weenderveen eine zusätzliche Aussage machen darf.«
Das Gesicht von Bussevs verdüsterte sich, und noch ehe die Richterin etwas
zu dem Antrag sagen konnte, fuhr er laut dazwischen.
»Euer Ehren, Herr Thang versucht doch nur, auf Zeit zu spielen! Seine Leute
haben keine Möglichkeit, die Unschuld des Angeklagten zu beweisen, und
demnach hat er sich offensichtlich für eine Zermürbungstaktik entschieden.«
Er wandte sich direkt an den schmalen Mann mit den blauschwarzen Haaren und
lächelte sarkastisch. »Was haben Sie vor, Thang? Wollen Sie hier so
lange reden, bis der ganze Fall verjährt ist?«
»Herr von Bussev, unterlassen Sie die Zwischenrufe«, unterbrach die
mahnende Stimme Arna Bothas die Anschuldigung. Innerlich seufzte sie und nahm
sich vor, gleich eine kurze Pause anzuordnen, um etwas gegen ihre immer stärker
werdenden Kopfschmerzen einzunehmen.
Gerade von Bussev raubte ihr heute mit seiner Art den letzten Nerv. ›Wir
sind so weit gekommen in der Technik‹, sinnierte sie still und verschaffte
sich eine Atempause, indem sie einen Schluck Wasser trank. ›Warum hat noch
keiner etwas wie einen Lautstärkeregler für Anwälte erfunden?‹
Die lebhafte Vorstellung, wie sie von Bussev auf stumm schaltete und sich nur
noch seine Lippen bewegten, munterte sie so weit wieder auf, dass sie ein Lächeln
unterdrücken musste. Dann nickte sie Hwang Thang und Weenderveen zu.
»Antrag stattgegeben.«
Der Robotiker bekam einen nachdenklichen Gesichtsausdruck und begann dann, langsam
zu sprechen.
»Wie Sie wissen, ist es vor meiner Zeit auf der Ikarus mein Job
gewesen, künstliches Leben zu konstruieren, so genannte Androiden. Der
Pilot der Ikarus , Arthur Trooid, ist das beste Beispiel.
Durch diese Arbeit habe ich ziemlich viel über das Leben nachgedacht –
immerhin habe ich ja versucht, es in gewissen Grenzen und so gut wie möglich
zu kopieren, auch zu verbessern. Ich hatte große Ideen, wie man es anstellen
könnte, eine neue Art von Leben zu entwickeln, die noch fähiger, an
alle Schwierigkeiten angepasster sein sollte als sämtliche natürliche
Wesen. Ich habe sehr viel erreicht, aber eines ist mir schließlich klar
geworden: Das Leben ist nicht nachzumachen.
Meine Ehrfurcht vor dem Wunderwerk Leben ist mit den Jahren sehr, sehr groß
geworden. Ich bin nicht religiös oder philosophisch wie die Kant'Takki,
meine Basis ist allein mein wissenschaftlicher Verstand. Und ich musste feststellen,
dass Leben etwas so Komplexes und Wunderbares ist, dass ich es nicht wirklich
verstehen kann.
Unter diesem Gesichtspunkt ist jedes Morden, jedes Verletzen und natürlich
auch das, was der damalige Anande getan hat, ein furchtbares – aber leider
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