Rettungskreuzer Ikarus Band 031 - Das Projekt
immer nicht ihren Platz in
der Crew der Ikarus gefunden, und sie nutzte jede Gelegenheit, um darauf
hinzuweisen, dass sie für das, was sie tat, eigentlich überqualifiziert
war. Es war allerdings eine Tatsache, dass es an Bord eines Rettungskreuzers
wie der Ikarus nun mal nur einen Captain geben konnte – und
nur einen Leitenden Ingenieur.
»Falls es Sie beruhigt«, sagte er, »es wird niemand anderes an
Bord kommen. Wir werden den Dienstplan so einrichten, dass die Aufgaben des
Chiefs zwischen Ihnen und Darius Weenderveen aufgeteilt werden.«
Sie sah ihn ungläubig an. »Bitte?«
»Ich habe vollstes Vertrauen in Sie beide«, Sentenza zuckte mit den
Achseln. »Ich denke, das ist eine faire Lösung, oder nicht?«
Die Grey reckte trotzig das Kinn vor. »Mit Verlaub, Captain, aber ich bin
höher qualifiziert als Mister Weenderveen.«
»So?« Sentenza mochte diese Art von Unterhaltung ganz und gar nicht.
Personalführung war nie seine Stärke gewesen, das gab er gerne zu.
Doch wenn er An'tas Drängen nachgab und sie in Sonjas Abwesenheit zu ihrer
offiziellen Stellvertreterin machte, würde sich die Grey mit Händen,
Füßen und Zähnen an dieser Stelle festklammern und den Platz
nicht mehr räumen wollen, wenn Sonja nach der Geburt ihres Kindes wieder
zurückkam. Diesen Konflikt galt es zu entschärfen.
An'ta ließ die Schultern hängen und wandte sich von ihm ab. Sie heftete
den Blick stur auf den Brückenbildschirm. »Sagen Sie doch einfach,
dass Ihnen mein Offizierspatent nichts bedeutet«, grollte sie.
Sentenza verdrehte die Augen und zählte die Sekunden bis zu Trooids Rückkehr.
Der Transfer der Wissenschaftler nach Mole Mountain ging problemlos vonstatten.
Nur vier Shuttleflüge waren notwendig, um Patricia Hoorn und ihr Team mitsamt
Gepäck, Computern und Ausrüstung an ihren neuen Arbeitsplatz zu verfrachten.
Das Team blieb jedoch weiterhin unvollständig: Piirk-Kriiq vom Clan Virunga
war noch bis auf weiteres in stationärer Behandlung auf Vortex Outpost.
Der Kassarier hatte das Bewusstsein noch immer nicht wiedererlangt.
Sentenzas Befehle sahen vor, dass die Ikarus zwar in der Nähe des
Asteroiden patrouillieren, aber dabei einen respektvollen Abstand halten sollte,
damit ein zufälliger Beobachter nicht mit der Nase darauf gestoßen
wurde, dass auf Mole Mountain etwas Interessantes vor sich ging. So war es ihm
auch möglich, gegen Ende der Schicht die Wissenschaftler für ein paar
Stunden sich selbst zu überlassen und zurück nach Vortex Outpost zu
fliegen, um Sonja dort abzusetzen. Was sie von der fraglichen Dienstvorschrift
hielt, die sie daran hinderte, weiterhin auf dem Schiff ihren Job zu tun, hatte
sie ihm in der Mittagspause lautstark zu verstehen gegeben. Anschließend
war sie bei Anande in der Krankenstation verschwunden und stundenlang dort geblieben.
Sentenza zuckte mit den Achseln. Vermutlich wegen Schwangerschaftsgymnastik
oder so was.
Es war gegen zwanzig Uhr Bordzeit, als die Ikarus wieder auf Vortex Outpost
eintraf. Roderick Sentenza begegnete Sonja im Beiboot des Schiffes, mit dem
sie zu der Station übersetzen wollten. Er grüßte sie mit einem
Kuss auf die Wange und legte ihr den Arm um die Schulter.
Sie sah zu ihm auf. »Rod?«
»Hm?«
»Wir müssen reden.«
»Okay.« Er zuckte mit den Achseln. »Reden wir.«
Im nächsten Moment drängten Anande, An'ta und Darius Weenderveen zu
ihnen in das kleine Fahrzeug. Der Kybernetiker nahm an den Kontrollen Platz
und begann, die Startcheckliste abzuarbeiten. Sonja wechselte stumm einen Blick
mit Anande, sah dann zu Sentenza und schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Nicht jetzt. Später.«
Sentenza bemerkte, wie sich die Haare in seinem Nacken aufrichteten. Hatte er
sich das nur eingebildet, oder lag in der Art, wie Anande und Sonja sich angesehen
hatten, eine gewisse Besorgnis? Gab es etwa irgendwelche Komplikationen? »Es
ist doch alles in Ordnung, oder?«, raunte er ihr ins Ohr.
Sonja drückte seine Hand und lächelte. »Alles bestens«,
versicherte sie ihm.
Sentenza entging nicht, dass Anandes feingliedrige Finger nervös auf die
Lehne seines Andrucksitzes trommelten.
»Dann wollen wir mal«, brummte Weenderveen und zündete das Triebwerk.
Zurück auf Vortex Outpost schien Sonja vergessen zu haben, dass sie mit
Sentenza über etwas hatte sprechen wollen. Auch nach mehreren subtilen
Andeutungen des Captains griff die Ingenieurin
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