Rettungskreuzer Ikarus Band 040 - Flammende Begeisterung
sein.«
Behrendsen nickte und eilte ihm nach.
Der Korridor der Krankenstation lag, in rotes Licht getaucht, leer vor ihnen. Das Sirenengeheul des Seuchenalarms war allgegenwärtig. Anande konnte nur hoffen, dass es sich nicht um einen aerogen übertragbaren Erreger handelte, der schon längst über das Lüftungssystem überall in Vortex Outpost verteilt worden war. Nach bisherigen Erkenntnissen war eine Tröpfcheninfektion im direkten Kontakt mit den Infizierten der wahrscheinlichste Übertragungsweg. Anande betete, dass diese Arbeitshypothese stimmte. Wenn nicht, hatten sie ein ernstes Problem.
»Wo können sie nur sein?«, fragte der Pfleger.
Anandes Gedanken rasten. Was würden Roderick und Sentenza in diesem Moment tun? »Sie wollen fort von hier«, überlegte er.
»Hangardeck?«, schlug Behrendsen vor.
»Hangardeck.« Anande nickte und rannte los. Er hatte keine zwei Schritte gemacht, als sein Kommunikator piepte. Er brauchte nicht hin zu sehen, um zu wissen, wer ihn anrief. »Hallo, Commodore.«
»Was ist passiert, Doc? Warum haben wir Seuchenalarm?«, hörte er Heinrich Färber schnaufen.
»Sentenza und DiMersi sind geflohen. Behrendsen und ich sind auf dem Weg zum Hangar, um ihnen den Fluchtweg abzuschneiden. Schicken Sie uns Verstärkung!«
»Der Hangar ist wegen des Alarms sowieso hermetisch abgeriegelt, da kommt keiner rein«, beruhigte ihn Färber. »Ich gebe dem Sicherheitsdienst Bescheid. Wir werden auch überprüfen, ob sie in ihr Appartement zurückgekehrt sind.«
»Das sind sie nicht, das kann ich ihnen schon sagen«, rief Anande. »Sie werden versuchen, Vortex Outpost zu verlassen, ganz gleich wie.«
Färber machte eine bedeutungsschwere Pause, ehe er sich wieder meldete. »Wir haben drei Abfangjäger auf Patrouille draußen. Ich werde sie in Alarmbereitschaft versetzen. Jeder unautorisierte Start eines Schiffs von dieser Raumstation wird unterbunden werden.«
Anande blieb abrupt stehen und sah das Sprechgerät entgeistert an. »Sie meinen, 'unterbunden' im Sinne von 'abgeschossen'?«
»Ich muss Ihnen nicht erklären, was ein Notstandsgesetz ist, Doktor.«
Der Arzt knirschte mit den Zähnen. »Nein, Sir. Das ist nicht nötig.«
»Dann wollen wir hoffen, dass wir unsere beiden Ausbrecher aufhalten können, ehe sie die Station verlassen.«
Anande sah Behrendsen hilflos an. »Sie haben den Commodore gehört. Nichts wie los!«
Sie fanden Roderick und Sonja vor einem Seiteneingang des Hangardecks. Die schwere Panzertür war verschlossen, und alle Warnlampen leuchteten rot. Über das Sirenengeheul konnte Anande nicht hören, was der Captain zu seiner Frau sagte, die hektisch Befehlssequenzen in das Computerterminal neben der Tür tippte. Anande gestattete sich ein spöttisches Grinsen. Die Tür würde sich nicht öffnen. Ganz gleich, wie sich Sentenza und DiMersi gegenüber dem Steuermechanismus auswiesen und welche Befehle sie auch eingeben mochten, der Seuchenalarm war über jeden Umgehungsversuch erhaben.
Langsam traten er und Behrendsen näher. Jetzt hatte Sentenza die Neuankömmlinge bemerkt und tippte seiner Frau auf die Schulter. Sonja drehte sich um und hielt inne.
Etwa zehn Schritte vor seinen flüchtigen Patienten blieb Anande stehen.
Er zeigte ihnen seine leeren Hände. »Ich bin unbewaffnet«, rief er über den Lärm der Sirene. »Wir werden euch nichts tun. Wir wollen euch nur helfen!«
Die Gesichter der beiden waren alles andere als feindselig oder wütend. Sowohl Roderick Sentenza als auch Sonja DiMersi schienen die personifizierte Gleichgültigkeit zu sein. Ihre Mienen verrieten keinerlei Gefühlsregung. Als Roderick sprach, klang seine Stimme ruhig und sogar ein wenig überheblich. »Wir wollen deine Hilfe nicht, Jo. Wir brauchen sie auch gar nicht.«
»Wir wollen einfach nur hier fort«, pflichtete ihm Sonja bei.
»Wohin denn?«, platzte Behrendsen heraus.
Roderick musterte ihn abschätzig. »Das würden Sie nicht begreifen, Mister Behrendsen«, entgegnete er kühl.
Der Pfleger verstummte pikiert. Anande erkannte, dass seine Freunde ganz offensichtlich nicht zurechnungsfähig waren. Ihr Verhalten glich exakt dem typischen Muster, wie es im Zusammenhang mit dem Wanderlust-Syndrom zur Genüge dokumentiert worden war. Wenn noch irgendjemand Zweifel daran gehegt hatte, dass Sonja und der Captain sich dieses Virus – oder was immer auch der Erreger war – eingefangen hatten, hier war der Beweis. Anande gab aber noch nicht auf.
»Was soll denn aus Freddie werden, wenn ihr einfach fort
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