Rettungskreuzer Ikarus Band 026 - Antagonist
um aus der Flotte ein schlagkräftiges Instrument zu machen. Kallika
arbeitete mit einer Sammlung aus vielen kleinen Flotten, die alle an ihre eigenen
Doktrinen gewöhnt waren, und das war eben alles, was er zur Verfügung
hatte.
Daher hatte er ein Problem.
Kallika war per Standleitung mit allen wichtigen Kommandanten verbunden. Auf
seinem Führungsstand kamen die Telemetriedaten aller Schiffe des Verbandes
zusammen. Er hatte sich bei solchen Operationen schon lange abgewöhnt,
Details im Auge behalten zu wollen. Doch auch das große Bild war bereits
anstrengend genug.
Kallika kam zu dem Schluss, dass er nicht viel machen konnte. Die Geschwaderkommandeure
bemühten sich redlich, seine Befehle so exakt wie nur möglich auszuführen.
Doch die Schiffsführungen waren einander fremd. Die technischen Spezifikationen
der Kreuzer wichen, obgleich formal oft in derselben Schiffsklasse, voneinander
ab. Befehlsketten wurden nicht immer exakt eingehalten, aus welchen Gründen
auch immer. Manche Offiziere misstrauten einander. Die nächsten hatten
Vorurteile. Wieder andere verstanden die Denk- und Herangehensweise ihrer Kameraden
nicht. Es war unmöglich, diese vielen kleinen Probleme, die bei einer solchen
Operation zu großen Problemen kumulierten, durch bloße Hierarchie
zu lösen. Kallikas Befehlsgewalt war durchweg anerkannt, aber Befehle äußern
und ihnen in Kooperation mit Anderen gehorchen, das war kein so einfacher Vorgang,
wie er einem Außenstehenden erscheinen mochte. Dieses Problem wurde in
modernen Streitkräften durch beständiges Üben, durch die Ausbildung
des Offiziers- und Unteroffizierscorps in einheitlichen taktischen Doktrinen
und Verhaltensweisen und durch ein in jahrelanger Zusammenarbeit aneinander
gewöhntes Fachpersonal gelöst. Das ideale Geschwader war eine zusammengeschweißte
Einheit, die ideale Flotte bestand aus idealen Geschwadern mit Führungsoffizieren,
die bereit und in der Lage waren, das Ganze zu sehen.
Noch nie in seiner langen Laufbahn war Kallika so weit von diesem Ideal entfernt
wie heute. Er ließ sich dies nicht anmerken. Weiterhin strahlte er Zuversicht,
Gelassenheit und Kompetenz aus. Zu keinem Zeitpunkt bemerkte einer seiner Untergebenen
den nagenden Zweifel, der in ihm wuchs, je länger er sich die taktische
Darstellung anschaute. Nur der gelegentliche Seitenblick von Captain de Silvestri
zeigte, dass da jemand war, der in etwa ahnte, was in dem Großadmiral
derzeit vor sich ging. Doch der Kommandant der Behemoth mischte sich
nicht ein. Seine Aufgabe war es, das Schiff zu führen.
Ein Signal weckte Kallikas Aufmerksamkeit. Auf einer abgeschirmten Verbindung
wollte jemand mit ihm sprechen. Es handelte sich um Flugdirektor Harkhak, den
Kallika zu seinem Stellvertreter gemacht hatte. Nie vorher hatte er mit einem
Schluttnick zusammen gearbeitet. Sollte er diese Schlacht überstehen, würde
er zumindest darüber nur Positives zu berichten haben.
»Großadmiral, die Lücke in Bereich IV der Angriffsformation
wird zu groß«, eröffnete Harkhak das Gespräch ohne Floskeln.
Kallika nickte.
»Ich weiß, Flugdirektor. Ich habe die entsprechenden Schiffsführer
darauf hingewiesen, aber es gibt hier offenbar ein Koordinierungsproblem.«
»Das leichte Geschwader von Commodore Ghan'tchi wird ohne den Feuerschutz
schwerer Einheiten gegen den Feind antreten, wenn die Lücke nicht geschlossen
wird«, gab Harkhak zu bedenken.
»Ja. Welche Lösung schlagen Sie vor?«
»Ich löse die Revisor und zwei weitere meiner Schiffe aus meiner
Formation, da sie dann leicht wieder geschlossen werden kann. Meine Kreuzer
verfügen sowohl über die Beschleunigung wie auch die Manövrierfähigkeit,
die Lücke bei Commodore Ghan'tchis Formation zu schließen und die
leichten Einheiten in unseren Feuerbereich einzuschließen.«
Kallika warf einen schnellen, kalkulierenden Blick über die taktische Darstellung.
Er musste hier Harkhaks Angaben vertrauen. Obgleich er sich redlich bemüht
hatte, ihm waren die technischen Spezifikationen aller Allianzeinheiten auch
nicht bekannt. Und in der Tat bot der Vorschlag des Schluttnick die Lösung
zumindest eines seiner Probleme.
»Dann machen wir es so, Flugdirektor. Danke für Ihren Vorschlag.«
Es war typisch Harkhak, dass er das Gespräch kommentarlos beendete. Es
dauerte keine dreißig Sekunden, bis drei Stabschiffe der Schluttnick-Kooperative
Beschleunigung
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